Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Samstag, Juli 22, 2006

Decimation: X-Men - The Day After TPB

DECIMATION REVIEWS

Written by Chris Claremont and Peter Milligan, pencils by Randi Green & Aaron Lopresti, Salvador Larroca and Roger Cruz (Marvel).





























Decimation ist ein Folge-Event, welches sich mit den Konsequenzen von „House of M“ befasst. Nachdem die Scarlet Witch ihren berühmten Satz („No more mutants“) von sich gab, verlor ein Grossteil der Mutantenpopulation ihre Kräfte. An diesem Punkt setzt „Decimation” an.

House of M: The Day After

Written by Chris Claremont, pencils by Randy Green & Aaron Lopresti

Es herrscht Chaos. Niemand weiss, was passiert ist und schon gar nicht, wer hinter diesen Vorkommnissen steckt. Die X-Men sind vollkommen überfordert. Als wichtigste Mutanten-Anlaufstelle werden sie aus aller Welt von verwirrten Ex-Mutanten und natürlich auch von den aufsässigen Medien mit Anfragen überschüttet. Was tun? Doch das ist noch lange nicht alles, denn während die X-Men verzweifelt versuchen die Situation unter Kontrolle zu bringen, nutzt die Regierung der Vereinigten Staaten dieses Chaos aus, um ein lang geplantes Projekt in die Tat umzusetzen.

Derweil klingeln in einem altbekannten Detektiv-Büro in Mutant Town unaufhörlich die Telefone – Jamie Madrox hat sein altes „X-Factor“-Team wieder versammelt und ist bereit die mysteriösen Geschehnisse zu ermitteln. Währenddessen sitzt in Manhattan eine runtergekommene Gestalt auf dem Bürgersteig und beteuert, nur das Beste für alle gewollt zu haben.

Die Lage spitzt sich weiter zu, als eine radikale Anti-Mutanten-Gruppe das Xavier Institut angreift. Damit würden Logan und Peter, die weiterhin in Besitz ihrer Kräfte sind, ohne weiteres fertig werden, wenn sie nicht von einer bekannten mechanischen Stimme überrascht würden: „X-MEN STAND DOWN!“

Die Ausgabe ist gleichzeitig ein gelungener Abschluss von House of M und eine spannende Einleitung in Decimation. Chris Claremont weiss das Chaos und die Verzweiflung im Anschluss an die HoM-Katastrophe authentisch darzustellen ohne auf Einzelcharakterisierungen zu verzichten. Einzig das etwas lieblose Artwork von Green & Lopresti mindert den Lesespass.

7/10

House Arrest (X-Men #177-179)

Written by Peter Milligan, pencils by Salvador Larroca

Eigentlich wollte ich diese Serie – wie ich am Ende meiner letzten X-Men Review verkündet habe – von meiner Abo-Liste streichen, aber da ist mir wohl dieses ansonsten sehr interessant klingendes neues Event in die Quere gekommen.

Diese Storyline setzt genau dort an, wo „House of M: The day after“ aufgehört hat. Die X-Men werden vor dem Xavier Institut einerseits von Anti-Mutanten Aktivisten und andererseits von einer neuen Generation Sentinels umzingelt. Ein wilder Kampf entbrennt, bei dem man nicht so genau weiss, wer auf wessen Seite ist. Derweil spielen sich an drei vollkommen verschiedenen Orten merkwürdige Dinge ab:

In einer Raumstation überwacht Gazer – ein mir unbekannter Mutant – ein NASA-Experiment, während er sich mit einem seltsam verpackten Wesen unterhält.

In Ägypten fällt ein Archäologe versehentlich in eine Gruft, in welcher er eine spektakuläre Entdeckung macht.

Der Kampf am Xavier Institut geht derweil munter weiter, bis die X-Men zuletzt überrascht feststellen, dass eine der beteiligten Parteien, ein vollkommen anderes Ziel verfolgt, als ursprünglich gedacht.


Es handelt sich hier um Milligans beste Geschichte, seit er die X-Men übernommen hat. Das heisst jedoch nicht, dass sie auch nur ansatzweise überzeugt, sondern lediglich das sie halbwegs nachvollziehbar ist. Larroca liefert wie gewohnt solide Zeichnungen ab, aber mit seinem Stil kann ich je länger je weniger anfangen. Es kann natürlich auch an der Kolorierung liegen, die alles in einer ungesunden Blässe erscheinen lässt.

