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Sonntag, September 11, 2005

Sandman Mystery Theatre: The Face and The Brute TPB 2

GASTREZENSION VON BUENO EXCELLENTE. SEHR VIELEN DANK!

Written by Matt Wagner, art by John Watkiss and R.G. Taylor (DC Comics/Vertigo).


Wesley Dodds ist der Sandman, ein maskierter Kämpfer mit einer Gaspistole, der gegen das Verbrechen in einem düsteren New York der 30er Jahre kämpft.

„The Tarantula“, der erste Trade der Serie, stellt den Einstieg in die Welt von Sandman dar und befasst sich mit der Thematik des Verfalls der Familie, wie auch der Moral selbst.
Der zweite Sammelband der SMT Serie, der gleich zwei abgeschlossene Geschichten beinhaltet, „The Face“ und „The Brute“, beschäftigt sich hingegen mit dem Thema des Rassismus, der Gewalt und der Sexualität.

Die erste Geschichte zeigt uns eine schauderhafte Mordserie in Chinatown, die durch äußere Einflüsse der Politik und durch einen sadistischen Meister der Verkleidung, der nur als „The Face“ bekannt ist, zu einem blutigen Bandekrieg mutiert.
Zugleich bekommt der Leser auch einen Einblick in die Gesellschaft der 30er Jahre und deren Verhalten fremden Rassen gegenüber. Wobei die Parallelen zu unserer Gegenwart kaum zu übersehen sind. Dieser indirekte Rassismus, der zur damaligen Zeit zur normalen Tagesordnung gehörte und der sogar von solch eigentlich noblen Charakteren, wie Dianas Vater vollkommen akzeptiert wird, spiegelt sich vor allem in der von Anfang an zum Scheitern verurteilten kurzen Liaison zwischen Dian und dem mit der Unterwelt von Chinatown in Verbindung stehenden Chinesen Jimmy Shan. Solche Mischverhältnisse waren in der Vorkriegszeit, wie auch lange danach eher verpönt und dieses schafft Wagner gekonnt zu demonstrieren. Mitunter in dem er deutlich den damals noch sehr tiefen Graben zwischen der westlichen und der chinesischen Kultur aufzeigt. Obwohl die Beziehung zwischen unserer Protagonistin und Shan schon am Anfang der Geschichte ihr Ende findet, soll Shan aber nichts desto trotz eine tragende Rolle in dem Bandenkrieg spielen.

Die zweite Story stellt einen gealterten Boxer und seine kleine Tochter in den Vordergrund, die versuchen ihr Leben in den Griff zu bekommen und dabei von einem Schicksalsschlag zum anderen stürzen. Ein Grund dafür ist, dass es dem Vater nicht gelingt aus dem Strudel der Gewalt auszubrechen, die früher mal ja sein Lebensunterhalt darstellte. Die brutale Gewalt wird hier vor allem durch illegale Boxkämpfe dargestellt, die scheinbar nur zur Belustigung der oberen Schicht stattfinden. Je mehr der alternde Boxer also versucht der Gewalt zu entkommen, umso mehr verliert er sich in ihr. Er muss desillusioniert feststellen, dass die Gewalt doch zu meist die beste Lösung für ihn darstellt und ihn in so vielen Formen umgibt. Erinnert uns das nicht zum Teil an die Entstehungsgeschichte eines wohlbekannten Mannes ohne Furcht und dessen Vater?
Anhand der tragischen Ereignisse im Leben der beiden Hauptfiguren bekommt der interessierte Leser vorgelegt, dass auch die Guten nicht immer am Ende zu den Glücklichen gehören dürfen. Am deutlichsten zur Schau gestellt wird dies durch das Schicksal der kleinen, unschuldigen Tochter. Ich will hier nicht die Spannung vorwegnehmen, es sei aber nur soviel erzählt, das was ihr wiederfährt, ist für mich persönlich so erschütternd und zugleich ernüchternd gewesen, dass ich den Band weglegen musste und erst am nächsten Tag weiterlesen konnte. Hiermit hat Wagner etwas geschafft, was man nicht oft im Comic vorfindet. Es gelingt ihm nämlich in dem Leser echtes Mitfühlen oder auch Mitgefühl mit einer, so komisch es sich auch anhört, Comicfigur zu erzeugen. Und das macht für mich mitunter eine gute Geschichte aus.

