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Sonntag, Juni 04, 2006

Sleeper: The Long Way Home TPB 4

Written by Ed Brubaker, pencils by Sean Phillips (DC Comics/Wildstorm). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Sleeper wurde in der zweiten Staffel zusehends grauenvoller und verzweifelter. Zum Ende der ersten Season lagen die Erzählstränge offen: Carver wurde enttarnt und Lynn erwachte aus dem Koma. Zum Auftakt der Relaunch wurde dem Undercover-Agenten ein "Exit" angeboten. Gleichzeitig versprach auch Tao Holden trotz dessen Vertrauensbruchs einen neuen Platz in seiner Geheimorganisation zuzusprechen. Dergestalt hin- und hergerissen verwandelt sich Carvers Leben immer mehr in einen Scherbenhaufen. Sein Auftrag gleicht nunmehr einer "Mission Impossible". Es darf dem tapferen Mann eigentlich nur noch um das nackte Überleben gehen, denn sicher wird er weder dieseits, noch jenseits des schmalen Grats sein. Gespannt warte ich darauf, ob und wie sich Holden Carver mit einem Scherenschlag aus der Misere befreit. Ein erster Schritt muss sein, jedes Taktieren zu beenden. War Carvers Charakter zu Beginn der Serie noch impulsiv und zuweilen gewalttätig, weichen diese Züge immer mehr einer zärtlichen Gelassenheit, die ihn sein Schicksal erträglicher erscheinen lässt.

Mit dem vorliegenden vierten Trade endet die Miniserie. Als solche funktioniert Sleeper hervorragend: Das abgeschlossene Ende garantiert eine zügige Storyentwicklung und die Zielführung loser Plotenden. Einziger Minuspunkt in Season 2 mögen die wenig ausgeprägten Nebencharaktere sein.

Sean Phillips gelingt es wie niemand anderem Gunfights zu inszenieren. Schläge und Tritte waren gestern. "In" ist eine realistische Brutalität, die mit "John Woo"-haften Choreographien gepaart ist. Daneben nutzt Phillips gehäuft kleine, auf der ganzen Seite verstreute Panels, die sowohl begrenzend, als auch chaotisch wirken. Phillips bedeutungsschwangere Schatten und Strachans Vorliebe für düstere Farben erschaffen ein modernes Noir, in dem die neongrellen Superkräfte und Technologien des Wildstorm-Universums mit den skizzenhaften Gesichtern und dem dunklem Himmel harmonieren.

In der ersten Staffel wurde Carver als Doppelagent in eine terroristische Geheimorganisation geschleust. Zwischenzeitlich flog sein Undercover-Status auf, doch das Vabanquespiel geht weiter. Die Eigenheit eines solchen Spiels ist, dass keine Partei gewinnen wird. Die zunehmende Isolierung des Protagonisten löst Brubaker mit einem Geniestreich auf, wenn er die Bedeutung des Titels "Sleeper" einer neuen Interpretationsebene zuführt. Dabei thematisiert Sleeper nicht den Kampf Gut gegen Böse oder Ordnung gegen das Chaos. Der Nukleus der Serie ist die Liebesbeziehung zwischen Carver und Miss Misery. Diese Liebes- und Gewaltbeziehung hat trotz aller moralischen Dilemma, in der die Liebenden stecken, etwas Wahrhaftiges. In der Liebe, so Brubakers romantischer Tenor, findet der Suchende seine Erfüllung.

10/10
Philos
Review zu Sleeper: Season One (TPB 1 & 2) von Lamond.
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