Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Oktober 16, 2005

Rex Mundi: The Guardian of the Temple TPB 1

Written by Arvid Nelson, pencils by EricJ (Image). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Es begann mit dem Da Vinci Code („Sakrileg“). Der „Hype“ um die Legenden des Christentums und dessen Geheimbünde und Orden. Die Thematik ist nicht neu (ich schätze so um die 2000 Jahre alt) doch massentauglich wurde es erst durch den genannten Bestseller von Dan Brown, zu dessen treuen Leser auch ich mich zähle. Wie dem auch sei, im Zentrum dieser Mythen und Legenden steht wie bei jeder der vielen Verschwörungstheorien das göttliche, alles erklärende Geheimnis, der Heilige Gral. Der Erfolg dieses Genres basiert auf der Tatsache, dass es kein solches Geheimnis gibt, aber alle wie verrückt danach lechzen.
Solange es nicht aufgeklärt wird, kann man weiter darüber sinnieren, spekulieren und hoffen, dass hinter allem was in der Welt falsch läuft eine fiese Bruderschaft steht, die gekonnt die Fäden in der Hand hält und für alles verantwortlich ist, sogar für unseren eigenen Fehler. Das mag vielleicht zynisch klingen, aber Tatsache ist, dass ich regelmässig selbst dieser Versuchung erliege. Obwohl mir bewusst ist, dass all die Verschwörungsmythen völliger Quatsch sind, habe ich schon unzählige Werke über dieses Thema verschlungen („The Da Vinci Code“, „Das foucaultsche Pendel“, „The Rule of Four“ usw.) und kriege niemals genug davon. Umso überraschter war ich, als ich plötzlich erfuhr, dass Rex Mundi, ein Titel von dem ich schon so viel gehört hatte, sich mit diesem Thema auseinandersetzte.

Neue Geschichte, alte Probleme

Wir befinden uns in Paris im Jahre 1933. Aber es ist nicht unser Paris, nicht unser 1933. In der Welt von Rex Mundi hat sich die Geschichte ab einem gewissen Zeitpunkt ganz anders entwickelt: keine Säkularisierung (Trennung von Staat und Kirche), keine Aufklärung, keine Freiheit. Länder wie Spanien, Deutschland und Italien haben sich nicht ergeben. Wo das heutige Spanien steht, finden wir in der Rex Mundi Welt das Emirat von Cordova, Navarra, Aragon und Castillien. Was wir als BRD kennen, ist im Comic das Preussische Imperium. Statt Italien haben wir die Vereinten Norditalienischen Republiken, den Papst-Staat und das Königreich der beiden Sizilien. Und als wäre das nicht genug befinden wir in einer politisch hochbrisanten Situation, die vom Autor brillant durch komplexe diplomatischen Verhandlungen, parlamentarischen Brandreden und Intrigen dargestellt wird. Im Mittelpunkt dieser politischen Querelen steht der mysteriöse Lord Lorraine, ein ehrgeiziger Abgeordneter, der es sich zur Lebensaufgabe macht, mit Frankreich in den Krieg zu ziehen.

Der Beginn eines langen Abenteuers

Die Hauptperson ist Dr. Julien Sauniere ein junger Arzt, der sich durch seine soziale Ader und seinen kritischen Verstand nicht nur Freunde gemacht hat. Als er eines Nachts vom Priester Marin besucht wird und der ihn um Hilfe bittet, stellt sich heraus, dass in Marins Kirche geheime Manuskripte aufbewahrt wurden und letzte Nacht eines dieser Dokumente von einem Unbekannten entwendet wurde. Marins Verzweiflung ist nicht unberechtigt, denn in einem Staat, in dem die Inquisition eine legitime staatliche Organisation ist, sollte man sich als Priester besser nichts zu Lasten kommen lassen, da dies leicht zur Todesstrafe führen kann. Sauniere verspricht ihm alles zu unternehmen um den Fall aufzuklären. Doch schon am nächsten Morgen wird ihm die Gefahr seines Versprechens bewusst, als er von der Inquisition, maskierte Männer in dunklem Umhang, festgehalten und befragt wird. Was Sauniere jedoch nicht weiss, ist, dass letzte Nacht sein guter Freund Marin kaltblütig ermordet wurde. Damit beginnt das spannende Abenteuer des Julien Sauniere durch die Abgründe der katholischen Mythologie.

Die Geschichte liest sich flüssig und sofern man sich etwas für das Thema interessiert wird man Mühe haben, den Comic aus den Händen zu legen. Arvid Nelson scheint jedoch damit zu rechnen, dass seine Leser ein gewisses Vorwissen mitnehmen, denn man wird nicht in die Thematik eingeführt sondern direkt ins kalte Wasser geworfen. Die Charakterisierung ist gut aber nicht revolutionär, denn zu offensichtlich bedient er charakterliche Stereotypen. Man merkt, dass es dem Autor vorwiegend um den grösseren Zusammenhang geht, was in Anbetracht der vielen Nebenstränge auch nachvollziehbar ist. Im Vordergrund stehen jedoch EricJ’s wunderbare Zeichnungen, die so detailliert sind, dass man die Bilder mehrere male anschauen kann und immer wieder etwas Neues findet. Wer Freude an Leuten wie Brian Hitch oder Mike Deodato jr. hat, wird auch dieses Artwork mögen. Fazit: Leser, denen Dan Browns „Sakrileg“ oder „Illuminati“ mochten, werden Rex Mundi lieben.

8/10
Lamond