Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Mittwoch, März 30, 2005

Green Arrow: Archers Quest TPB 3

Written by Brad Meltzer, pencils by Phillip Hester and inks by Ande Parks (DC Comics). Deutsch: "Green Arrow - Das Leben nach dem Tod" (Panini Comics, ISBN 3-89921-918-X).

Brad Meltzer trat ein schweres Erbe an, als Kevin Smith seinen phantastischen Green Arrow-Run nach 15 Heften einstellte. Smith hatte den Grünen Pfeil wieder zum Leben erweckt und ihn die besten Geschichten seines Comicheldendaseins erleben lassen. Nichtdestotrotz begann Meltzers Run in Issue 16 vielversprechend, indem er einen Unbekannten an Oliver Queens Beerdigung teilnehmen ließ. Dieser Unbekannte schaute nicht nur grimmig in die Fotokamera, sondern veranlasste Olli nach seiner Widergeburt herauszufinden, was es mit dem Mann auf sich hat.

Viel zu schnell endet dieses Rätsel und was sodann passiert wird dem vorauseilenden Ruf von "Archers Quest" (Green Arrow #16 - #21) nicht gerecht. Kurzum, die Geschichte zieht sich hin. Oliver Queen macht sich auf die Suche nach seinem vermeintlichen Nachlass. Dabei wird deutlich, dass Meltzers Zielgruppe keine Neuleser sind, denn für diese ist der Zugang in Anbetracht der vielen Erinnerungen, Anspielungen und Rückblicke nicht leicht. Vielmehr hatte der Autor die Old school-Nostalgiker im Visier. So erklärt sich das Hinzutreten der Green Arrow-Familie und viele Artefakte vergangener Tage wie die Arrow-Höhle. Für jede Zielgruppe stellt hingegen der ein ganzes Heft beanspruchende Kampf mit Solomon Grundy ein Frechheit dar.

Fokus bildet immer der Mensch Green Arrow, hin- und hergerissen zwischen Superheld und Familienvater. Diese Betrachtung an sich ist reizvoll und stellenweise gelingt Meltzer die komplexe Persönlichkeit Oliver Queens herauszuarbeiten. Vieles bleibt jedoch unscharf und vergeben. Der Eindruck entsteht, der (nichtvorhandene) Plot dieses Arcs ist nur die Hebebühne für Meltzers Charakterisierungen. Deutlich wird dies, wenn Oliver Queen mit anderen Personen interagiert. Schönstes Beispiel ist wohl die Konversation mit Superman zu Beginn der Story. Leider steigern sich die Dialoge im Folgenden mit Roy Harper ("Arsenal") nicht. Etwas unentschlossen tastet Meltzer das Verhältnis Olivers zu seinem Ziehjungen ab. Auch die Beinahe-Verlobung mit Dinah Lance ("Black Canary") offenbart sich als redundant.

Die schönste Kunst in der Serie sind Matt Wagners fantastische Cover. Hester und Parks Illustrationen unstreichen den Plot auf angenehme Weise. Sie sind simpel, cartoonish und dunkel. Vor allem der Titelheld gelingt ihnen. Letztlich sind es aber keine Hingucker.

6/10

The Pulse: Thin Air TPB 1

Written by Brian M. Bendis, pencils by Mark Bagley (Marvel). Deutsch: "Thin Air" (The Pulse #1 - #5) erschien in "Der spektakuläre Spider-Man" #11 (Jan. 2005) - #15 (Mai 2005) (Panini Comics Deutschland).

Als Mitte der 90er die Comic-Branche in ihrer bisher grössten Krise steckte, mussten neue Ideen her, um das Überleben dieses ehemals grossen Unterhaltungsmediums zu sichern. Natürlich hat jedes Problem mehrere Ursachen, jedoch eine der Lehren, welche die grossen Comic-Unternehmen (Marvel und DC) aus dieser Zeit gezogen haben, war die Tatsache, dass die Fans sich nicht mehr mit inhaltsschwachen, künstlich aufgeblasenen Storys abspeisen liessen. Marvel reagierte, und engagierte wieder die besten Comic-Autoren, die man für Geld bekommen konnte. Bendis ist lediglich der bekannteste. Es war eben diese Generation junger Autoren, die das stilistische Hilfsmittel des Perspektivenwechsels bei Comics für sich entdeckte. Vorbei war die Zeit in der die Geschichten lediglich aus der Sicht des ohnehin bekannten Superhelden oder -schurken erzählt wurden. Comics wie "Powers" (Bendis), "Gotham Central" (Brubaker/Rucka), "Marvels" (Busiek) oder eben "The Pulse" (Bendis) stellen die Nebencharaktere in den Vordergrund.

