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Sonntag, Mai 28, 2006

Cable and Deadpool: Ein Überblick (TPB 1-4)

Written by Fabian Nicieza, pencils by Mark Brooks, Patrick Zircher (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Sowohl Cable als auch Deadpool sind Produkte der 90er Jahre oder wie man es heute ausdrücken würde, Eindimensionale Anti-Helden. Aber bevor ich mit der eigentlichen Besprechung beginne, werfen wir doch einen genaueren Blick auf die Geschichte dieser beiden Charaktere:

Cable

Cable a.k.a. Nathan Summers, Scott Summers (Cyclops) zeitreisender Sohn aus ferner Zukunft, wurde Anfang der 90er Jahre von Rob Liefeld als neuer mächtiger Mutant eingeführt. Als Anführer der Superheldengruppen Six Pack und X-Force war er zumindest in der ersten Hälfte der 90er Jahre ein Fanliebling. Mittlerweile haben seine telepathischen und telekinetischen Fähigkeiten ihren Höhepunkt erreicht und damit gehört er zu den mächtigsten (nicht jedoch bekanntesten) Mutanten des Marvel Universums.

Deadpool

Deadpool a.k.a. Wade Wilson war ein krebskranker Regierungsagent im Endstadium seiner Krankheit. Um sein Leben zu retten sah er nur eine verzweifelte Möglichkeit: Er meldete sich als Freiwilliger zum Waffen X-Programm, wo er genetisch „aufgemotzt“ wurde. Durch das Experiment erlangte Wilson die gleiche Heilungsfähigkeit wie Wolverine. Von da an schritt die Krebserkrankung nicht mehr fort, jedoch verursachte die Verbindung von Wolverines DNA und den mutierenden Krebszellen ein mentales Ungleichgewicht, welches den Charakter stark prägt (um es gelinde auszudrücken).

If Looks Could Kill (TPB 1)

Eine in Frankreich angesiedelte Sekte versucht den Weltfrieden zu erzwingen, in dem sie mit Hilfe eines speziellen Virus allen Menschen eine blaue Hautfarbe verpassen. Damit wisst ihr auch schon, was das Problem dieses ersten Bandes ist: die Story. Um ihre Pläne in die Tat umzusetzen bedarf die „One World Church“ jedoch des oben genannten Virus. Dieses befindet sich aber in einem Hochsicherheitsgebäude des deutschen Pharmaunternehmens Sunic und muss zunächst beschafft werden. Die Sekte engagiert Deadpool, der sich sogleich an die Arbeit macht. Leider trifft er dabei auf Cable, der ebenfalls ein Interesse am Virus hat und es kommt, wie könnte es auch anders sein, zum Show-down. Die Story plätschert ab diesem Zeitpunkt orientierungslos vor sich hin und endet damit, dass sich die beiden Titelhelden selbst mit dem Virus anstecken. Um dem Tod zu entrinnen müssen sie zusammenarbeiten und zwar "enger" als ihnen genehm sein dürfte.

The Burnt Offering (TPB 2)

Nach der ersten äusserst enttäuschenden Storyline griff der Autor, Fabian Nicieza, vergebens zu einem allseits beliebten "Hilfsmittel", um die drastisch sinkenden Verkaufszahlen zu stabilisieren: Gastauftritte. Im zweiten Band treffen wir auf Nick Fury, auf die X-Men, auf Six Pack, auf Agent X und sogar auf den Silver Surfer. Die Hauptstory ist auf Cable ausgerichtet, dessen Mutantenkräften sich ins Unermessliche steigern. Nicieza liess sich bei dieser zweiten Geschichte von einem Zitat von Lord John Acton inspierieren, der vor 150 Jahren meinte: „Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut“. Nathan a.k.a. Cable ist sich seiner schier unerschöpflichen Kraft bewusst und möchte sie für den Weltfrieden nutzen. Je grösser jedoch seine Macht wird, desto resoluter und skrupelloser möchte er sein ultimatives Ziel durchsetzen und das gilt es zu verhindern. Nathans Erlöser-Komplex wird von Minute zu Minute stärker und so entwickelt sich die Story zu einem spannenden Rennen gegen die Zeit.

