Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Juni 18, 2006

Kaines Top 5: Mai 2006

Ohne bestimmte Reihenfolge, aber mit Spoilern.

· Civil War # 1 Marvel $3.99 written by Mark Millar, pencils by Steve McNiven, inks by Dexter Vines 03.05.06

Nach den eher durchschnittlichen Events der letzten Zeit kündigt sich mit Civil War # 1 ein durchschlagender Erfolg an. Millar verbindet zum Auftakt eindrucksvoll Action, Reaktion der Helden, der Bevölkerung und der Politik zu einem stimmigen Ganzen. Dabei bedient er sich lediglich für den Auslöser der Ereignisse einiger Schurken und konzentriert sich anschließend voll und ganz darauf, die Entwicklung zum Superhuman Registration Act darzustellen und beiden Seiten überzeugende Argumente zu liefern. Das zieht sich von Human Torchs Erlebnissen vor eine Disco über Tony Starks Erfahrungen nach einer Trauerfeier bis zum nachvollziehbaren Aufbau Iron Mans und Captain Americas als Führer der gegensätzlichen Parteien. Beeindruckend in Szene gesetzt wird das ganze von Steve McNiven, der sowohl in den Actionszenen, als auch in den ruhigeren Momenten überzeugt.

· Daredevil # 85 Marvel $2.99 written by Ed Brubaker, Art by Michael Lark & Stefano Gaudiano 24.05.06

„The Devil in Cell-Block D, Part Four“ Brubaker macht eigentlich nicht mehr als in den letzten Heften. Er läßt die Hauptakteure ihre Positionen weiter abstecken und heizt die Stimmung für das bevorstehende Finale weiter auf. Dabei kommt zu keinem Zeitpunkt Langweile auf und Brubaker weist deutlich auf unerwartete, aber nachvollziehbare Allianzen im nächsten Heft hin. So sind vor allem die verbalen Konfrontationen zwischen Fisk und Murdock, sowie zwischen Urich und Jameson hervorzuheben. Lark und Gaudiano unterlegen das Ganze wieder mit gelungenen, zur Atmosphäre passenden Zeichnungen.

· Fear Agent # 4 Image $2.99 written by Rick Remender, pencils by Tony Moore & Jerome Opena, inks by Mike Manley 17.05.06

Mit der Möglichkeit, durch eine Reise in die Vergangenheit eine drohende Katastrophe abzuwenden und dank dem barbarisch wirkenden, aber zivilisierten Riesen, greift der Autor weitere klassische Science-Fiction Elemente auf. Zwar rückt die Action immer mehr in den Vordergrund und die Story verläuft in vorhersehbaren Bahnen, doch mindert das nicht den Spaß, den sowohl Remender als auch der Leser haben. Zudem läßt es sich Remender nicht nehmen einen Cliffhanger einzubauen, der insbesondere in Anbetracht der sonstigen Vorhersehbarkeit eine richtige Überraschung ist. Diesmal gibt es an Moores Zeichnungen durchaus etwas zu bemängeln, nämlich dass sie nicht das ganze Heft füllen. Mit Opena wurde zwar ein sehr guter Ersatz gefunden, doch gerade im direkten Vergleich reicht er nicht ganz an Moore heran.

· Captain America # 18 Marvel $2.99 written by Ed Brubaker, Art by Steve Epting 17.05.06

„Twenty-First Century Blitz, Part One of Four“ Captain America folgt Lukins Fährte nach London, wo er Unterstützung von Union Jack und Spitfire erhält. Doch er ist nicht der Einzige mit diesem Ziel und außerdem ist ihm Lukin nach wie vor einige Schritte voraus. Man merkt Brubaker an, das er seine Story weit im Voraus geplant hat und so fügen sich die letzten Hefte nach und nach sinnvoll in die Handlung ein. Auch dass bei einer Story, in der der Red Skull trotz seiner Ermordung noch Teil der Handlung ist, früher oder später Deutschland und Nazis eine Rolle spielen, überrascht nicht. Es bleibt nur zu hoffen, dass Brubaker bei diesem Aspekt nicht allzu tief in den üblichen Klischees versinkt. Obwohl er hervorragende Vertreter hatte, ist es erfreulich Epting wieder an Captain America zu sehen, der der Serie ein eindrucksvolles Gesicht verleiht.

