Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Samstag, April 01, 2006

Marvel Knights Spider-Man: Wild Blue Yonder TPB 4

Written by Reginald Hudlin, pencils by Billy Tan (Marvel) Deutsch: "Spider-Man" #18-#23 (PaniniComics Deutschland)






























Es ist seit einiger Zeit en vogue bei Marvel und DC, Autoren zu engagieren, die aus anderen Unterhaltungssparten kommen, wie z.B. dem Fernsehen, dem Kino oder der Literatur. Die Motivation hinter diesem Trend? Publicity. Es sollen einerseits Neuleser zum kriselnden Genre der Superhelden Comics gelockt und anderseits das Verlagsprestige aufpoliert werden. Dass die Serie auch bei den etablierten Fans abgesetzt werden soll, versteht sich von selbst. Ob diese kommerzielle Strategie aufgeht wage ich ernsthaft zu bezweifeln aber leider liegen mir keine konkreten Zahlen vor, sodass meine Meinung lediglich auf Mutmassung basiert.

Die „Nebenwirkungen“ solcher Aktionen sind jedoch äusserst spannend und nicht selten von kreativem Erfolg gekrönt. So handelt es sich bei mittlerweile etablierten Comic-Grössen wie J. Michael Straczynski, Joss Whedon, Brad Meltzer und Allen Heinberg um Quereinsteiger. Ein weiterer Neuzugang in der Comic Branche ist Reginald Hudlin, ein Afroamerikaner mit Harvard Abschluss, der sich mit Filmen wie Boomerang und Housparty einen Namen in Hollywood gemacht hat. Innert kürzester Zeit wurde Hudlin an zwei Serien gesetzt: Black Panther und MK Spider-Man. Die Reaktionen zu Black Panther waren zumindest bei den Fans eher negativ, unter anderem weil er angeblich die bereits vorhandene Entstehungsgeschichte des afrikanischen Helden mit Füssen getreten hat. Die Frage DIESER Review hier ist jedoch, wie sich Hudlin als Spidey Autor macht.

Peter, der mittlerweile mit Mary Jane und seiner Tante May bei den Neuen Rächern, im Stark Tower lebt, fällt das Zusammenleben mit seinen neuen Teamkameraden ausserordentlich schwer. Insbesondere mit Logan, der sich unverblümt an seine Ehefrau heranmacht, hat er seine Probleme. Es wird ihm klar, dass er sich gar nicht erst an dieses Leben gewöhnen, sondern so schnell wie möglich wieder ausziehen möchte. Dazu braucht er aber einen neuen Job, denn mit dem Hungerlohn, den er als Lehrer bekommt, wird nichts aus dem Plan. Er heuert wieder beim Daily Bugle an und bekommt überraschenderweise einen Partner zugeteilt, den bulligen Reporter Ethan Edwards, ein naiver Provinzler aus Iowa.

Doch den beiden bleibt kaum Zeit sich kennen zu lernen, den Crusher Creel a.k.a. der Absorbing Man ist aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausgebrochen und versucht sich in seiner neuen Rolle als Auftragsmörder zu bewähren. Spider-Man nimmt sich des Schurken an und bekommt dabei Gesellschaft von einem völlig unbekannten neuen Helden mit einem originellen Outfit.

Ist es ein Vogel? Ist es Sentry? Ist es Superman? Nein, es ist Super-Ethan. Die Parallelen zum DC-Flaggschiff sind natürlich beabsichtigt. Bald wird den beiden Arbeitskollegen bewusst, wer der andere ist und Ethan brennt darauf von Spidey in die Welt der Superhelden eingeführt zu werden, sozusagen als omnipotenter Sidekick des erstaunlichen Spinnen-Mannes. Peter, der von der Idee nicht gerade begeistert ist, gibt schliesslich nach und macht sich mit seinem neuen Partner auf den Weg zu den Fantastischen Vier, welche das neue Mitglied der Superheldengemeinde einer gründlichen Untersuchung unterziehen um dessen Herkunft zu beleuchten.

Was zunächst nach einer Superman Persiflage aussieht, entwickelt sich schnell in eine völlig andere Richtung, die sich zugegebenermassen als durchaus originelle Lösung erweist, zwar etwas weit hergeholt aber nichtsdestotrotz interessant.

Man merkt, dass sich Reginald Hudlin Vieles für seine erste Spider-Man Geschichte vorgenommen hat, soviel, dass alles ein wenig übermotiviert wirkt. Zwar stimmt Peters Charakterisierung weitgehend und auch die Berücksichtung des neuen Status Quo hat er bemerkenswert gut hinbekommen, aber es fehlt ein wenig an Richtung. Der Autor mischt viele durchaus spannende und unterhaltsame Elemente ohne daraus ein grosses Ganzes zu machen. Rausgekommen ist eine Patchwork-Geschichte, die keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Insgesamt hat mich der Inhalt nicht umgehauen, aber lesbar waren diese ersten Gehversuche des Comic-Neulings bei unserem alten Wandkrabbler dennoch. Was der Story aber schliesslich doch noch das Genick gebrochen hat, war das uninspirierte Artwork des Zeichners Billy Tan, der nicht mal die Proportionen eines Schädels anständig hinbekommt. Die Köpfe wirken wie Wasserballone, die aus beachtlicher Höhe auf den Asphalt aufprallen. Einzig die kostümierten Charaktere bekommt er angemessen hin, der Rest wirkt jedoch lieblos hingekritzelt.

Ich werde diesen Band unter keinen Umständen zum Kauf weiterempfehlen, dazu war das Leseerlebnis im Endeffekt zu unbefriedigend. Dennoch ziehe ich aus „Wild Blue Yonder“ zwei Schlüsse: Einerseits werde ich Billy Tan in Zukunft meiden wie der Teufel das Weihwasser und anderseits bin ich davon überzeugt, dass Reginald Hudlin durchaus Potential hat ein anständiger Comic Autor zu werden, sofern er auf seine unsympathische politische Indoktrinierung verzichtet, die er so penetrant bei „Black Panther“ zur Schau stellt.

4/10

Lamond

Rezension zu Marvel Knights Spider-Man: Der Millar Run (TPB 1-3) von Lamond unter