Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, September 10, 2006

Vampire Boy

InDeeVee: September 2006

Written by Carlos Trillo, pencils by Eduardo Risso. Deutsch: Vampire Boy Bd. 1: Die Auferstehung (ISBN 3936480419); Vampire Boy Bd. 2: Der Fluch (ISBN: 3936480427, September 2006), Verlag Cross Cult.


Er ist namenlos. Er ist 5000 Jahre alt. Er hat den Körper eines 10jährigen. Er ist der Sohn eines Pharaos – und er ist ein Vampir. Ein Vampir, auf dem ein Fluch lastet.

Bei Baumassnahmen werden ein paar alte Kanäle freigelegt. Das eintretende Sonnenlicht hat eine erstaunliche Wirkung auf einen dort versteckten Leichnam eines Jugendlichen, denn es erweckt ihn wieder zum Leben. Der Junge kann vor den verdutzten Arbeitern fliehen.
Nach einer kurzen Flucht vor der Polizei, die ihn wegen einem Mord jagen, den er halb in Notwehr begangen hat und einer Schlägerei mit ein paar Kleinkriminellen landet er bei dem alten Indianer Gentle Bear und dessen Enkelin Evening Cloud und so langsam lichten sich die Wolken und man erfährt, was passiert ist. Ein Vorkommnis tötete seinen Vater und alle Begleiter bis auf eine Frau namens Ahmasi, die Geliebte des Pharaos, die der namenlose Sohn mit einer Hingabe hasst, was jedoch auch auf Gegenseitigkeit beruht.
Doch der Namenlose und die beiden Indianer haben keine Ruhe, denn auf Ahmasi lastet der gleiche Fluch und in ihr brodelt ungebrochen der Hass. Seit Jahrtausenden versuchen sich die beiden zu vernichten, aber weder das Römische Reich, noch die Inquisition vermachten, einen der beiden endgültig zu beseitigen. Der Kampf endet vorläufig 1945, als der Sohn des Pharaos, von Gentle Bear nun Running Wind genannt, „starb“ und sich in den Kanälen versteckt hielt.
Nun, da er erneut erwacht ist, ist auch seine Gegenspielerin wieder hinter ihm her und es kommt zu einigen brutalen Auseinandersetzungen. Wird am Ende das Gute siegen, wird das Böse die Überhand haben oder werden am Ende beide Parteien in die ewigen Jagdgründe eingehen?

Die Serie „Boy Vampire“ entstand Anfang der 90er Jahre, wurde zuerst in Argentinien und wurde vor wenigen Jahren in Amerika in Form von vier 86seitigen Alben veröffentlicht.
Die Schöpfer der Serie sind Carlos Trillo und Eduardo Risso. Währen der Autor hierzulande nur einem kleineren Publikum bekannt sein dürfte, nämlich denen, die sich die Albenausgaben seiner Serien wie Sick Bird, Zachary Holmes (beide zusammen mit Juan Bobillo) oder die erotische Funny-Serie Betty (zusammen mit Eduardo Maicas und Jordi Bernet) zugelegt haben, die bei Kult Editionen erschienen sind, dürfte Eduardo Risso bei einem breiterem Publikum einen Aha-Effekt auslösen.
Zwar hat er zusammen mit Trillo bereits die Serie Fulú (dt. bei Splitter erschienen) gestaltet und arbeitet auch derzeit wieder mit ihm zusammen - Roter Mond, auf deutsch erneut bei Kult Editionen – aber die meisten dürften ihn durch seine Arbeit an 100 Bullets (mit Brian Azzarello) kennen oder aber durch seine 6teilige Batman-Geschichte Broken City, bei Panini auf Deutsch erschienen.

Die Geschichte um den namenlosen Vampir ist durchaus spannend, actionreich und mit Blut und Sex wird ebenfalls nicht gegeizt. Dabei kommen aber zum Glück auch die Charakterisierungen nicht zu kurz. Man darf gespannt sein, ob aufgeklärt wird, was hinter diesem Fluch steckt. Ist es der ewige Kampf Gut gegen Böse? Himmel gegen Hölle? Yin und Yang?
Was den Comic aber so besonders macht, sind einfach Rissos Zeichnungen. Im stimmigen schwarz-weiß gehalten, erzeugt der feine Strich eine beklemmende Atmosphäre, ist aber auch gleichzeitig unheimlich detailliert und dennoch sehr dynamisch. Eine perfekte Symbiose von Wort und Bild, die an Frank Miller oder Mike Mignola erinnert.

Das dürfte auch der Grund sein, warum der dt. Kleinverlag Cross Cult sich der Serie angenommen hat, veröffentlicht man doch bereits Sin City und Hellboy mit grossem Erfolg. Die Serie wird im Deutschen in Form von drei kleinformatigen Hardcoverbüchern erscheinen und wie auch bei den anderen Produkten des Verlages kann sich die Aufmachung sehen lassen – Layout, Druck, Übersetzung – hier passt einfach alles. Auch Bonusmaterial gibt es hier gleich im ersten Band in Form von Interviews mit Trillo (aus einem spanischen Magazin entnommen) und Risso (exklusiv für die dt. Ausgabe). Wer hier nicht zugreift, ist einfach selber Schuld.

