Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Juni 19, 2005

WE3 TPB

Written by Grant Morrison, art by Frank Quitely (DC Comics/Vertigo).

Als aus den drei Haustieren Bandit, Tinker und Pirate kybernetische Killer-Maschinen werden, hofft die US-Regierung eine neue Ära der Kriegsführung einzuläuten. Erneuert als 1, 2 und 3 bilden die tierischen Protagonisten ein ausgewogenes soziales Netzwerk, das arbeitsteilig seine tödlichen Missionen erfüllt. Trotz seines Erfolges wird das Programm auf Anordnung eines Senators eingestellt. Seine Schöpferin, Roseanne "Dr. Doolittle" Berry, lässt Weapon 3 (WE3) frei, in der Hoffnung, dass die Tiere ihrem Schicksal entfliehen können.

So unterschiedlich die Vierfüßler auch sein mögen, sie ergänzen sich perfekt. Während der Hund stets loyal gegenüber Menschen ist und deren Zuneigung sucht, folgt die befehlsresistente Katze lieber abseits ihren Mordgelüsten. Das Kaninchen ist der Mediator zwischen 1 und 2, wenn es nicht gerade mit seinem Stoffwechsel beschäftigt ist. Im Kampf funktionieren die Biester allerdings wie ein perfekt abgestimmter Organismus.

Die drei Protagonisten versuchen ein nichtexistierendes Zuhause zu finden. Dabei morden sie sich beinahe beiläufig durch Regierungstruppen, schweres Gerät und andere Killer-Cyborgs. Die tierische Hilflosigkeit wird durch den rudimentären Wortschatz unterstrichen. Und doch ist jedes Wort wie eine Salve. Im Moment der Verzweiflung, der Selbstaufgabe des Hundes, ist es ausgerechnet die unnahbare Katze, die ihn ermutigt und erkennt, das ersehnte Zuhause gefunden zu haben. Diese Szene ist vielleicht die rührenste, die ich je in einem Comic-Buch sah.

WE3 ist ein komplexes Werk, das vordergründig als Warnung vor menschlicher Hybris daher kommt. Es ist gekleidet in einer dreisten Amalgamierung von Splatter-, Horror- und Roadmovieelementen. Seine These wirkt absurd, denn es sind süße Haustiere, die Menschen abschlachten und Helikopter vom Himmel pusten. In einer meisterhaften Charakterisierung gelingt es Grant Morrison mit den Opfern menschlichen Wahnsinns Freundschaft zu schließen. Die abstrakten Dialoge sind nuanciert. Zentrales Thema des Werks ist die Selbsterkenntnis als Ausweg aus dem Leid - eine aufklärerische Reminiszenz.

Die Bilder von Frank Quitely runden Morrisons Geschichte ab. Sie zeigen die Macht der Tiere, die über einen anderen Sinn für Raum und Zeit verfügen und so perfekte Soldaten bilden. Quitely springt zwischen Panels, zeichnet aus irren Blickwinkeln, lässt den Leser aus Sicherheitskameras oder aus den technisch modifizierten Augen der Tiere schauen und beschleunigt das Storytelling durch den Wechsel von mikroskopischen 18-Panel-Seiten zu doppelseitigen Widescreen-Panels.

WE3 hinterlässt ein verstörendes Gefühl. Es ist innovativ und klassisch zugleich, kurzum der beste Comic, den ich in diesem Jahr gelesen habe.

10/10
Philos