· DMZ # 7 Vertigo $2.99 written by Brian Wood, Art by Riccardo Burchielli 17.05.06

„Body of a Journalist, Part 2“ Nachdem die "Free States" Matt im letzten Heft eine überraschende Geisel präsentiert haben, wird er diesmal erstmals aus der DMZ geholt. Nach einer ausführlichen Befragung durch das US Militär, einer Auseinandersetzung mit seinem Vater und der Ausstattung mit neuem High Tech Equipment kehrt Matt wieder nach New York zurück. Wood nutzt die Gelegenheit um zu zeigen, dass Matt sich nicht klar zu einer Seite bekennt. Stattdessen wird Matts Angst ausgenutzt zu werden weiter geschürt. Burchielli unterstreicht die Stimmung weiter mit der gelungenen Darstellung der halbzerstörten Stadt.

Kaine

Thor: Blood Oath TPB

LL's US TPB PREVIEW: Juni 2006

Written by Michael Avon Oeming, pencils by Scott Kolins (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.





























Wie kaum ein anderer Autor ist Michael Avon Oeming zurzeit auf mythische Helden abonniert. Nachdem er dem alten Thor-Charakter im Rahmen des Disassembled-Crossovers den endgültigen, aber grandios erzählten Todesstoß versetzt hatte, schrieb er eine Mini um Beta Ray Bill (nicht ganz so mythisch, aber immerhin auch ein Charakter der den Seiten der alten Thor-Reihe entsprang), startete mit einer neuen Red Sonja-Ongoing bei Dynamite durch und bearbeitet mit der momentanen Ares-Mini einen Charakter, der in der Pole-Position für eine triumphale Rückkehr ins Marvel Universum steht. Zwischendurch entstand auch noch diese kleine Perle, die ich heute vorstellen darf: Thor: Blood Oath. Eine 6-teilige Mini aus der Zeit, als Thor noch mit dem Charakter Donald Blake identisch war.

Oeming leitet seine Story ein, wie eine x-beliebige Superheldenstory mit einem Kampf Thors gegen den Absorbing Man und versorgt den Leser im Anschluss mit ein wenig mythisch-wissenschaftlicher Pseudophilosophie aus Jane Fosters Mund, die uns die folgenden Kapitel immer mal wieder begegnen (nerven?) wird. Und damit ist auch schon alles Negative über diese Mini gesagt. Denn abgesehen von diesem Epilog, der immer mal wieder kurze Erwähnung finden wird, beginnt nun die eigentliche Story und dabei handelt es sich um eine klassische, epische Göttergeschichte, die in bester Tradition an die Taten des Herkules, die Abenteuer Sindbads und die Lügen eines gewissen Barons von Münchhausen anknüpft:

Thors Freunde, die Warriors Three, haben versehentlich in einer Zeit des Friedens den Sohn eines Riesen getötet und dieser, obwohl nicht im Geringsten erschüttert, weil sein Sohn ohnehin ein Nichtsnutz war, verlangt Gerechtigkeit im Althing, einer Versammlung der Asen und anderer nordischer Mythenwesen. Um den Frieden zu wahren und dem Recht genüge zu tun, werden die Warriors Three auf eine Mission geschickt, die nur Götter bewältigen können. In typischer Sagenmanier müssen sie verschiedene Aufgaben bewältigen und diverse magische oder mythische Gegenstände besorgen, wobei jede einzelne Aufgabe eigentlich nicht zu bewältigen scheint. Thor verknüpft vor dem Althing sein eigenes Schicksal mit dem seiner Brüder und begleitet diese unter der Auflage, dass er seinen Hammer während der ganzen Mission nicht zum Kampf benutzen darf.

Nun folgt eine Reise durch die nordische, griechische, keltische und ägyptische Götter- und Sagenwelt mit einem Kurzaufenthalt in Japan und auch wenn das Ende der Geschichte vorhersehbar ist, macht sie größten Spaß. Das liegt untere anderem daran, dass Oeming seine Charaktere zwar mit allem gebührenden Respekt behandelt, aber die Story nicht absolut bierernst nimmt und zahlreiche Episoden mit mehr als nur augenzwinkerndem Humor einbaut. Glücklicherweise verzichtet er auch größtenteils auf die gestelzte Sprache, die Thor in seiner eigenen Ongoing für manchen Leser unverdaulich machte und nicht selten den Grund für Karikaturen lieferte. Menschlich wirken diese Marvel-Götter und Helden und kommen damit Ihren nordischen Vorbildern näher, als ich das von bisherigen Thor-Abenteuern kenne. Auch andere Aspekte der nordischen Mythologie lässt Oeming immer wieder einfließen und belegt damit, dass er den Hintergrund der Geschichte, die er erzählt gut kennt und zu würdigen weiß. Das erstaunliche ist, dass ich bei den unterschiedlichen Arbeiten von Oeming das Gefühl habe, zwar jedesmal einen guten, aber auch immer einen anderen Autor zu lesen. Oeming wiederholt sich nicht und hat immer wieder neue Ideen. Dass er dieses Mal dafür im Fundus alter Sagen kramt, kann ich ihm nicht vorwerfen, denn die Umsetzung ist einfach gelungen.