Der Grammaton Kleriker

Captain America: Wintersoldier TPB 2

Written by Ed Brubaker, pencils by Steve Epting, Michael Lark and Mike Perkins (Marvel). Deutsch: "Marvel Monster Edition 12: Captain America 1" (PaniniComics Deutschland, 20. April 2006).




























Man könnte meinen, dass es nichts mehr zu sagen gäbe über einen Helden, deren Popularität in einer Zeit gründet, in der man die Welt noch ohne weiteres in Gut und Böse teilen konnte. Was bewegt einen Charakter dazu, heutzutage – in einer weitestgehend Amerika-kritischen und oftmals sogar antiamerikanischen Welt – die Stars & Stripes voller Stolz auf der Brust zu tragen? Gewohnheit? Patriotismus? Die Besinnung auf Werte für welche dieses Symbol steht oder einst stand?

Im ersten Storyarc (Out of Time) wurde der Winter Soldier eingeführt, eine Art Supersoldat der Sowjets, der angeblich über viele Jahre hinweg unbemerkt gegen die Interessen der freien Welt eingesetzt wurde. Doch so grausam seine Taten auch waren, es ist dessen Identität, welche die Grundfesten von Steve Rogers auf Tiefste erschüttern dürfte, denn S.H.I.E.L.D. ist sich mittlerweile sicher, dass es sich beim Winter Soldier um Steves alten Partner, Bucky, handelt. Doch noch steht nichts fest und der Captain reagiert, wie man es von ihm erwartet, er lehnt besagte Möglichkeit kategorisch ab, schliesslich hat er mit eigenen Augen gesehen, wie sein Freund 1945 beim Versuch eine Rakete zu entschärfen heldenhaft ums Leben kam.

Nick Fury als auch Steve Rogers brauchen also Gewissheit und so entschliessen sie sich, in einer ungenehmigten S.H.I.E.L.D. Operation, den Mann zur Rede zu stellen, der Ihnen die Wahrheit sagen kann. Leider handelt es sich bei besagter Person um General Lukin, ein skrupelloser Grossindustrieller der einerseits hinter der Ermordung von Red Skull und anderseits im Besitz des einzigen noch funktionierenden kosmischen Würfels ist. Mit dessen Hilfe möchte er alle wichtigen amerikanischen Unternehmen unter seine Kontrolle bringen.

Derweil wird ein militärischen Umerziehungscamp in Nevada von Crossbones, Red Skulls treuem Schergen, infiltriert. Mehr gibt es zu dieser Parallelentwicklung nicht zu sagen, da es sich um einen Subplot handelt, der erst im nächsten Storyarc wieder aufgegriffen wird.

Nach mehreren gescheiterten Versuchen, die Identität des sagenumwobenen sowjetischen Superagenten endgültig in Erfahrung zu bringen, kommt es aufgrund einer verzweifelten Handlung Lukins schliesslich zur lang erwarteten Konfrontation zwischen Cap und dem Winter Soldier. In einem Kampf auf Leben und Tod werden alle Fragen beantwortet, die sich die Leser im Verlauf der ersten 13 gestellt haben dürften.

Ausnahmsweise möchte ich mich im Nachwort zunächst den Zeichnern zuwenden, die allesamt überragende Arbeit abliefern. Die drei - Steve Epting, Michael Lark und Mike Perkins - haben einen ähnlichen bzw. kompatiblen Stil, wobei Epting mit seiner Detailgenauigkeit am meisten überzeugt. Michael Lark hingegen weiss wie kein anderer Stimmungen in seinem Artwork einzufangen, was er mittlerweile auch bei Daredevil beeindruckend unter Beweis stellt. Schliesslich ist auf Mike Perkins hinzuweisen, dessen Figuren so plastisch wirken, als wären sie mit dem Leser im selben Raum. Vom graphischen Aspekt gibt also nichts zu bemängeln.

Nun zum Autor. Der aktuelle Hype um Ed Brubaker erinnert stark an die Anfangszeit eines gewissen Brian M. Bendis bei Marvel. Ob nun Fans oder Kritiker, man ist sich einig – Brubaker macht momentan alles richtig. Bestes Beispiel ist „Captain America“. Die Figur ist heutzutage enorm schwierig zu schreiben ohne dabei in patriotischen Kitsch abzudriften oder unermüdlich den antiamerikanischen Katechismus zu predigen. Dem Autor gelingt es jedoch bisher, eine differenzierte und überaus menschliche Version dieser umstrittenen Figur zu schreiben. In dem er die Handlung in einem düsteren Spionage Genre ansiedelte lenkt er das Augenmerk auf die Person Steve Rogers, die weitestgehend apolitisch agiert.

Die Begeisterung um Brubaker wird aber die gleiche Entwicklung einschlagen wie jene von Bendis, denn gefeierte Autoren erhalten mit der Zeit mehr kreative Macht und diese führt wiederum zu riskanteren kreativen Entscheidungen, die dann schliesslich die Fangemeinde polarisieren. Die Fans werden Brubaker verfluchen und andere werden ihn blind vergöttern. Aber bis dahin kann man sich auf die Marke „Brubaker“ verlassen. Sein Name garantiert Qualität, weshalb ich euch diesen Band mit bestem Gewissen empfehlen kann.

10/10
Lamond