4/10

What Lorna saw (X-Men #180-181)

Written by Peter Milligan, pencils by Roger Cruz

Am Ende der letzten Storyline gab Lorna bekannt, dass sie das Institut verlassen würde. Sie begibt sich auf eine Reise, bei der sie nicht nur sich selbst sondern vor allem auch ihre verlorenen Kräfte finden möchte. Sogleich kommt es zur obligatorischen Eifersuchtsszene, ohne die Milligan nur schwer auszukommen scheint. Bobby, Lornas aktueller Freund, will sie natürlich von ihrem Vorhaben abhalten, aber da kommt auch schon der aufsässige Ex-Freund, Havok, und beschliesst kurzerhand seine alte (neue?) Liebe auf ihrem Selbstfindungstrip zu begleiten. Die beiden setzen sich sodann auf einer einsamen Insel ab, auf der die oben genannten – scheinbar zusammenhangslosen – Handlungsstränge (Anit-Mutanten Aktivisten, Raumstation, Archäologie in Ägypten) in einer Eruption des Sinnlosen verschmelzen. Das ganze endet in einem Cliffhanger, welcher das Unfassbare ankündigt und demnach bei vielen X-Men Fans den Blutdruck ins Unermessliche treiben dürfte. Der Weltuntergang naht, Armageddon droht, das Ende der Tage steht bevor, das jüngste Gericht kündigt sich an. Ich will ja nicht zuviel verraten, aber wer es unbedingt wissen möchte, sollte mal „Synonym“ im Wörterbuch nachschlagen.

Jeder Autor schreibt gelegentlich schlechte Geschichten. Ab einem gewissen Pensum ist dies unvermeidlich, doch Peter Milligan bricht alle Rekorde. Während andere fehlbesetzte Schreiberlinge „versehentlich“ mal lesbare Storyarcs schreiben, weigert er sich erfolgreich irgendetwas Brauchbares bei den X-Men abzuliefern. Nach vier Totalverrissen (siehe bisherige Reviews) fehlen mir deshalb die Worte als auch die Motivation um diesen Misstand weiter zu beschreiben. Was jedoch erstaunlicher ist: Ich habe keine Ahnung, weshalb ich mir diesen Schwachsinn über zwei Jahre hinweg immer wieder angetan habe. Ich nehme an, dass es den restlichen 69'999 Lesern, die diesen Comic monatlich kaufen, genauso geht.

Das einzig positive an dieser Storyline war der Zeichner, Roger Cruz, der richtig gutes Superhelden Artwork abliefert.

2/10

Fazit:

Der Band ist alles andere als befriedigend aber aufgrund der Claremont Ausgabe wichtig um den Zugang zu Decimation zu finden, ein Event, dass – lasst euch das im Voraus gesagt sein - den meisten sehr viel Freude bereiten wird. Es ist also ein notwendiges Übel, sich durch den zweiten Teil dieses Bandes zu quälen.

4/10
Lamond

Decimation: Generation M TPB

DECIMATION REVIEWS

Written by Paul Jenkins, pencils by Ramn Bachs (Marvel). Deutsch: "X-Men Sonderheft 6: Generation M" (PaniniComics Deutschland, 6.7.2006).


























Mit den Mini-Serien unter dem Decimation-Label hat Marvel uns X-Freunden wirklich mehrere Gefallen getan. Decimation ist eines der schönsten Events seit „Age of Apokalypse“, aber gleichzeitig völlig anders, als dieses hohe Vorbild. Irgendwie bescheidener, netter. Die Minis sind in sich auch eher abgeschlossen, besonders Generation M. Und Generation M ist ein echter Star, ein tolles Highlight unter den Decimation-Minis.

