Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, November 13, 2005

The Walking Dead: Miles Behind Us TPB 2

Written by Robert Kirkman, pencils by Charlie Adlard (Image). Deutsch: "The Walking Dead 2: Ein langer Weg" (Cross Cult, ISBN: 393648032X, Juni 2006).

Ich habe ein Problem mit Zombies. Mit Vampiren und Werwölfen habe ich meinen Frieden geschlossen, aber Zombies…nein…Zombies sind das Letzte. Wieso? Nun, wie sagen die Amerikaner so schön: „They scare the shit out of me!“ Ich möchte hier jedoch nicht meine Ängste analysieren, sondern einen Comic besprechen

Im zweiten Band von „The Walking Dead“ begeben sich Rick und der Rest der Überlebenden auf die Suche nach einer sicheren Umgebung, um sich niederzulassen. Dabei begegnen sie neuen Menschen und natürlich auch Zombies. Ich gebe zu, die Rahmengeschichte ist nicht wirklich aussergewöhnlich: Menschen, umgeben von stinkenden Untoten, versuchen zu überleben. Aber - und das ist wohl das gewaltigste „ABER“ in der Geschichte der Comics - innerhalb dieses Rahmens haben wir es mit einem ganz aussergewöhnlichen Comic zu tun. Kirkman hat ja schon im Vorwort der ersten Storyline gesagt, dass es ihm nur nebensächlich um Horror und Monster geht, sondern um Menschen in Extrem-Situationen. Und glaubt mir, es ist nicht nur eine Floskel, denn die Charakterisierungen sind beispiellos, die Darstellung der zwischenmenschlichen Beziehungen ist so beeindruckend, dass man gelegentlich innehalten muss, um die Szenen auf sich einwirken lassen. Figuren wie Tyreese oder Rick sind dermassen glaubwürdig dargestellt, dass man sie eigentlich für den Oscar nominieren müsste.
Was die schwarz-weiss Zeichnungen betrifft, war diesmal nicht Tony Moore am Werk sondern Charlie Adlard, dessen Artwork genau wie Moores klar und detailliert ist. Man erkennt die Charaktere problemlos an ihren individuellen Gesichtszügen. Ich jedenfalls kann und will mir diese Serie nicht mehr ohne schwarz-weisse Bilder vorstellen.

"Wieso kommt diese Serie bei den Lesern so hervorragend an", fragte ich mich, noch bevor ich zum ersten TPB griff. Während der Blütezeit des Genres (die 70er) waren die Zombies meist eine Metapher für die "Rote Gefahr", also die Angst vor der gesellschaftlichen Untergrabung und der systematischen Gleichschaltung der Menschen durch den kollektivistischen Kommunismus. In Anbetracht der realen Bedrohung der westlichen Demokratien durch die damalige Sowjet-Union lässt sich der Erfolg der Zombie-Filme ohne weiteres nachvollziehen (wie übrigens auch der Filme über ausserirdische Invasionen). Aber heute? Vor einiger Zeit fing es an: Zunächst kam "The walking dead", dann wurde in Hollywood ein Remake des Klassikers "The dawn of the dead" gedreht und kurz darauf erschien auch schon die ähnlich lautende Parodie "The Shaun of the dead", die innert kürzester Zeit Kultstatus erreicht hat. Mittlerweile haben die Comic-Verlage erkannt, dass Zombies wieder gute Umsätze garantieren und schon debütierte Frank Chos "Zombie King". Wie man sieht, befinden wir uns in einer Renaissance dieses umstrittenen Genres. "Wieso?", frage ich. Was macht dieses Horror-Motiv wieder interessant?

Natürlich befinden wir uns in einer Zeit, in der Individualismus das anzustrebende Ideal und Gleichschaltung die grösste Angst ist. "Zombies" als Metapher für die Gleichschaltung und Abstumpfung durch die westliche Konsum- und MTV-Gesellschaft? Gut möglich. Nicht das ich diese Angst auch nur im Geringsten teile, aber anders kann ich mir dieses Massenphänomen nicht erklären. Ausser es geht allen wie mir, denn meine Angst vor Zombies ist kindlich und banal und basiert auf keinerlei gesellschaftlichen Phänomen.

Als ich andere Reviews zu „The Walking Dead“ las, war ich überrascht, dass einige irritiert waren, wie Kirkman den Umgang mit Schusswaffen darstellte. Teilweise wurde von "Waffenverherrlichung" geschrieben. Selbstverständlich ist es verstörend, wenn man sieht, wie ein 9-Jähriger skrupellos von seiner Waffe Gebrauch macht, aber das ist nun mal ein logischer Bestandteil dieser Geschichte. Aussergewöhnliche Situationen erfordern aussergewöhnliche Mittel. Ich jedenfalls lasse mich gerne von Kirkman schockieren und hoffe, dass ihr es mir gleichtun werdet, denn dieser Comic ist was ganz Besonderes.

8/10
Lamond

Review zu The Walking Dead: Days Gone Bye TPB 1 unter http://supercomics.blogspot.com/2005/05/walking-dead-days-gone-bye-tpb-1.html.