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Donnerstag, Mai 05, 2005

Spectacular Spider-Man: Sins Remembered TPB 5

Gastrezension von Luschen-Legionär. Sehr vielen Dank!

Written by Samm Barnes, pencils by Scot Eaton (Marvel). Deutsch: “Spectacular Spider-Man” (Panini Comics, monatlich).

Sins Past in Amazing Spider-Man (ASM) war sicherlich eine der am kontroversesten diskutierten Storylines der letzten zehn bis fünfzehn Jahre. Autor J. Michael Straczynski wurde im Verlauf der Story teilweise verflucht, weil er aus einer Ikone der 70er angeblich ein Flittchen machte und teilweise in den Himmel gelobt, weil er heilige Kühe schlachtete und eine Story mit unwahrscheinlich kraftvollen Charakteren schrieb. Am Ende blieb die Story jedoch ein wenig unbefriedigend. Auf einen herausragenden Knalleffekt folgte das ebenso banale wie überflüssige Auftreten eines neuen Goblins und mal wieder eine der berüchtigten „Die Brücke auf der Gwen Stacy starb“-Szenen, die kein Fan mehr sehen möchte. Es blieb die Frage: Kommt da noch etwas? Und tatsächlich: Schon sehr bald erfuhr man, dass die Story in einem Vierteiler fortgesetzt wird, der allerdings in der Reihe Spectacular Spider-Man (SSM) erscheinen sollte, und sicherlich war nicht nur ich darauf erpicht, mehr über Sarah zu erfahren und natürlich über die Auswirkungen, die JMS’ Enthüllungen auf Peter Parkers Leben haben würden. Aber leider ist die ganze Geschichte unausgegoren und auf einem äußerst bescheidenem erzählerischen Niveau. Letztendlich entwickelt sich eine vorhersehbare Story, die auch mit anderen Akteuren als den Stacy-Twins funktioniert hätte und plötzlich meint man zu Verstehen, warum diese “Fortsetzung“ von Sins Past nicht im Spider-Man-Flaggschiff ASM sondern in SSM veröffentlicht wurde, einer Reihe, die zu diesem Zeitpunkt offiziell schon gecancelt war.

Was mich bei dem vorhersehbaren Plot am meisten geärgert hat, waren die Ungereimtheiten und Out-of-Character-Ereignisse die hauptsächlich Spidey selbst betreffen: Peter Parker belügt MJ, PPs Spinnensinn scheint nicht mehr zu funktionieren, Peter erzählt Sarahs Arzt so viel nette Dinge über sich, dass dieser nur einmal googlen müsste um den Verdacht zu bekommen, dass er und Spidey ein und dieselbe Person sind. Genau das Gleiche gilt für die Sachen, die Spider-Man dem Mann von Interpol erzählt so vertrauensvoll und blauäugig erzählt, wahrscheinlich um mit diesen völlig unangebrachten Dialogen weitere Seiten zu füllen, und das in meinen Augen Schlimmste: Spider-Man zeigt gegenüber dem Interpol-Mann Verständnis, dafür, dass die Stacy-Twins ins übelste kriminelle Milieu abgerutscht sind: „...but they had no other choice!“

Sieht man einmal von den Actionszenen im letzten Teil der Story ab, lässt auch das Artwork sehr zu wünschen übrig. Das Team scheint Deodatos Stil zu kopieren, was für eine Fortsetzung sehr lobenswert ist, vorausgesetzt das nötige Talent ist vorhanden. Aber gerade die für einen realistischen Stil so wichtigen Gesichter entgleiten dem Kreativteam vollständig: So muss man in einem Panel mit einem scheinbar 70-jährigen Peter Parker vorlieb nehmen, während er im nächsten nur noch 25 zu sein scheint, mal hat er ein Doppelkinn, dann sieht er halb verhungert aus und seine untere Gesichtspartie lässt manchmal die Vermutung aufkommen, dass sein Vater ein Afroamerikaner war. Nicht besser geht es den anderen Charakteren insbesondere MJ, die manchmal wie Tante May mit roter Langhaarperücke daher kommt und Sarah, deren Mundpartie zwischen "Dolly-Buster- und Sigourney Weaver"-Lippen hin und her pendelt. Zu den bisher aufgezählten Mängeln addiere man noch einige uralte Franzosenwitze, ein paar überlange Dialoge, eine unglaubwürdig eifersüchtige MJ, einen unnötigen Nebencharakter (Luc) und einen Goblin-Kurzauftritt, der ohne Sinn und Verstand im Nexus endet: Fertig ist ein absolut überflüssiges Spider-Man Kapitel, das es nicht einen Moment schafft aus der Reputation der Vorgängergeschichte „Sins Past“ Kapital zu schöpfen.

4/10