Kurz zur Hintergrundgeschichte: Quesada übernimmt 2001 den Laden Marvel und eine seiner besten Ideen ist es, Mutanten-Serien fernab des Geschehens um das Xavier-Institut schreiben zu lassen. Eine der ersten Serien, zu Unrecht gescholten, war „The Brotherhood“. Die Serie wurde nach 9 Ausgaben gecancelt, aber die Idee lebte weiter. In „Muties“ 1-6, X-Factor (Mini) 1-4, in „Morlocks“ 1-4, schließlich in District X und dessen HoM-Fortsetzung „Mutopia“. Die konsequente Fortsetzung davon gibt es wiederum in „The 198“, einer weiteren Decimation-Mini.

Aber Generation M schafft es, den großen Bogen um die Outsider-Mutanten dieser Serien und um die Stars der „großen“ Serien zu schlagen. Der „Friendly Neighborhood Mutant“ kommt hier genauso zur Sprache wie der BLOB, Stacy X oder Chamber. Instrument dieses geschlagenen Bogens ist eine Reporterin des kleinen Blättchens „The Alternative“. Einst eine gefeierte, preisgekrönte junge Journalistin, heute eine recht abgehalfterte Alkoholikerin. Einst Mitglied einer intakten Vater-Mutter-Kind-Gemeinschaft, doch heute... Irgendetwas ist passiert. Doch irgendetwas ist auch mit den Mutanten passiert und Sally Floyd übernimmt die Aufgabe, Einzelschicksale zu dokumentieren, Interviews zu führen und ihre Berichte unter dem Titel „The Mutant Diaries“ zu veröffentlichen. Und so beginnt Sally Floyds Kampf um die alltägliche Wahrheit des Decimation-Events, ihr Kampf gegen ihren Alkohol-Missbrauch, der Kampf gegen die Verzweiflung um ihre eigene Vergangenheit.Nach und nach wird Sally Floyd selbst zu einem Einzelschicksal ihrer Kolumne, denn M-Day hätte auch ihr Leben verändern können. Für Sally Floyd kam M-Day zu spät.

In diese unglaublich ergreifende Geschichte, geschrieben von Paul Jenkins, der zur Abwechslung mal wieder ein echtes Meisterwerk vollbracht hat, gezeichnet von Ramon Bachs, der sehr stimmige Bilder mit etlichen Gänsehauteffekten zur Handlung hingezaubert hat, mischt sich noch ein fast obligatorischer Killer, der uns nicht vergessen lässt, dass Mutanten dazu herhalten müssen, von unzufriedenen Underdogs zu Hassobjekten gemacht zu werden. Generation M ist ein Stück perfektes Comic! Wenn heute alle X-Ongoings eingestellt und durch solch phantastische Minis weitererzählt würden, hätte die Comic-Welt etwas gewonnen. Mindestens mich als SEHR zufriedenen Leser.

10/10
Christian a.k.a. Exphilosoph

Sonntag, Juli 16, 2006

Loveless: A Kin of Homecoming TPB 1 (LL)

Written by Brian Azzarello, pencils by Marcelo Frusin, inks by Marcelo Frusin, colors by Patricia Mulvihill (DC Comics/Vertigo). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

SLUGFEST SUNDAY -LL VS PHILOS































Western-Comics sind nicht wirklich mein Metier. Abgesehen von ein paar „Jugendsünden“ und den Blueberry-Stories im alten Zack-Heft habe ich mich von diesem Metier ferngehalten, obwohl ich Western-Filme immer wieder gerne sehe. Wieso Loveless trotzdem in meinem Abo landen konnte? Durch die als Preview im Internet einzusehende Anfangssequenz, ihre Perspektiven und den Dialog, fühlte ich mich direkt in einen Sergio Leone-Western versetzt. Auch der ponchotragende Protagonist, erinnert in seiner Gestik nicht selten an Clint Eastwood in seiner Paraderolle als namenloser Revolverheld. Grund genug für mich, meine Fühler in fremdes Terrain auszustrecken und Loveless eine Chance zu geben.