Im Mittelpunkt dieser Serie stehen einige mehr oder weniger bekannte Nebencharaktere. Einer dieser Charaktere ist Jessica Jones, die einigen Insidern wohl aus "Alias" bekannt sein wird, eine Comicserie (auch von Bendis), die innert kürzester Zeit Kultstatus erreicht hat. Jessica Jones ist Privatdetektivin. Eigentlich nichts besonders, wenn da nicht ihre Vergangenheit wäre. Jessica hat nämlich Superkräfte. Sie hat sich jedoch früh gegen eine Karriere als Superheldin entschieden, was diese Figur in der Tat einzigartig macht. Weiter sind da der bekanntere James Jonah Jameson (cholerischer Chefredakteur des Daily Bugle) sowie Ben Urich (Star-Reporter des Daily Bugle).

„Worum geht es nun?“ werdet Ihr fragen. Der mittlerweile schwangeren Jessica wird bewusst, dass sie ihr Kind nicht durch die gefährliche Detektivarbeit gefährden möchte. Doch ihr Partner und der Vater des Kindes, Luke Cage (a.k.a. Power-Man, hero for hire) ist nicht gerade reich, und so macht sich Jessica auf die Suche nach einem neuen Job.

Gleichzeitig erkennt Jonah, dessen Zeitung durch die ständigen Schmutzkampagnen gegen die von der Öffentlichkeit geliebten Superhelden rapide an Leserschaft verliert, dass er einen neuen Weg einschlagen muss, wenn er die Existenz seiner Zeitung garantieren will. Er beschliesst ein Magazin (The Pulse) zu lancieren, welches sich ausschliesslich mit dem Leben der Superhelden befasst. Er macht Ben Urich zum Verantwortlichen dieses Projektes, doch er will kein Risiko eingehen und so beschliesst er zusätzlich eine Expertin für Superhelden-Angelegenheiten als Beraterin zu engagieren. Wer wäre da wohl besser geeignet als die arbeitslose Jessica Jones? Schon bald präsentiert sich die erste Story, die bekannte Marvel Figuren betrifft, u.a. Spider-Man und seinen Erzfeind, den Grünen Kobold.

Insgesamt ist es eine lesenswerte Serie, die stellenweise mit überraschenden Wendungen und feinen Dialogen glänzt. Man merkt jedoch beim Lesen, dass Bendis nicht gerade die kreativste Phase seiner Karriere hatte und deshalb kann man ehrlicherweise nicht von einer grandiosen Storyline sprechen. Das Konzept hat allerdings Potential und so kann man hoffen, dass sich die Plots nach den ersten sechs Ausgaben noch steigern werden. Ich für meinen Teil empfehle die Serie all jenen, die nicht genug von Bendis’ Geschichten und Mark Bagleys Zeichnungen (Ultimate Spider-Man) bekommen können. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Panini Comics "The Pulse" als Zweitserie im Heft "Der spektakuläre Spider-Man" veröffentlicht. Also riskiert einen Blick.

7/10
Lamond

Y the last man: Unmanned TPB 1

Written by Brian K. Vaughan, pencils by Pia Guerra and inks by José Marzán Jr. (Vertigo). Deutsch: "Y - the last man: Entmannt" Band 1 (Speed Comics, ISBN 3-936068-80-1).

Der letzte Mann auf Erden zu sein ist zwar kein wahrscheinliches Szenario, aber eine um so realere Männerphantasie. Wenn Sie ein Mann sind, wissen Sie wovon ich spreche, wenn Sie eine Frau sind, werden Sie es mir wohl oder übel glauben müssen. Yorick, der Hauptcharakter dieser Serie, benannt nach einem Hofnarr in Shakespeares Hamlet, ist wie sein Namensgeber eine ambivalente Figur. Einerseits ist er ein heller Kopf, schlagfertig und witzig, der zu jeder Situation den richtigen Spruch bereit hat; andererseits ist er ein Tollpatsch, unbeholfen und naiv, der keine Gelegenheit auslässt sich und seine Begleiter in akute Lebensgefahr zu bringen.

