Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, August 21, 2005

Marvel Knights 4: Divine Time TPB 3 (Lamond)

Slugfest Sunday - Lamonds und Philos Sicht auf denselben Comic!

Written by Roberto Aguirre-Sacasa, pencils by Jim Muniz (Marvel). Deutsch: Marvel Exklusiv (PaniniComics).

Wieso verkauft sich diese Serie in den USA so schlecht? Die aktuellen Verkaufszahlen liegen durchschnittlich bei ca. 25'000 monatlich verkauften Heften. Kein berauschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass Serien wie New Avengers im Monat bis zu 150'000 Kopien absetzen. Wie ihr vielleicht mittlerweile gemerkt habt, gehöre ich nicht zu denjenigen Comic-Lesern, die gegenüber kommerziell erfolgreichen Titeln misstrauisch sind. Nein, ich bin der Meinung, dass eine Serie, die regelmäßig 150'000 Abnehmer findet, etwas für sich haben muss. Womöglich etwas was mich persönlich nicht anspricht, aber zweifellos etwas von Wert. Umgekehrt heißt das jedoch nicht, dass Serien mit niedrigen Verkaufszahlen automatisch „schlecht“ sind. Diese These wird durch zahlreiche Serien widerlegt, wie z.B. „Y the last man“ (ca. 29'000 Hefte pro Monat), „Runaways“ (ca. 25'000 Hefte pro Monat), „Invincible“ (ca. 13'500 Hefte pro Monat) und natürlich durch „Marvel Knights 4“.

Im dritten Band von Roberto Aguirre-Sacasas außergewöhnlichem Run finden wir, wie schon bei den ersten beiden Trades zwei Geschichten. Wieder handelt es sich um eine ruhige, eher psychologische Kurzgeschichte („Eyes without a Face“) und eine etwas längere Action-Story („Divine Time“).

Eyes without a Face

Alicia Masters Vater, der „Puppetmaster“ kehrt in ihr Leben zurück. Doch diesmal sucht er keinen Streit mit den Fantastischen Vier. Lange hat er seine blinde Tochter benutzt, um an seine Erzfeinde heran zu kommen, doch diesmal hat er noble Absichten: Er möchte seiner Tochter das Augenlicht schenken um all das Leid, dass er ihr über die Jahre bereitet hat, wieder gut zu machen. Das Problem an Super-Schurken ist, dass sie sogar mit noblen Absichten zu grausamen Taten fähig sind. „Eyes without a face“ ist eine ruhigere, charakterorientierte Geschichte, in der sich Aguirre-Sacasa wieder seiner Lieblingsbeschäftigung zuwendet: Die charakterliche Neuinterpretation altbekannter Figuren. Es handelt sich hierbei um die große Stärke des Autors und dementsprechend gelingt es ihm, bei Alicia Masters interessante neue Aspekte herauszuarbeiten. Es entsteht zwar manchmal der Eindruck der Belanglosigkeit, aber es sind eben diese kleinen und feinen charakterlichen Entwicklungen, die eine Serie weiterbringen.

Divine Time

Ganz im Gegensatz zu „Eyes without a Face“ ist diese Geschichte deutlich actionreicher. Ein ziemlich fieser Zeitreisender, Kangs Sohn, macht es sich zum Ziel das ganze Universum, und zwar in allen Zeitebenen, zu erobern. Seine Strategie: Er löscht präventiv seine mächtigsten Widersacher aus, damit ihm später niemand mehr im Weg steht. Da sich die Rächer aufgelöst haben, sind nun die Fantastischen Vier die mächtigsten Gegner, vor denen sich ein größenwahnsinniger Schurke fürchten muss. Es beginnt sprichwörtlich ein Spiel gegen die Zeit. Die Geschichte beginnt wie ein klassisches Marvel-Abenteuer, doch Aguirre-Sacasa lässt es sich nun mal nicht nehmen all seinen Geschichten, seien sie nun ruhig oder actionreich, seinen Stempel aufzusetzen. Und so überrascht es auch nicht, dass am Ende dieser Story ein völlig unerwarteter Charakter im Mittelpunkt steht.

Insgesamt handelt es sich bei diesem dritten MK 4-Band um eine solide Comic-Geschichte mit Höhen und Tiefen, doch leider ist es die bisher schwächste Story dieser Serie. Der Autor kopiert sich stellenweise selbst und verlässt sich vielleicht etwas zu sehr auf seine kleine aber treue Leserschaft. Ich vermisse zunehmend auch Bens humoristische Einlagen, die für einen F4 Comic so wichtig sind. Darüber hinaus hat auch die Qualität von Jim Muniz’ Artwork nachgelassen, was mich wehmütig an McNivens grandioses MK 4 Debüt denken lässt.

Nicht desto Trotz ist auch ein schwacher Aguirre-Sacasa immer noch überdurchschnittlich und so kann ich die Geschichte mit gutem Gewissen weiterempfehlen.

7/10
Lamond