Die Story spielt nach dem amerikanischen Bürgerkrieg in einem Südstaatenkaff namens Blackwater. Wes Cutter, ein ehemaliger Südstaaten-Soldat kehrt in dieses Nest und damit seine Heimat zurück und trifft auf alte Bekannte, die vielleicht einmal Freunde waren, es aber nicht mehr sind und Yankee-Soldaten, die sich auf seinem Land breit gemacht haben. Zusammen mit seiner Frau Ruth startet er einen Rache(?)feldzug, dessen genaue Motive und auch Ziele größtenteils noch im Dunkel bleiben. „Loveless“ ist genau die Vokabel, die die Beziehung aller Charaktere untereinander und die sich daraus entwickelnden Geschehnisse treffendst bezeichnet – nur das Verhältnis von Ruth und Wes bildet dabei scheinbar eine Ausnahme. Eine typische Westerngeschichte? Nicht mehr und nicht weniger? Nach dem ersten Lesen, kann dieser Eindruck vielleicht entstehen, aber Loveless ist ein Comic, für das man sich Zeit nehmen muss. Mit hastigem Überfliegen um die Story in sich aufzusaugen, kann man dieser nicht gerecht werden.

Zu wichtig sind die teilweise im Südstaatenslang gehaltenen und damit nicht immer leicht zu verstehenden Dialoge. Sie sind gespickt mit Anspielungen, die Hinweise auf Vergangenes enthalten, aber noch nicht allzu viel enthüllen. Autor Brian Azzarello nutzt sie, um die engen Verstrickungen und Verknüpfungen anzudeuten, die zwischen den Charakteren vorliegen, ihnen eine idividuelle Stimme zu geben und klar zu machen, hier geht es nicht um Gut oder Böse sondern nur noch darum, wer am Ende aufrecht stehen bleibt. Seine Charaktere sind von Krieg, Demütigungen, Hass und Niedertracht gekennzeichnet, nach einem strahlenden Helden sucht man vergebens und so bleibt dann als Identifikationsfigur zunächst nur Wes Cutter, der mit seinem zynischen Humor und seinen cleveren Schachzügen gegen Süd- und Nordstaatler gleichermaßen am ehesten so etwas wie Sympathie beim Leser wecken kann.

Zu gelungen ist auch das Artwork, angefangen beim Zeichner Marcelo Fruisin, dessen Perspektiven und Einstellungen wie oben schon erwähnt an das große Kino von Sergio Leone erinnern – extreme Nahaufnahmen, wechseln mit Weitwinkelperspektiven, schnelle Schnitte mit langsamen durch Azzarellos Dialog spannungsgeladenen Sequenzen. Die Charaktere obwohl fast alle bärtig, schmutzig und von Cowboyhüten beschattet sind individuell sehr gut erkennbar und auch die für mich ungewohnte Art, Flashbacks in die Handlung einzubinden, in dem an ein und demselben Ort spielende aktuelle Handlung und Vergangenheit in gemeinsamen Panels dargestellt werden, begeistert mich mit jedem Lesen mehr. Grandios finalisiert werden die Zeichnungen durch die meist in Erd- und Blautönen gehaltene Colorierung von Patricia Mulvihill, perfekt die triste Stimmung wiedergebend, der die ganze Story unterliegt. Ein Artwork, für das man Zeit braucht, das nicht nur einfach Beiwerk zur Erzählung darstellt sondern wert ist, dass das Auge länger darauf verweilt.

Loveless ist keine schnelle Kost für zwischendurch. Es ist ein Comic, das Muße erfordert, mit jedem Lesen an Intensität gewinnt und den Leser für seine Geduld mit einer vielschichtigen Story, starkem und stimmungsvollem Artwork sowie außergewöhnlichen Charakteren entschädigt.

9/10

Loveless: A Kin of Homecoming TPB 1 (Philos)

Written by Brian Azzarello, pencils by Marcelo Frusin, inks by Marcelo Frusin, colors by Patricia Mulvihill (DC Comics/Vertigo). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

SLUGFEST SUNDAY - PHILOS VS LL






























Während dem US-amerikanischen Sezessionskrieg Filme wie "Gone with the Wind" oder "North And South" ein Denkmal setzten, bekamm die Folgezeit um den Wiederaufbau einer gespaltenen Nation wenig Aufmerksamkeit. Familien waren auseinander gerissen, Leute in den Westen vertrieben worden, der Norden war hungrig nach Land und die Sklaverei zwar über Nacht formal abgeschafft worden; Bürgerrechte erwirken viele Schwarze aber erst in den 1960ern. Rassismus gab es zu dieser Zeit (noch) nicht, denn das hätte vorausgesetzt, den Anderen als Teil derselben Spezies anzuerkennen.

