Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Januar 29, 2006

Fantastic Four: JMS TPB 1

LL's US TPB-PREVIEW: Januar 2006
Written by J. Michael Straczynski, pencils by Mike McKone (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.
JMS schreibt die Fantastischen Vier. Was bedeutet das für die „Core“-Serie von Marvels First Family? Ist das wirklich so ein Event, dass der Name des Autors sogar im Titel des Hardcover genannt werden sollte?

Nach den genialen Charakterzeichnungen in Supreme Power konnte ich mir vorstellen, dass JMS den FV neues Leben einhauchen kann und diese Serie so interessant gestaltet, dass es sich lohnt nach Jahren wieder einzusteigen. Was lag also näher, als in den ersten Storyarc hinein zu schnuppern?

Der Start der Story weiß dann auch zu gefallen und wartet mit schönen Charakterisierungen, einem besonders in den ruhigen Momenten sehr gelungenem Artwork sowie einem Cliffhanger auf, der Appetit auf mehr macht. Positiv hervorheben muss ich dabei auch noch, dass JMS den FV wieder eine Continuity gibt, indem er auf die Ereignisse aus MK4 eingeht.

Doch was danach kommt befördert den Cliffhanger des ersten Kapitels leider zum dramaturgischen Höhepunkt der Gesamtstory. Denn das Folgende ist weder Fisch noch Fleisch, hat sehr gute Ansätze und geniale Momente deren Klasse von einer hanebüchenen Gesamtstory und nicht sauber herausgearbeiteten Details erdrückt wird.

Da ist zunächst einmal die Tatsache, dass JMS erneut eine Geschichte erzählt, die so ähnlich schon drei- oder viermal erzählt wurde und mit unnötigen neuen Facetten anreichert, die dazu führen, dass alte und neue Ereignisse sich gegenseitig ausschließen. Dann begegnet uns ein Reed Richards, der zunächst glaubhaft charakterisiert wird, und dann - nicht nur mit seiner geradezu hypernaiven Reaktion auf eine US-Militärprogramm zur Schaffung neuer Superwesen - komplett aus dem Ruder läuft, als wäre er weit davon entfernt, einer der hellsten Köpfe der Erde zu sein.

Alle Fehler, die JMS bei Spidey schon begangen hat, wiederholen sich hier: Wieder einmal ist es die Origin, an der dieser Autor herumdoktern muss, als könnte er es nicht ertragen, dass es Herkunftsgeschichten gibt, die nicht von einem großen Geheimnis umgeben sind bzw. die nicht von ihm überarbeitet wurden. Und JMS macht dabei nicht halt vor der Origin der FV: Was er hier aufbaut könnten konservative Kreise als Blasphemie bezeichnen, in meinen Augen ist es einfach nur albern, viel zu weit hergeholt und mystifiziert Reed in einer Art und Weise, die dem Charakter nicht zusteht. Der billige Trick, mit dem am Ende alle Probleme gelöst werden, erinnert noch dazu an Bobby Ewing unter der Dusche und da ich diesen Monat schon einmal ein Comic gelesen habe, bei dem ich dieses Gefühl hatte, nervt es gewaltig.

Hervorzuheben bleibt trotzdem das Artwork, die Einblicke in die Beziehung zwischen Sue und Reed und insbesondere die Darstellung von Ben Grimm. Betrachtet man nur diese Teile der Story und vielleicht noch den humoristisch angehauchten Schlagabtausch zwischen Sue und dem US-Pendant zum Jugendamt, fällt es schwer zu glauben, dass der gleiche Autor auch den Rest dieser Geschichte verbraten hat. Insgesamt bleibt ein sehr unausgegorener Eindruck zurück. Die guten Ansätze von JMS werden sicher ein paar Neukäufer anziehen, aber vermutlich ebenso viele Altfans und Gelegenheitsleser werden abspringen. Eine wirkliche Kaufempfehlung kann ich deshalb nicht aussprechen und in meinen Augen stellt diese erste Story keinen Grund dar, bei den FV zu verbleiben.

