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Sonntag, Oktober 09, 2005

Top 10: Book One TPB

Written by Alan Moore, art by Gene Ha (America's Best Comics). Deutsch: Top 10 (Speed Comics, ISBN 3-936068-85-2).

Top 10 ist die Rückkehr Alan Moores in das Superhelden-Genre. Neopolis, der Ort der Handlung - Erinnerungen an Fritz Langs Metropolis sind gewiss nicht zufällig - ist eine von Nazis erbaute Stadt, in der fast jeder Einwohner außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Dementsprechend gut ausgebildet müssen die Polizisten des Reviers "10" sein. Wir lernen Robyn "Toybox" Slinger kennen, eine junge Frau, die ihren ersten Tag als Polizistin verlebt. Zur Seite gestellt wird ihr der gigantische, aber wortkarge blaue "Heavyhitter" Jeff Smax. Dann sind da noch Sergeant "Kemlo" Caesar, ein kybernetischer Dobermann, der lesbische Geist Jackie "Phantom" Kowalski, der Elektroshocker Peter, ein High-Tech Cowboy namens Duane Dust Devil, der Satanist King Peacock, schließlich Captain "Jetman" Traynor", als Kind ein Held in den 1940ern und viele weitere mehr.

Wunsch und Wirklichkeit

Moore versucht eine ausgeflippte Satire darüber zu schreiben, wie exzentrische Individualität in einer von sozialer Konformität geprägten Gesellschaft aussehen würde. Trotz vieler Bemühungen eine Kriminalgeschichte in diesem vermeintlich faszinierenden Setting zu erzählen, bleibt es bei einem trägen Versuch. Moores Trash-Dialoge "go in the corner and lick your privates", seine Unruhe und seine Detailverliebtheit stehen einem spannenden Storytelling im Wege. Es entsteht der Eindruck im Setting ergießt sich der Autor, ohne sein Werkzeug einzusetzen.
Zwar finden sich häusliche Gewalt, Drogendealer, Leichen in Nebenstraßen, Shootouts,
Verfolgungsjagden, Prostitutierte, geflohene Psychopathen und graßierende Krankheiten im Polizeialltag wieder, doch fehlt der Unsumme von Details ein Bild, in welches sie sich einfügen könnten. Wäre die Geschichte wenigstens rührend, ließe sich über die Mängel hinwegsehen. Doch bleibt trotz vieler Charaktere wenig menschliche Interaktion.

Nicht jeder Gag zündet


Auch die lustig gemeinten Anspielungen wie die Plakatwände, auf denen "Don't catch S.T.O.R.M.S.! Sexually Transmitted Organic Rapid Mutation Syndrome." steht, oder das Grafitti "I have a Giant Size man thing call 555-3281" verfehlen ebenso ihr Ziel wie ein in den Straßen umherirrender beinamputierter Bettler mit einem Papp-Schild, das ihn als Opfer der "'92er Circulation Wars" auszeichnet. Nicht verhehlen möchte ich, dass zwischendurch ein Moore'scher Streich auch mal gelingt: Eine Polizistin namens Sung-Li "Girl One" trägt eine bio-technologische Haut, deren Pigmente sie durch ihren Willen verändern kann. Ein Bodypainting-Effekt wird erzeugt, mal fluoreszierend, mal metallisch. Sergeant Caesar als farbenblinder Hund erkennt, dass "Girl One" allerdings tatsächlich nackt ist, was zu einem humorvollen Eklat in der Kantine des Reviers führt. Witzig ist auch das fettleibige ehemalige Film-Monster Gograh, eine Anspielung auf Godzilla, das auf seinem T-Shirt "No Fat Chicken!" trägt.

Gene Ha gelingt all die nuancierten Details zu Papier zu bringen, mitunter um den Preis, dass die Auffassungsgabe der Leser überfordert wird. Seine Arbeit ist leider von Wildstorm FX schlecht koloriert, was der Dynamik schadet. Die Farben haben einen wellblechernen monotonen Graustich, der nur gelegentlich von einem gleißenen Lichtblitz wie aus einer explodierenden Gasleitung überblendet wird. Andererseits erfreut die charmante Idee des Letterers Todd Klein, dem Phasenwesen Jackie "Phantom" eine verblasste Schriftart zu geben, bei der man denkt, es fehle die Druckerschwärze.

Ebenso wie über Neopolis die Geschmäcker verschieden sind - für Officer Slinger "a fantastic place", laut Officer Jeff Smax "a toilet" - besteht Uneinigkeit über die Güte des Comics an sich.

Meiner Meinung nach sind "America's Best Comics", um das Label bei dem Top 10 erscheint aufzugreifen, andere...

5/10
Philos