In dieser häßlichen, wenig liebenswerten Periode (vielleicht daher der Titel?) spielt Vertigos neueste Comicserie Loveless. Hauptfigur Wes Cutter, der den "wahren" Civil War auf der Seite der Verlierer überlebte, kehrt in seine Heimat, ein Ort namens Blackwater, zurück, um sich mit seiner Frau Ruth wieder zu vereinen. Wes ist kein "good guy", im Gegenteil, gleich zu Beginn der Geschichte hagelt er Kugeln in eine Gruppe eifriger Revolverhelden. Wie bereits in 100 Bullets finden sich in Brian Azzarellos jüngstem Werk nur schlechte und noch schlechtere Typen. So erlebt der Leser die Geschichte durch die Augen von Gesetzlosen. Würde der Autor uns auf einen Pferdesattel oder in einen grölenden Saloon mit knarrenden Brettern alter Holzblockhütten versetzen, wäre ich dem Trip nicht abgeneigt.

Irgendwo dazwischen versucht Azzarello Platz für eine Romanze zu schaffen, doch konfus bleibt die Beziehung zwischen dem Protagonisten und seiner Frau. Diese muss als Junge verkleidet in den Wäldern um Blackwater hausen.

Auffällig ist die westernhaft gestylte, bisweilen unehrliche, Sprache. So kann der Leser schon mal ratlos bleiben: "Somethin' in yer eye, Barsom?" "Besides nothin' I don't see every time I shave my face?" Was hier wohl gemeint ist? Oder "Now 'less you don' mind the idea of yer friend here never havin' another one, you will remove your yankee self not jus' from my porch... but my land as well." Bezieht sich das "another one" hier auf die Veranda (porch), was keine besonders gruselige Bedrohung wäre?

Marcelo Frusin bannt den visuellen Terror auf jede Comicseite, wie schon in seinem Hellblazer-Run. Sein Stil ist bedrohlich, düster und ausreichend gereift für die rauhe Western-Welt. Seine Layouts lesen sich wie Sergio Leone mit offenem Landschaftsbild und vielen Weitwinkelaufnahmen von vier bis fünf Charakteren. Keine unnötigen Panels werden verschwendet oder Splash Pages gezeichnet; nur 32 arrangierte Seiten voll von kaltblütiger Leere, dem Gestank des Verwesten und Fingerkuppen, die auf Revolverholstern und um den Abzug der Colts tanzen. Leider erschweren die Schatten und Silhouetten manchmal das Verständnis des Plots, denn die Charaktere ähneln sich bisweilen sehr. Diese Charakterlosigkeit findet sich auch in der unleidenschaftlichen Darstellung mancher Figuren. Ob diese ihre Emotionen hinter dem Berg halten müssen, weil es ein Western ist, halte ich für eine Prämisse, die zu beweisen wäre. Jedenfalls erschwert die emotionale Flachheit, die Geschichte zu mögen.
Patricia Mulvihill, die Koloristin, verdient gesonderte Beachtung. Besonders die Farben, die sie für Nachthimmel und den Texturen der Kleider und Hüte benutzt, lassen einen den Schleier des Staubs in dieser Welt spüren.

Azzarello verfeinert sein Talent effizient zu schreiben, auf Expositionen zu verzichten, während der visuelle Teil des Kreativteams Verantwortung dafür trägt, dem Leser beizubringen, wie viele Tage vergangen und welche Tageszeit gerade ist. Erstaunlich und meisterhaft ist die Art wie das Kreativteam Flashbacks erzeugt: An einem Ort werden zurückliegende Erinnerungen mit gegenwärtiger Handlung vermischt, so dass in einem Panel gleichzeitig Bilder der Vergangenheit und der Jetztzeit übereinander liegen.

Das Western-Genre wurde von den Comic-Verlagen 2003 mit Rawhide Kid wiederentdeckt. DC konterte mit ihrem aufpolierten 1970er Helden Jonah Hex und mit Loveless. Die Geschichte kommt zu früh, wie ein Mann, der seine Eier zu lange in der Sonne geschaukelt hat. Das wäre mir nicht passiert.

6/10
Philos
Loveless: A Kin of Homecoming TPB 1 (LL).