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Samstag, Dezember 30, 2006

New Avengers: The Collective TPB 4

Written by Brian M. Bendis, pencils by Steve McNiven and Mike Deodato Jr. (Marvel). Deutsch: Spider-Man und die neuen Rächer # 8-10 (PaniniComics Deutschland).





























Unter den vielen Kritiker dieser kommerziell überdurchschnittlich erfolgreichen Comicserie, zählen Fans der „alten“ Rächer zu den lautesten Stimmen. Dazu möchte ich ein wenig ausholen.

Die Rächer sind traditionellerweise das Superheldenteam im Marvel Universum, welches sich der grössten Herausforderungen annimmt oder zumindest dann gerufen wird, wenn die Gefahr zu gross ist, als das sie von einem einzelnen Helden oder von den restlichen Gruppierungen bewältigt werden könnte. Soweit macht das durchaus Sinn, denn wofür sonst sollten „Earths Mightiest Heroes“ eingesetzt werden, Schreibtischarbeit? Wohl kaum.

Während der ersten Abenteuer des neuen Rächer-Teams erlebte man sie jedoch dabei, wie sie von ein paar unorganisierten Mutanten („Savage Land“) gefesselt, von einem drittklassigen Gauner (Wrecker) hingehalten, von den Thunderbolts nach Strich und Faden verprügelt und schliesslich von paar Ninjas beinahe besiegt wurden. Wenn das die mächtigsten Helden der Welt sind, dann kann es nicht gut um unser geliebtes Marvel Universum stehen. Doch warum unterläuft einem so erfahrenen Autor wie Brian M. Bendis so ein gewaltiger Fehler? Oder könnte es allenfalls sein, dass er sich bei dieser Entwicklung tatsächlich was gedacht hat? Das werden wir bald erfahren, denn in „The Collective“ müssen die Rächer sich nach langer Zeit wieder einer kosmischen Bedrohung stellen.

Mitten in einem Streitgespräch zwischen Maria Hill und Tony Stark, in welchem die neue S.H.I.E.L.D.-Direktorin alles über ein mysteriöses Ereignis, namens HOUSE OF M in Erfahrung bringen will, beginnen die Alarmsirenen des Hellcarriers zu heulen. Etwas Ausserirdisches hat mit voller Wucht in Alaska eingeschlagen und bewegt sich nun mit hoher Geschwindigkeit auf die Kanadisch-Amerikanische Grenze zu.

Verzweifelt sucht Direktorin Hill nach Möglichkeiten, das unbekannte Etwas aufzuhalten, doch nachdem es ohne zu zwinkern eine S.H.I.E.L.D. Kommandoeinheit und das kanadische Superhelden Team ALPHA FLIGHT ausgelöscht hat, bleiben der strengen Mrs. Hill nur noch wenige Optionen, sodass sie – auf ausdrückliche Anweisung des Präsidenten der Vereinigten Staaten – gezwungen ist, sich an das angefeindete neue Rächer-Team zu wenden.

Diese lassen sich nicht lange bitten und eilen sofort zu Hilfe. Während Spider-Man und Vision, ein reguläres Mitglied der Young Avengers, zum Hellcarrier fliegen, um dort mit der Analyse dieses neuen Phänomens zu helfen, widmet sich das restliche Team der eigentlichen Gefahr – dem humanoiden „Michael“, der über eine unglaubliche Macht zu verfügen scheint. Es tobt ein erbitterter Kampf.

Währenddessen macht Spider-Man eine interessante Entdeckung. Allem Anschein nach verfügt dieses Wesen, welches sich als „Michael“ zu erkennen gibt, über die kombinierten Fähigkeiten derjenigen Mutanten, die im Verlauf des HOUSE OF M ihre Kräfte verloren haben. Als er seine Theorie jedoch gegenüber der anwesenden S.H.I.E.L.D.-Direktorin äussert, macht er einen entscheidenden Fehler, denn ihr bietet sich nun die perfekte Gelegenheit, sich das gesamte Wissen um das HOUSE OF M-Ereignis anzueignen. Ihr skrupelloses Vorgehen lässt dabei erahnen, dass das Zeitalter der Superhelden im Marvel Universum an einen kritischen Punkt angelangt ist.

In der Zwischenzeit haben die restlichen Rächer ihre Strategie im Kampf mit dem „Über-Mutant“ geändert. Sie lassen von ihm ab und hoffen so zu erfahren, was er vorhat. Dieser lässt sich die Gelegenheit nicht entgehen und setzt seine Reise fort. Sein Ziel: Genosha!

„The Collective“ enthält alle Zutaten, die eine klassische Avengers Geschichte braucht: Ein beinahe unbesiegbarer Schurke, funktionierende Gruppendynamik, haufenweise Continuity und massenhaft Action. Nichtsdestotrotz wirkt das Ganze frisch. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Leser, die bezüglich der jüngeren Marvel Continuity nicht so sattelfest sind, ins Straucheln geraten könnten, denn es werden viele vergangene Ereignisse angesprochen, wie z.B. Secret War, House of M und gegen Ende auch Grant Morrisons New X-Men Run. Die Fanboys hingegen werden mit solchen Anspielungen für ihre langjährige Treue belohnt.

Nun zu den Zeichnern: Während Steve McNiven wieder einmal unter Beweis stellt, dass er der momentan wohl talentierteste Zeichner bei Marvel ist, schwankt die Qualität von Mike Deodatos Artwork erheblich. Während er zu Beginn noch zu überzeugen vermag, baut er gegen Ende stark ab. Zu skizzenhaft, ja lieblos wirken die Panels, als ob er unter grossen Zeitdruck gestanden hätte. Das ist nicht nur schade, sondern ärgerlich, denn wer seine vergangenen Arbeiten kennt (Incredible Hulk, Amazing Spider-Man), weiss, dass er auch anders kann.

Auch nach dieser Storyline bleibt jedoch offen, weshalb die New Avengers in den ersten Geschichten solche Schwierigkeiten mit drittklassigen Gegnern hatten. Ich persönlich sehe darin keinen Widerspruch und schon gar keinen Fehler. Es ist allgemein bekannt, dass komplexe Probleme (The Collective) komplexe Lösungen (New Avengers) erfordern und umgekehrt. Versucht man nun also ein kleines Problem (z.B. Wrecker) mit einer komplexen Antwort (New Avengers) zu lösen, wird man höchstwahrscheinlich scheitern. Ein Beispiel aus dem Alltag – Wie tötet man eine lästige Fliege? Mit einer Fliegenklatsche. Versucht man nun die Fliege mit einer Maschinenpistole zu erlegen, wird man aller Wahrscheinlichkeit nach kläglich scheitern. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Maschinenpistole ungefährlich ist, sondern lediglich, dass es sich um eine ineffiziente Lösung handelt. Genauso erging es den New Avengers in den ersten Abenteuern.

Nachdem auch das geklärt ist, komme ich schliesslich zum Fazit: „The Collective“ ist inhaltlich der bisher beste Storyarc der New Avengers, da er nicht nur hervorragend zu unterhalten weiss, sondern auch sehr elegant auf vergangenen Ereignisse und bevorstehenden Entwicklungen verweist. Diese Serie ist weiterhin der Dreh- und Angelpunkt des gesamten Marvel Universums. Jedoch leidet die Gesamtbeurteilung unter dem uninspirierten Artwork Deodatos.

8/10
Lamond
Review zu New Avengers: Sentry TPB 2 von Lamond.