Obwohl natürlich die gute alte Action auch hier nicht zu kurz kommt, steht doch die Detektivarbeit in diesem Sammelband im Vordergrund, denn es ist die „Wer steckt dahinter-Frage“, was die beiden Storys vorantreibt. Denn genau so arbeitet Wesley Dodds alias Sandman. Er untersucht, belauscht, stellt Nachforschungen an, bevor er zuschlägt und das zumeist als Wesley D. Aus diesem Grunde bekommt man den Sandman nicht sehr oft zu Gesicht, denn was in vielen Comics selten vorkommt, ist hier die Regel, was aber in keiner Weise stört. Das Alter Ego, also Wesley Dodds, hat hier keine Statistenrolle. Er ist vollkommen in die Handlung integriert und leistet einen enormen Beitrag zur Fallauflösung und mimt nicht nur den stumpfen Playboy von nebenan, wie wir es ja aus der anderen Ecke des DC Universums her kennen. Es kommt einem stellenweise schon vor, als ob beide gleichberechtigte Partner wären.
Also bekommen wir hier von Wagner im Grunde eine Detektivgeschichte geliefert, die sich in einem Superheldenkostüm versteckt.

Obgleich die SMT Erzählungen eher der düsteren Art sind, gibt es da immer noch etwas Helles und Leuchtendes mitten drin. Ich spreche hier von Wesley und Dian und ihrer „Beinah- Liebesbeziehung“.
Matt Wagner scheut es nicht, die dunklen Tage der Depression, sowie die sonstigen Probleme der damaligen Zeit in all ihren dunklen Facetten zu zeigen. Dadurch wird man als Leser mit einem schon nahezu beklemmenden Gefühl konfrontiert und bekommt leicht den Eindruck, als würde die damalige Zeit nur eine dunkle Epoche der Weltgeschichte darstellen. Und so wäre es vielleicht gewesen, hätte sich Wagner nicht eines, im Comicgeschäft doch recht bekannten Elementes bedient, nämlich die weibliche Nebenrolle (man denke da nur an Lois Lane). Und diese Nebenrolle hat es in sich. Dian ist viel mehr als diese, sie ist vielmehr die weibliche Hauptfigur. Und man erlebte in einem Comic selten einen interessanteren weiblichen Charakter. Dian ist eine emanzipierte, intelligente und charmante Frau mit einem leichten Hang dazu schnell in Schwierigkeiten zu geraten. Also, eine Frau für die wohl jeder Mann eine Schwäche hätte. Wieso also nicht auch Wesley?
Und so schaffen es die Beiden, uns den Lesern, etwas Positives zu vermitteln und von der tristen und dunklen Wirklichkeit in der Welt des Sandman abzulenken und aufzuzeigen, dass es auch etwas schönes und Reines in dieser Welt gibt, was jedoch nie langweilig wirkt. Dieses bewerkstelligt Wagner indem er mit dem Interesse der Beiden für einander spielt. Mal lässt er die beiden miteinander ausgehen, mal streiten sie sich, weil Dodds auf einmal verschwinden muss (um zu Sandman zu werden). Mal nähern sie sich einander mit naiver Vorsicht, mal fällt Dian ihrem Verehrer wild in die Arme.
Eines bleibt jedoch konstant, eben das besagte Interesse für einander. Eine Konstante aus der bald doch etwas mehr werden könnte.

Sollte ich mir das Teil zulegen? Wird sich wohl der ein oder andere fragen.
Es ist wohl so, dass SMT nicht ganz konform mit dem ursprünglichen Sandman aus dem Uhrzeiten des DC Universums geht. Weder die Figur selbst und schon gar nicht das Konzept der Serie entsprechen dem Golde Age Vorbild. Aber wir erhalten hier im Grunde einen guten Typen präsentiert, der versucht in einer dunklen Welt das Richtige zu tun. Und ist es nicht genau das, das zählt?

10/10
Bueno Excellente
Review zu Sandman Mystery Theatre: The Tarantula TPB 1 von Bueno Excellente unter http://supercomics.blogspot.com/2005/05/sandman-mystery-theatre-tarantula-tpb.html.