6/10
LL

Fables: Animal Farm TPB 2

Written by Bill Willingham pencils by Mark Buckingham (Vertigo). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Als ich mich damals zum Kauf des ersten "Fables" Bandes (Legends in Exile) entschloss, befürchtete ich, es handle sich bei Fables um eine Art „Ultimatisierung“ der alten Märchenwelt. Weit gefehlt. Willingham bedient sich der Charaktere um mit bekannten Genres zu experimentieren und Geschichten oder historische Ereignisse auf völlig erfrischende weise nachzuerzählen. Dabei setzt der Autor die Metaphern und Symbole, für welche die Figuren jeweils stehen, gekonnt ein und schafft damit Erzählungen, die so ungezwungen und unterhaltsam daherkommen, dass man als Leser vor Entzücken in die Hände klatschen möchte. Ich scheue mich nicht Willingham als einen modernen George Orwell dieses Mediums zu bezeichnen, denn es fällt mir ansonsten kein Comic Autor ein, der durch Fiktionen ein so präzises Ebenbild der Realität widerzugeben vermag. Nun, wie es der Zufall so will, entspricht der Titel des zweiten Bandes dem gleichnamigen Roman von George Orwell: Animal Farm. Die Parallelen zwischen diesen beiden Geschichten beschränken sich jedoch nicht alleine auf den Titel. Während das Original eine Parabel auf die Ereignisse der französischen Revolution war, ist Willinghams Geschichte eine Metapher auf Revolutionen und Staatsstreiche im Allgemeinen.

Es gibt zwei Arten von Fables, jene in menschlicher und jene in animalischer Form. Letztere können nicht in Fabletown leben, da sie den gewöhnlichen Menschen auffallen und damit das Geheimnis der Fabelgemeinschaft gefährden würden. Aus diesem Grund wurde weit entfernt eine Farm für die Tiere eingerichtet in der sie ungestört leben können. Hier setzt die zweite Geschichte an: Die Farmtiere sind alles andere als glücklich mit ihrer Situation, denn obwohl die Farm ihnen Sicherheit und Wohlstand bietet, fühlen sie sich als Gefangene im goldenen Käfig. Ihnen bleibt nur ein Weg zur Freiheit; die Rückkehr in die von feindlichen Truppen besetzte Heimat. Im Bewusstsein, dass sie die menschlichen Fables niemals von einem solch gewagten und unüberlegten Schritt überzeugen könnten, schmieden die Tiere unter der Führung des psychotischen Goldlöckchens, einen heimtückischen Plan.

Willingham beschreibt mit erschreckender Präzision, wie sich grundsätzlich vernünftige Wesen, unter bestimmten Umständen in mörderische Fanatiker verwandeln können. Der Autor nimmt jedoch nicht die Position des Pädagogen ein, der die Leser mit eindeutigen Botschaften erziehen möchte, nein, vielmehr beschränkt er sich auf das wertfreie Beobachten. Die Charaktere sind mehrschichtig, komplex und widersprüchlich, sodass man als Leser nicht immer weiss, wie man auf die Ereignisse reagieren soll (Ein Bisschen wie im wirklichen Leben). Die Zeichnungen sind diesmal von Mark Buckingham, dessen Stärke das Darstellen von Emotionen ist. Sein Artwork ist dynamisch und unterstützt damit den zügigen Storyverlauf.

Ich bin ein wahrer Fan dieser Serie und stelle jedes Mal erstaunt fest, dass Willingham sich von Seite zu Seite kontinuierlich steigert. Die Geschichten sind dicht und lassen niemals Langweile aufkommen. Zudem beherrscht er es wie kein anderer eine emotionale Verbindung des Lesers zu den Figuren herzustellen. Willingham verarbeitet in Fables gesellschaftliche und historische Ereignisse und präsentiert sie den Lesern unabhängig von Ort und Zeit. Zurück bleibt eine wertfreie Studie des menschlichen Verhaltens. Man merkt jedoch, dass der Autor die Menschen nicht trotz, sondern gerade aufgrund ihrer Fehler liebt und das ist bei all den Schwarzsehern in der Comic­-Branche ein wahrlich befriedigendes Lese-Erlebnis. Obwohl es vielleicht noch etwas zu früh ist, wage ich die Prognose, dass diese Serie in einigen Jahren zu den klassischen Comic-Werken zählen und in einem Atemzug mit Sandman oder Preacher genannt wird, zumindest von mir.

10/10
Lamond

Review zu Fables: Legends in Exile TPB 1 unter