Die Geschichte beginnt ohne grosses Vorspiel. Nachdem Yoricks engstes Umfeld eingeführt wird (Mutter, Schwester, Freundin), kommt das Unausweichliche: Alle Männer auf der Welt sterben im selben Augenblick eines qualvollen, aber schnellen Todes - alle bis auf, wie könnte es auch anders sein, Yorick, den letzten Mann. Weshalb alle Männer sterben wird nicht aufgeklärt, genauso wenig wie das Überleben eines einzigen Mannes. Der Autor gibt dem Leser zwar einige Hinweise, wie z.B.: Ampersand, das kleine Kapuzineräffchen, welches Yorick zu einem Helferaffen ausbilden sollte oder ein vermeintlich magischer Verlobungsring, den er seiner Freundin überreichen wollte. Doch so richtig glauben möchte man das als Leser nicht.

Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Serie spannend und unterhaltsam zugleich. Doch richtig interessant ist Brian K. Vaughans Darstellung der Konsequenzen einer solchen Katastrophe. Man merkt, dass sich der Autor auf diesen Aspekt nicht nur konzentriert, sondern v.a. gefreut hat, denn es ist eine Sache seriös zu recherchieren, aber eine ganz andere die recherchierten Fakten richtig einzusetzen. An dieser Stelle könnte ich nun einige Beispiele aufzählen, aber damit würde ich Euch lediglich den Lesespass verderben. Ich ziehe es deshalb vor, Euch einige Fragen auf den Weg zu geben, die in diesem Band beantwortet werden: Wie würde sich die der Tod aller Männer auf die Wirtschaft und auf das Staatsverständnis auswirken? Wie würden die Frauen darauf reagieren, wären sie hilflos, traurig oder vielleicht…froh? Wie verhält man sich als letzter Mann auf Erden?

Vaughan macht alles richtig und liefert mit „Unmanned“ nicht nur einen grandiosen Comic ab, sondern ein überwältigendes Leseerlebnis, welches den Leser gleichzeitig unterhält (zweifellos das primäre Ziel jeder Unterhaltung), fordert und sogar bildet. Leute, auch wenn ihr nicht viel von Comics haltet, lasst euch diesen Lesespass nicht entgehen. Ich möchte meine Rezension abschliessen, in dem ich eine der vielen hervorragenden Kritiken zitiere, die diese Serie verdienterweise erhielt: „This is why God created comic books“.

10/10
Lamond

Sonntag, März 27, 2005

Powers: Who killed Retro Girl? TPB 1

Written by Brian M. Bendis, pencils by Michael A. Oeming (Image). Deutsch: "Powers: Wer hat Retro Girl ermordert?" erschien in Hit Comics #35 - #38.

In einer Stadt in der Superhelden und -schurken so aussergewöhnlich sind wie Verkehrsstaus in der Rush-hour und in etwa so beliebt, steht man als Gesetzeshüter vor ganz neuen Herausforderungen. In dieser Situation befindet sich Detective Christian Walker, die Hauptfigur in Powers. Walker ist sehr tolerant. Er tritt allen unbefangen gegenüber, ob sie nun Superkräfte haben oder nicht. Gleich zu Beginn steht ein grosser Fall an: Retro Girl, die bekannteste Superheldin der Stadt wurde brutal ermordet, was ziemlich seltsam ist, zumal Superwesen bekanntlich unverwundbar sind.

Für die Ermittlungen wird Walker eine neue Partnerin zugeteilt, die etwas überdrehte und sehr neugierige Deena Pilgrim. Zusammen befragen sie alle Verdächtigen, darunter Retro Girls Erzfeind, ihren ehemaligen Liebhaber und ihre beste Freundin: alles Leute mit Superkräften. Pilgrim, die schon durch Walkers tiefe persönliche Betroffenheit irritiert war, versteht nicht weshalb die Verdächtigen gegenüber Walker so überaus freundlich sind, als ob sie ihn kennen würden. Was dahinter steckt, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Die Geschichte ist spannend und die Charaktere werden ausserordentlich gut dargestellt. Die Dialoge sind hervorragend, aber das ist man sich ja von Bendis gewöhnt. Oemings Zeichnungen sind hingegen ziemlich gewöhnungsbedürftig. Man sollte das jedoch nicht falsch verstehen, sein Artwork ist dynamisch und durchaus abwechslungsreich aber "leider" sehr cartoonish. Natürlich gibt es Leser, die diesen Stil von Anfang an mögen, aber jemand, der sich vornehmlich an den Zeichnungen eines Gary Frank, eines Brian Hitch oder eines John Cassaday ergözt, wird einige Minuten brauchen um festzustellen, dass Oemings Stil die Geschichte auflockert und ergänzt. Diese Serie verdient es gelesen zu werden.

8/10
Lamond