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Sonntag, August 27, 2006

Ares TPB

LL's US TPB PREVIEW: AUGUST 2006

Written by Michael Avon Oeming, pencils by Travel Foreman (Marvel).

Ares, Halbbruder von Hercules und Kriegsgott der Griechen, kann man in die D- oder sogar E-Klasse der Charaktere bei Marvel einreihen. Obwohl schon in den 60ern zum ersten Mal aufgetreten, hatte er im Schnitt seitdem nur einmal pro Jahr einen Auftritt in einem Marvel-Heft. Ausgerechnet eine solche Figur erhält nun eine eigene Mini, die noch nicht einmal Tie-In zu einem größeren Event ist. Bauchlandung vorprogrammiert? Der auf mythische Gestalten inzwischen scheinbar festgelegte Michael Avon Oeming scheint als Autor zumindest die richtige Wahl zu sein.

Zum Auftakt der Story erfährt der Leser in Form eines längeren Flashbacks ein wenig über Ares, seinen Charakter und seine Beweggründe, sich früher immer wieder gegen seine Brüder und seine Mitgötter zu stellen. Eine gelungene Charakterisierung, die der äußerst brutal dargestellten Figur Tiefe gibt, noch bevor man sie richtig kennen gelernt hat. Blende auf die Gegenwart. Ares hat sich aus dem Götterdasein zurückgezogen und lebt zusammen mit seinem Sohn, der die wahre Identität seines Vaters nicht kennt, unerkannt unter den Sterblichen. Aber der - gewöhnungsbedürftiger Erziehungsmethoden zum Trotz - vorherrschende friedliche Alltag ist gefährdet, denn die Götter des Olymp benötigen die Hilfe ihres eigentlich verachteten Verwandten. Seit die nordischen Götter verschwunden sind, herrscht Aufruhr in den Götterwelten. Eine neue Macht aus dem Osten will alle anderen Pantheons überrennen und sendet dazu riesige Horden untoter Krieger gegen den Olymp. Deren zahlenmäßige Übermacht bereitet selbst den berühmten Helden Hercules und Achilles große Probleme. Was nun folgt, ist gelungen: Der Darstellung von Ares Charakter und sein Verhältnis zu Vater Zeus, seinem Erzfeind und Blutsverwandten Hercules und anderen Figuren des Olymp. Diesem Glanzlicht an Charakterisierungen steht leider eine Story gegenüber, die zu vorhersehbar ist, als dass sie wirklich interessieren könnte, im Finale alle Klischees erfüllt und damit den Großteil des in ihr steckenden Potentials vergibt. So driftet das Gesamtwerk zwischen Höhen und Tiefen, ohne wirklichen Glanz bieten zu können.

Die Zeichnungen von Travel Foreman tun ihr Eigenes dazu, diesen Eindruck zu verstärken. Stellenweise wird insbesondere der Hauptcharakter grandios in seiner Wut wiedergegeben. Andererseits nerven winzige Panels, auf denen zuviel passiert und hastig dahin gezeichnete konturenhafte Figuren mit zombiehaften Gesichtszügen vorherrschen. Als Fan von Oemings bisherigen Storys für Marvel reibt man sich verwundert die Augen, denn mitfiebern muss hier niemand. Selbst das Verscheiden zahlreicher Nebencharaktere berührt nicht (im Gegensatz zu Oemings Ragnarök). Verdienst der Story mag sein, dass einem die Figur des Ares vertrauter wird – um echtes Interesse zu wecken wird aber die falsche Geschichte erzählt. Gerüchten zu Folge hatte die Ares-Mini auch den Sinn, Marvel-Leser auf eine größere Rolle des griechischen Kriegsgottes im Marvel-Universum vorzubereiten. Ob dieses Ziel erreicht wurde, darf getrost bezweifelt werden.

5/10
LL a.k.a. Robert Löhr