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Sonntag, April 16, 2006

New Avengers: Sentry TPB 2

Written by Brian M. Bendis, pencils by Steve McNiven (Marvel). Deutsch: "Spider-Man und die neuen Rächer #4 - #5" (PaniniComics Deutschland).


Nach der ersten Storyline zu New Avengers hatte sich der Wirbel um die Auflösung der alten Rächer wieder ein wenig gelegt. Die Gemüter beruhigten sich, sowohl bei den Schwarzsehern und als auch bei den Enthusiasten und man durfte gespannt sein, wie sich die jüngste Erfolgsgeschichte aus dem Haus der Ideen inhaltlich weiterentwickeln würde. Erstaunlicherweise widmet sich Herr Bendis hier beinahe ausschliesslich einer Figur, die er ,zum Erstaunen aller, in der ersten Storyline eingeführt hatte: Sentry.

Inhaltlich basiert die Geschichte direkt auf Paul Jenkins’ erster „Sentry“ Mini-Serie, in welcher vor einigen Jahren dieser mysteriöse neue Charakter in das Marvel Universum eingeführt wurde. Deshalb empfehle ich euch, bevor er diese Storyline angeht, die genannte Mini (Sentry) oder zumindest unsere Review zu lesen.

Bob Reynolds ist psychisch instabil. Das wäre grundsätzlich kein Problem, denn mentale Störungen gehören in unsere Zeit wie Guillotinen zur Französischen Revolution. Doch Bob - ausgestattet mit der Kraft von einer Milliarde Sonnen - ist zufälligerweise das mächtigste Meta Wesen im Marvel Universum. In solchen Fällen wird Schizophrenie und akute Amnesie von einem individuellen Problem zu einem eher beunruhigenden Weltuntergangsrisiko. Doch wie das meiste auf dieser Welt, bergen die gefährlichsten Phänomene meistens auch das grösste Nutzenspotential.

Sich dieser Tatsache bewusst, begeben sich die Neuen Rächer auf die Suche nach dem mysteriösen Helden im gelben Kostüm und finden ihn etwas verwirrt in einer Höhle (Nein, nicht in einem Erdloch) wieder. Es ist keine Überraschung, dass ein solch komplexes Problem einer komplexen Lösung bedarf und so sind die Rächer auf die Kooperation der gesamten Superhelden Gemeinschaft angewiesen: Die Fantastischen Vier, die X-Men, Namor, die Inhumans und sogar Paul Jenkins himself, der Erschaffer des Sentry, eilen zur Hilfe.

Die Geschichte wird jedoch nicht linear erzählt, sondern enthält mehrere Handlungsstränge in verschiedenen Zeitebenen. Der aufmerksame Leser wird ziemlich bald herausfinden, dass Sentry im Grunde gar nicht im Mittelpunkt steht. Wesentlich schockierender ist die Einführung der „Illuminaten“, ein mysteriöser Geheimbund, welcher von erheblicher Bedeutung für die unmittelbare Zukunft des Marvel Universums sein wird.

Der Band hat trotz einer teilweise unnötigen Komplexität einen hohen Unterhaltungswert, sofern man sich für die Figur des Sentry interessiert. Befremdend für den Leser könnte jedoch die Tatsache sein, dass es sich hier um ein Dialog lastiges Popcorn Comic handelt. Normalerweise sprühen die seichten Serien vor Action, aber wie die erfahrenen Marvel Fans mittlerweile wissen, ist „Action“ nicht gerade Brian M. Bendis’ grösste Stärke.

Ich persönlich halte das Konzept für ausgesprochen erfrischend. Was mich an dieser Serie jedoch am meisten fasziniert, ist die Continuity Relevanz. Die „New Avengers“ sind momentan die Achse, um die sich das Marvel Universum dreht und das spürt man in jedem Heft, auf jeder Seite und in jedem Panel. Es ist mir natürlich bewusst, dass „Continuity“ nicht von allen als ein legitimes Kriterium zur Bewertung eines Comics anerkannt wird. Fans legen in der Regel wesentlich mehr Wert darauf als gelegentliche Leser. Objektiv gesehen, muss man jedoch einsehen, dass Continuity für ein Universum, welches vom Prinzip her auf fortlaufenden Serien und altbekannten Charakteren beruht, ein fundamentaler Aspekt des Storytelling ist und einen Grossteil der Faszination ausmacht. Dennoch ist auch bezüglich dieses Themas, wie bei allen Dingen, ein gesundes Mittelmass angebracht.

Ein weiterer Pluspunkt dieser Storyline ist das fulminante Artwork durch den Kanadier Steve McNiven, der es irgendwie hinkriegt trotz eines sehr individuellen Stils die Mehrheit der Leser zu begeistern. Die beinahe „geometrischen“ Geschichtszüge und Posen faszinieren durch ihre Ausdruckstärke und Ruhe und die cremige Kolorierung unterstütz diese graphische „Harmonie“.

Insgesamt ist „Sentry“ trotz einer unkonventionellen Kombination von Erzähl- und Storyelementen ein interessantes Leseerlebnis, welches wohl vor allem für die Fans und weniger für die Leser gedacht ist. Da ich beides bin, erhält der Band von mir folgende Schlussbewertung:

8/10
Lamond
Review zu New Avengers: Breakout TPB 1 von LL.
Review zu The Sentry von Lamond.