Auch Scott Kolins erweist sich als Glücksgriff für die Mini. Seine Zeichnungen sind detailliert aber nicht zu komplex und fern jeder futuristischen Technisierung, die Asgard unter Kirby zwar fremdartig erschienen lies, aber vom Fantasy-Bereich eher in die Science Fiction verlegte. Noch dazu bringt er es fertig jedem seiner Charaktere die unterschiedlichsten Gesichtsausdrücke von Wut bis zu drolliger Verzweiflung abzuringen, ohne dass die Identität der einzelnen Personen verloren geht. Seine Landschaften und Hintergründe sind fantastisch anzuschauen, die Actionszenen stimmig und dynamisch. Die Colorierung vollendet den mythischen Gesamteindruck einer rundum gelungenen und unterhaltenden Sage, von deren Art ich gerne öfters eine lesen würde.

9/10
Robert Löhr a.k.a. LL

Marvel Knights 4: Impossible Things Happen Every Day TPB 4

Written by Roberto Aguirre-Sacasa, pencils by Valentino DeLandro, Mizuki Sakibara & Ron Frenz (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Die Welt von Marvel wird momentan durch enorme Egos geprägt. So ist z.B. Brian M. Bendis dafür bekannt, drastische Eingriffe am Universum vorzunehmen, um es seinen kreativen Bedürfnisse anzupassen, genauso Mark Millar. JMS wiederum vergeht sich nur all zu gerne an den Entstehungsgeschichten bestimmter Marvel Ikonen (Spider-Man, Fantastic Four) und Warren Ellis hält nichts, aber auch gar nichts, von Continuity. Garth Ennis hat mal eben einen Charakter bis zur Unkenntlichkeit umgeschrieben (Punisher) und Peter David hält sich ohnehin für einen Comic-Gott. Versteht mich nicht falsch, ich halte alle die hier genannten Autoren für begnadete Künstler, aber nur zu oft ignorieren sie, dass die von ihnen eingesetzten Figuren eine Jahrzehnte alte Geschichte haben, in welcher sie weitestgehend charakterisiert und definiert wurden.

Es gibt dann natürlich auch die Fraktion Comic-Traditionalisten, welche „Old school“-Geschichten erzählen, die zwar gelegentlich Spass machen aber aufgrund des „altbackenen“ Flairs meist nur in den nostalgischen Fans ein Zielpublikum finden.

Doch wo lässt sich Roberto Aguirre-Sacasa einordnen?

Inhumane (2-Teiler)

Seit Jahren schon stehen die Inhumans den Fantastischen Vier als verlässliche Alliierte, treue Freunde und gelegentliche Babysitter zur Seite. Doch bisher hat sich niemand kritisch mit ihrer gesellschaftlichen Ordnung auseinandergesetzt. Die Inhumans leben in einer rigiden Klassengesellschaft in der die sogenannten „Alpha Primitives“ als Sklaven gehalten werden. Wie können unsere Helden, die schon so oft für Freiheit und Gerechtigkeit und gegen Tyrannei und Unterdrückung gekämpft haben, eine freundschaftliche Beziehung zu dieser „unmenschlichen“ Zivilisation unterhalten? Wahrlich eine legitime Frage, in welcher der Autor – wie schon so oft in seinem Run – zeigt, dass es ihm ausserordentlich wichtig ist, aktuelle gesellschaftliche, philosophische und politische Themen in seine Storylines zu integrieren. Doch im Gegensatz zu Leuten wie Reginald Hudlin, die ihre Serien als Medium politischer Propaganda missbrauchen und den Leser zu indoktrinieren versuchen, pflegt Aguirre-Sacasa eine sensiblere, differenziertere Herangehensweise, in welcher der Leser zum nachdenken angeregt werden soll. Leider erwartet die Mehrzahl der Leser etwas vollkommen anderes von den Fantastischen Vier. Nur so lässt sich der kommerzielle Misserfolg dieser aussergewöhnlich intelligenten Serie erklären.

Ladies Night (Single Shot)

Das Ehepaar Richards müsste heute ihren Hochzeitstag feiern, doch als Sue an diesem besonderen Tag aufwacht, liegt sie alleine im Ehebett. Voller Enttäuschung stellt sie fest, dass ihr Gatte ohne auch nur die geringste romantisches Detail zu hinterlassen, seine nächste Expedition in Angriff genommen hat. Typisch Reed, in seinem unerschöpflichen Wissensdrang hat er einmal wieder seine familiären Pflichten vergessen. Susan, die zwar wenig überrascht aber umso enttäuschter ist, wird schmerzhaft an die Mehrdeutigkeit ihres Superheldennamens erinnert, „Invisible Woman“. Doch bevor sie vollends im Selbstmitleid ertrinkt, bekommt sie einen Anruf von Alicia, die, in Anbetracht der Umstände, keine Sekunde zögert einen Frauen Abend zu organisieren, an dem Erstaunliches aus Sues Vergangenheit ans Tageslicht kommt.