The Human Race (TPB 3)

Beim dritten Anlauf erkannte der Autor schliesslich, dass es keiner sonderlich komplexen Geschichten bedarf um einen Charakter wie Deadpool gekonnt Szene zu setzen. So beginnt der dritte Band mit einem Mord auf Cables paradiesischen Insel Providence. Obwohl es sich beim Opfer um einen der meistgesuchten Terroristen handelt, Haji Bin Barat, wird eine Ermittlung eingeleitet. Das kommt Deadpool gerade recht, denn ein notorischer Killer wie er, langweilt sich zu Tode im modernen Garten Eden. Die Lösung des Falles ist zwar nahe liegend, nicht desto Trotz überraschend.

Der zweiten Teil der Geschichte besteht aus einer interdimensionalen Suche nach Cable, der wie vom Erdboden verschwunden scheint. Deadpool, Syrene und Canonball(s) springen von einer skurrilen Dimension in die nächste und treffen dabei immer auf suboptimale Versionen von Cable. Schliesslich finden sie den wahren Nathan und kehren zurück in ihre Dimension, wo man als Leser feststellt, dass Deadpools unermüdliche Suche einen ganz bestimmten Grund hatte.

Bossom Buddies (TPB 4)

Nach dem hervorragenden dritten Trade gelingt es Nicieza wieder auf ganzer Ebene zu entäuschen. Wieder einmal präsentiert er eine Cable-zentrierte Storyline in der Deadpool nicht einmal durch seine ansonsten richtig witzigen Einzeiler überzeugt. Die Geschichte macht wie schon bei TPB 1 nicht den geringsten Sinn und sogar die Gastauftritte von Luke Cage und Iron Fist vermögen nicht über die unterirdische Qualität hinwegzutrösten.

Die Serie als Ganzes

Während Nicieza zu Begin noch bemüht war einen eher ernsten Unterton anzuschlagen, war der dritte Band eine Deadpool-One-Man-Show. Das traf sich gut, denn, um ehrlich zu sein, verfolge ich die Serie nur aufgrund dieser einen Figur, der Rest der Charaktere und die Story selbst wird wohlwollend toleriert. Leider brach die Qualität mit dem vierten Band wieder ein und so stehe ich vor der Frage, ob es Sinn macht, eine Serie die so stark schwankt, weiterhin zu unterstützen.

Deadpool ist jedoch ein grandioser Charakter. Er ist wie ein bewaffnetes Kind mit ADS-Syndrom, das einzig auf seine persönliche Unterhaltung erpicht ist. Die Verbindung von niedrigem IQ und schlagfertigen Einzeilern machen jedes Panel zum reinsten Vergnügen. Mit jedem „Cable and Deadpool“-Band wird mein Wunsch grösser, Wade Wilson in einer eigenen Serie zu sehen. Seine metarefelxiven Monologe und die herrlichen Einführungen zu jedem Heft entlocken auch dem kritischsten Leser ein herzhaftes Lachen.

Die Zeichnungen von Patrick Zircher überzeugen ebenfalls auf ganzer Linie. Zwar ist sein Stil etwas "weich" und womöglich auch ein wenig zu heiter für eine Figur wie Cable, aber er versteht es, den Charakteren Profil zu verleihen, was wiederum den ironischen Unterton der Serie unterstreicht.

„Cable and Deadpool“ ist eine unzuverlässige Serie, die zwischen "grausam schlecht" und "ungalublich gut" schwankt. Jeder muss selbst wissen, ob er für ein paar gelungene Auftritte eines Charakters wie Deadpool bereit ist, Geld auszugeben.

6/10
Lamond