Girls: Conception TPB 1

Written and pencilled by Jonathan and Joshua Luna (Image). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Invincible, Noble Causes, Rex Mundi und The Walking Dead haben zwei Sachen gemeinsam: Sie bekommen gute Kritiken und stammen alle vom selben Verlagshaus, nämlich IMAGE.

Regelmässig erscheinen dort neue „Geheimtipps“ und nicht selten wird man als Leser in seiner Wahl bestätigt. Der letzte Insider-Titel von IMAGE heisst „Girls“ und stammt von den Gebrüder Luna (Ultra: Seven Days, Spider-Woman: Origin), die mir bis dahin vollkommen unbekannt waren.

Ethan arbeitet als Verkaufsangestellter in einem kleinen Supermarkt im mittleren Westen der USA. Er ist ein klein wenig frustriert über seine Erfahrungen mit dem schönen Geschlecht und hat die Hoffnung, Frauen zu verstehen, schon längst aufgegeben. Er ist an einem Punkt angekommen, an dem er sich nicht mehr sicher ist, ob er schlichtweg zu dämlich ist, die Signale, die von seinen gelegentlichen Gesprächspartnerinnen ausgehen, richtig zu interpretieren oder ob diese sich einen Heidenspass daraus machen, ihn an den Rand der sexuellen Verzweiflung zu treiben.

Doch als er an diesem Freitag in seine Stammkneipe geht, ahnt er noch nicht, dass er noch am selben Abend in die Geheimnisse der Weiblichkeit eingeweiht wird. Leider wird er sich mit aller Kraft wünschen, dass es nie soweit gekommen wäre, denn was ihn erwartet, wird ihn bis in seinen Grundfesten erschüttern. Wer sich schon immer gefragt hat, was Frauen tun, wenn sie in Gruppen auf die Damentoilette verschwinden, sollte keinen Zeit verschwenden und diesen Band kaufen.

Die Serie ist bizarr und verstörend. Jedes Kapitel bzw. Heft endet mit einem schockierenden Cliffhanger, der den Grad des Erstaunens und der Neugier ins Unermessliche treibt. Was die Luna Brothers hier schaffen, hat nichts mit dem gewöhnlichen Comic-Erlebnis zu tun, was man auch den Zitaten der Comic-Verständigen anmerkt:

„This book is just weird. But in that good way.” – The 4th Rail

“The Luna Brothers are the future of comics and it’s happening right now. This book is essential for your collection. My highest recommendation.” – Brian M. Bendis.

An dieser Stelle muss auch das einzigartige Artwork genannt werden, welches wie die Geschichte selbst, sehr aussergewöhnlich ist und demnach für einige ziemlich gewöhnungsbedürftig sein dürfte. Erstaunlicherweise bringen der minimalistische Stil, der regelmässig verwendete Fokussierungseffekt und die blasse Kolorierungen ein Höchstmass an emotionaler Ausdrucksstärke zum Vorschein, was fundamental für diese Art neuartiger Story ist.

Solch innovative US Comics sind heutzutage leider sehr selten, was für jeden Grund genug sein sollte, die Serie anzutesten. Ich weiss nicht, ob Bendis mit seiner Äusserung, die Luna Brothers seien DIE Zukunft der Comics, Recht hat, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist eben diese Experimentierfreudigkeit, welche den Grossverlagen fehlt und welche sie davon abhält Comics und insbesondere das Superhelden-Genre auf eine nächste kreative Ebene zu führen.

9/10

Lamond

X-Men: Bizarre Love Triangle TPB 2

Written by Peter Milligan, pencils by Salvador Larroca (Marvel). Deutsch: "X-Men #64 - #65" (PaniniComics Deutschland).

Nachdem in der letzten Storyline die Soap-Elemente noch von einer absurden Science-Fiction Geschichte begleitet wurden, dachte sich der Autor wohl: „Zur Hölle auch, ich konzentriere mich aufs Wesentliche und bringe die Serie keinen Schritt weiter“.

Gambit und Rogue haben eine heftige Beziehungskrise. Wieso? Nun, da Rogue jeden tötet, den sie länger als 5 Sekunden berührt (Was sogar für uns Männer zu wenig Zeit ist, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen), müssen die beiden Liebenden auf körperliche Zuneigung verzichten, was verständlicherweise zu einer gewissen Frustration führt. Es stellt sich die Frage, wie man ein solches Hindernis überwinden kann. Abstinenz wäre zwar eine Möglichkeit, aber keine Lösung. Sex im Gefahrenraum (bzw. im „Love-Room“) wäre ebenfalls eine Lösung, aber da dieser seit einiger Zeit "ausser Betrieb" ist, bleibt auch diese Möglichkeit verschlossen. Verzweifelt wendet sich das Paar an Emma Frost, die ihnen durch ihre mentale Kraft die Illusion eines Schäferstündchens verschaffen soll. Zumindest dieser Aspekt würde einen grossen Unterhaltungswert bieten, denn Emma Frost als telepathische Zuhälterin ist nun wirklich ein innovativer Ansatz. Doch anstatt diese ganze Problematik mit dem nötigen Sinn für Humor anzugehen, verkrampft sich Milligan durch seine melodramatische und völlig überzogene Geschichte. Im Übrigen geht der Autor bei der Lösung dieses „Intimitätsproblems“ viel zu weit. Ich bin zwar kein ausgebildeter Sexologe, aber die ein oder andere realistischere Lösung läge nahe. Ich möchte mit meinen „schlüpfrigen“ Ideen aber niemanden zu nahe treten, weshalb ich auf eine konkretere Erläuterung verzichte.

Als schliesslich eine neue Mutantin, Foxx, die Schule aufsucht und sich auf ziemlich aufdringliche Weise an Gambit ranmacht, verkommt das ganze vollends zu einem billigen Eifersuchtsdrama, welches weder unterhaltet, noch die Figuren weiterbringt. Rogue kriegt Tobsuchtsanfälle, Gambit macht Bekanntschaft mit der kalten Dusche und als Leser greift man instinktiv zur mentalen Fernbedienung, denn ein solches „Trash“-Programm kriegt man sonst nur bei Telenovelas zu sehen.

Völlig entgeistert und resigniert blättert man weiter und hofft auf Besserung und siehe da: Sie kommt! Ab dem dritten Heft nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung. Nicht mehr „wahre Liebe“ steht thematisch im Vordergrund, sondern „Vertrauen und Vergebung“. Zwar ist auch das keine kreative Offenbarung, aber einige interessante Momente entstehen schon und so lässt sich die Storyline wenigstens zu Ende lesen.

Wie schon im ersten Band („Golgotha“) stellen auch hier Larrocas verträumte Bilder den einzigen Lichtblick der Geschichte. Die wasserfarbenähnliche Kolorierung erzeugt eine originelle Stimmung, die leider durch die schlechte Geschichte nicht richtig genossen werden kann. In meiner letzen Review hoffte ich noch auf eine Besserung des Autors, doch nach dieser Story wünsche ich mir nur noch seine Absetzung. Milligan schreibt so, als würde er gegen seinen Willen am Schreibtisch festgehalten und mit Peitschenhieben zum Schreiben angetrieben. Marvel hat aber mittlerweile die kreative Misere bei dieser Serie erkannt und vor kurzem erst verkündet, dass ab diesem Sommer (ab July) ein neues Kreativteam die "X-Men" übernehmen wird: Mike Carey und Chris Bachalo. Auf ein gutes Gelingen!

4/10

Lamond
Review zu X-Men: Golgotha TPB 1.

Review zu Astonishing X-Men: Gifted TPB 1.