Der Autor widmet sich in diesem Einteiler der Rolle der Frau im Marvel Universum und zeigt, wieviel sich seit den ersten Abenteuern in den 60er Jahren verändert hat. Obwohl auch diese Idee ziemlich interessant ist, wirkt die Umsetzung ein wenig fad bzw. einen Tick zu brav, was man dann auch am wenig originellen, zuckersüssen Happy End erkennt.

The Yancy Street Golem (Single Shot)

Die jüngeren Leser dürften nicht all zu viel über die Vergangenheit des „Dings“ wissen, zumal die Beliebtheit dieser Figur in den vergangenen Jahren drastisch gesunken ist. Es mag vielen vielleicht merkwürdig erscheinen, aber „The Thing“ war früher auf einer Beliebtheitsebene mit Spider-Man. Zu der Zeit war Wolverine noch ein Nebencharakter.

Aguirre-Sacasa widmet sich in dieser Kurzgeschichte dem Mythos von Ben Grimm und dessen Charakterzüge - Aufrichtigkeit, Loyalität und Bodenständigkeit. Ein nachdenklicher und zu tiefst melancholischer Ben wird beauftragt in seinem ehemaligen Viertel ein Golem zu stoppen, der ausser Kontrolle geraten ist. Auf raffinierte Art lässt uns der Autor an der Nostalgie des Charakters teilhaben um schliesslich mit einem ergreifenden Blick in die Zukunft abzuschliessen.

Impossible Things Happen Every Day (2-Teiler)

In der letzten Geschichte dieses Bandes offenbart uns der Autor seine kindliche Freude an seinem Beruf und zwar in dem er sich selbst in das Abenteuer einbringt. Mit viel Fantasie und einer Prise Humor wird uns ein Einblick in ein Marvel Universum gewährt, in welchem das Haus der Ideen mit seinen Helden koexistiert. Trotz gelegentlicher Seitenhiebe, wirkt das Ganze aber ein wenig zu brav. Doch letzten Endes wird man auch in diesem Zweitteiler hervorragend unterhalten.

4 Stories, 3 Zeichner

Nachdem in der ersten und meiner Meinung auch besten Storyline der sagenhafte Steve McNiven den Pinsel schwang, mussten sich die Leser fortan mit solidem Mittelmass zufrieden geben. Das änderte sich auch in diesem Band nicht. Valentino DeLandro, der sich an seinem Vorgänger orientiert, kann zweifelsohne gut zeichnen, ist aber leider unkonstant. Das Artwork reicht von „hervorragend“ bis „amateurhaft“. Ron Frenz wurde nur sporadisch bei „Ladies Night“ eingesetzt um die Panels aus der Vergangenheit authentisch wirken zu lassen. Die letzte Geschichte wurde schliesslich vom mir unbekannten Mizuki Sakakibara graphisch umgesetzt. Auch hier kann man von einem soliden Artwork sprechen, das jedoch die wenigsten vom Hocker reissen dürfte. Störend war hier lediglich die farbenfrohe, beinahe grelle Kolorierung.

Aguirre-Sacasa und der dritte Weg

Roberto Aguirre-Sacasa ist sozusagen der Kompromiss zwischen den zwei Autoren Kategorien, die ich in der Einleitung genannt habe. Er schreibt frische, moderne und tiefgründige Geschichten, ohne dabei die historische Last der Figuren zu ignorieren. Er bringt den Charakteren den Respekt entgegen, den sie verdienen.

Leider wird er bisher weitestgehend von den Lesern ignoriert. Es bleibt zu hoffen, dass er mit seiner neuen Serie „Sensational Spider-Man“ (ehemals MK Spider-Man) mehr Aufmerksamkeit bekommt. Verdient hätte er es allemal.

Fazit

„Impossible Things Happen Every Day“ ist wie die letzten beiden Bände überdurchschnittlich. Das Niveau der Debutstory bleibt jedoch weiterhin unerreicht. „MK 4“ dürfte vor allem für jene Comicleser reizvoll sein, denen die Mehrheit der Marvel-Serien zu actionlastig und oberflächlich erscheint.

7.5/10
Lamond
Review zu MK 4: Divine Time TPB 3 von Lamond TPB 3.