Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Mai 08, 2005

Ex Machina: The First Hundred Days TPB 1 (Lamond)

Slugfest Sunday - Lamonds und Philos Sicht auf denselben Comic!

Written by Brian K. Vaughan, pencils by Tony Harris and inks by Tom Feister (Wildstorm/DC). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Wer ein paar unserer letzten Rezensionen gelesen hat, wird wissen, dass sowohl Phil als auch meine Wenigkeit grosse Brian K. Vaughan-Fans sind. Kein Wunder also, dass wir uns sein neuestes Werk nicht entgehen lassen konnten.

Die Hauptfigur ist diesmal Mitchell Hundred. Er war Ingenieur und wurde durch einen merkwürdigen Zwischenfall mit Superkräften gesegnet bzw. verflucht (nichts Neues bis hierhin). Vaughan bedient sich der Rückblenden um sowohl Mitchells Umfeld als auch seine Entwicklung darzustellen; mal ist man in der Gegenwart (2002), mal wird man in die nahe Vergangenheit versetzt (2000) und schliesslich auch in die Zukunft (2006). Der Comic geht nicht von einem Superhelden-Universum im üblichen Sinn aus, sondern impliziert, dass Hundred der erste und bisher einzige Mensch mit Superkräften ist.

Hundred, ein gutgläubiger Charakter, verliert nach dem verhängnisvollen Unfall, durch welchen er zu seinen Kräften kommt, keine Zeit und setzt seine Fähigkeiten zum Wohl der New Yorker ein. Natürlich führt das zu einem illegalen Vigilanten-Dasein, das im besten Fall den Status Quo erhält, im schlimmsten Fall jedoch das Leben Unschuldiger gefährdet. Mitchell erkennt dieses Dilemma und schlägt einen anderen Weg ein: Er kandidiert als Bürgermeister von New York. Hier fängt die eigentliche Geschichte an: Amtsamtritt im Jahr 2002. In den ersten Ausgaben wird man mit den gängigen Problemen eines Grossstadtbürgermeisters konfrontiert. Da Mitchell übermenschliche Kräfte hat, wird er von gewissen Menschen gefürchtet und teilweise sogar angefeindet. Es gilt keine Superschurken zu bekämpfen, sondern aufmüpfigen Künstlerinnen Vernunft beizubringen; nicht Verrückte mit Welteroberungsplänen, sondern Verrückte mit einer mörderischen Abneigung gegenüber Schneepflugfahrer (habe ich das wirklich gerade geschrieben) bedrohen die Sicherheit.

Vaughan wollte mit Ex Machina einen spannenden und intelligenten Politthriller schreiben, der die Leser mit provozierenden Fragestellungen fordert und zum Denken anregt. Leider blieb es bei den guten Absichten, denn die Serie ist weder innovativ, noch spannend und schon gar nicht anspruchsvoll. Die behandelten Probleme sind dermassen banal, dass man als politisch interessierter Leser nur müde lächeln kann. Die Botschaft hinter Ex Machina lautet: In der Politik wie auch im wirklichen Leben erlangt man (Teil-)Erfolge nur durch Kompromisse (Gähhhn). Na toll. Erde an Brian K. Vaughan: „Die 68er Jahre haben angerufen und lassen ausrichten, dass sie den Gesellschaftsrelativismus zurück haben haben wollen“. Nicht, dass ich die Richtigkeit der genannten Aussage bezweifle, aber es ist ja nun wirklich nichts Neues. Ex Machina ist nicht halb so aktuell oder politisch brisant wie Mark Millars Run bei The Authority, der einerseits seiner Zeit voraus war und andererseits differenziert die Vor- und Nachteile einer Doktrin aufwies, die Jahre später zur offiziellen Maxime der heutigen US-Regierung werden sollte. Natürlich ist ein direkter Vergleich zwischen einem Politthriller wie Ex Machina und einem Superheldengruppen-Comic wie The Authority nicht ganz unproblematisch, aber wer den Anspruch erhebt, politisch brisant zu sein, der muss sich zumindest auf dieser Ebene den genannten Vergleich gefallen lassen.

Was halte ich nun also von Ex Machina? Es gibt sicherlich schlechtere Comics, aber von Vaughan erwarte ich eben mehr als nur durchschnittliche Geschichten, v. a. wenn er sich so ehrgeizige Ziele setzt, wie die oben genannten. Ich erwarte von ihm eine spannende Handlung, frische Dialoge und interessante Charaktere und diese Erwartungen hat er nun mal bei weitem nicht erfüllt. Grösster Pluspunkt dieser Serie sind Tony Harris Zeichnungen, die wirklich eine realistische Atmosphäre schaffen. Man merkt, man hat es hier mit den Bildern eines akribischen Arbeiters zu tun, der für die meisten Panels Vorlagen nutzt und kein Detail auslässt. Für eine Kaufempfehlung reicht alleine Harris Kunst aber trotzdem nicht aus.

5/10
Lamond

Review zu Ex Machina: The First Hundred Days TPB 1 von Philos unter http://supercomics.blogspot.com/2005/05/ex-machina-first-hundred-days-tpb-1.html.