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Donnerstag, Mai 12, 2005

Ghost Rider: Resurrected

GASTREZENSION VON RAINER. SEHR VIELEN DANK!

Written by Howard Mackie, pencils by Javier Saltares, inks by Mark Texeira (Marvel). Deutsch: “Der Geisterreiter” # 1 - 7 (Bastei, 1991)

So mancher Hardcore-Spider-Man-Fan wird jetzt vielleicht etwas geschockt sein, dass ausgerechnet ein Comic von Howard Mackie hier besprochen wird. Jenem Mackie, der spätestens seit dem gemeinsamen Spider-Man-Relaunch mit John Byrne zu den meistgehassten US-Comic-Autoren überhaupt zählen dürfte. Aber - und jetzt kommt was Kontroverses - ich mochte Mackies Geschichten schon immer. (Nur eben nicht besagten Relaunch.) Schuld daran ist diese Serie, die in Deutschland unter dem recht trashigen Namen „Der Geisterreiter“ veröffentlicht wurde.

Im Groben geht es darum, dass Daniel Ketch, dessen Schwester Barbara gerade schwer verletzt wurde, zu einem Rachegeist wird, den unschuldiges Blut anzieht. Erinnert ein wenig an den Punisher, der hier auch seinen Auftritt hat. Was ist also das Besondere an dieser Serie? Nun zunächst mal umgibt die Figur ein gewisses Mysterium. Man erfährt nur, wie Danny Ketch zum Ghost Rider wird, nichts dagegen über die Vergangenheit des Dämons. Was die Verbindung zu Johnny Blaze, dem 1. Ghost Rider einschließt. So werden sowohl für langjährige Leser, als auch „Neulinge“ jede Menge Fragen aufgeworfen, die der Beantwortung harren. Natürlich gibt es noch mehr Gründe: Z. B. das Artwork des Dream-Teams Saltares/Texeira. Der düstere Strich passt wunderbar zu der Story und verleiht ihr ein ganz eigenes Flair. Grim’n gritty at it’s best. Dazu kommt das exzellente Design des Ghost Riders: Ein flammender Totenschädel, Biker-Klamotten - das macht auch heute noch optisch was her. Last but not least, liegt es auch an der spannenden Story.

Mackies Stärken liegen nicht unbedingt in zwischenmenschlichen Dialogen, nein, Mackie ist ganz klar ein Action-Autor. Und doch gelingt es ihm mit recht wenigen Seiten Danny Ketch zu einem dreidimensionalen Charakter aufzubauen. So wird er z. B. als Mensch eher als ängstlich dargestellt, was im krassen Gegensatz zu den sonst stets furchtlosen Über-Helden von Marvel steht. Diese Angst (vor allem gegenüber Kriminellen) ist etwas, was man auch als Normal-Sterblicher nachvollziehen kann. Des weiteren plagen ihn Schuldgefühle, für das was seiner Schwester widerfahren ist, die er nicht beschützen konnte - was sehr gelungen in den „Gesprächen“ von Danny und Barbara am Kranken-Bett zum Ausdruck gebracht wird. In einem Punkt weist er eine gewisse Ähnlichkeit zu einem gewissen Netzschwinger auf: Danny will seine Kräfte nicht, lieber ein normales Leben führen. Und wenn er sie schon nicht los wird, dann will er zumindest den Rider kontrollieren. Ein Konflikt ist also vorprogrammiert, der noch zu manchen interessanten Entwicklungen führen soll. Im Vergleich zu Danny Ketch bleiben die neu eingeführten Schurken wie Deathwatch und Blackout etwas blass. Die Charakterisierung beschränkt sich hierbei auf die Vorliebe zum Töten sowie Geld. Aber muss jeder Schurke direkt eine tragische Kindheit oder ein anderes Schicksalserlebnis mit sich rumtragen, um ein guter Schurke zu sein? Vielleicht reicht es ja auch einfach nur, so richtig bösartig zu sein: Schurken bei denen man es liebt, sie zu hassen. Wenn auch für solche Schurken Platz ist, dann gehören Deathwatch und Blackout auf jeden Fall in diese Kategorie.

Warum gerade diese Hefte? Neben der Identität des Ghost Riders gibt es hier noch ein weiteres Mysterium, dass einen gespannt auf das nächste Heft macht. In diesem Fall jenes um die geheimnisvollen Kanister, hinter denen sowohl die Männer des Kingpins als auch Deathwatch her sind. Und natürlich ist auch das unvermeidliche Team-Up zwischen den beiden Rache-Geistern (der andere ist der Punisher) von Interesse, das zwar vom Muster her vorhersehbar ist, aber auch einen gewissen Reiz mit sich bringt. Dass sie Gemeinsamkeiten haben liegt auf der Hand, doch Mackie arbeitet auch nicht unerhebliche Unterschiede heraus. Schön ist auch wie der Ghost Rider hier nicht nur durch seine Team-Ups, sondern auch durch die Gegner im Marvel Universum fest verankert wird. Dabei greift Mackie z. B. auf einen obskuren Captain America Gegner wie Scarecrow zurück, der letztendlich in der Rogue’s Gallery vom Rider wesentlich besser aufgehoben ist. Denn das Team Mackie/Saltares/Texeira betont den Horror-Aspekt bei dieser Figur sehr stark, was natürlich hervorragend mit der Titel-Figur harmoniert. Sogar Referenzen an alte Hefte gibt es hier, old school Leser sollten sich hier direkt heimisch fühlen.

Fazit: Es mag nicht populär sein, dazu zu stehen, solche Geschichten zu mögen, aber wenn man sie mag, dann führt am Ghost Rider kein Weg vorbei.

Rainer