Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Mittwoch, April 13, 2005

Supreme Power: Powers and Principalities TPB 2

Written by J. Michael Straczynski, pencils by Gary Frank (Marvel). Deutsch: "Marvel MAX 5: Supreme Power Buch 2" (Panini Comics, ISBN 3-89921-959-7).

"Wie würden man in unserer Realität auf Superhelden reagieren?" Wahrlich keine revolutionäre Thematik für eine so hoch gelobte Serie wie Supreme Power. Parallelen zu Watchmen drängen sich auf. Die Realitätsnähe wird von den eindrücklichen Zeichnungen Gary Franks unterstrichen. Doch auch das wird spätestens seit Brian Hitchs "ultimativen" Zeichenkünsten niemanden mehr überraschen. Was also zeichnet diese Serie aus? Geduldig und mit sehr viel Liebe für das Detail baut sich JMS "sein" Universum auf. Als Leser hat man nicht das Gefühl eine Geschichte zu lesen, die ausschliesslich mit dem Ziel geschrieben worden ist, kurzfristig mit Action und einer bunten Bilderflut zufrieden zu stellen. Man hat den Eindruck, es ginge dem Autor ausschliesslich darum, seine ganz persönlichen Vorstellungen von einem "Superhelden-Comic" zu verwirklichen.

Der zweite Band ist im Vergleich zum ersten etwas actionreicher, doch der Autor bleibt weiter geduldig und überstürzt nichts. Es kommt jedoch, wie es kommen musste: Hyperion erfährt, dass er von der Regierung erzogen, belogen und instrumentalisiert wurde. Wie reagiert das mächtigste Wesen auf Erden, wenn es merkt, dass sein ganzes Leben eine Lüge war? Ganz einfach, es reagiert wie jeder andere Mensch, ziemlich "angepisst". Die Geschichte ist voraussehbar, was ihr aber in diesem Fall nicht als Schwäche anzukreiden ist. Der von Straczynski dem Leser förmlich aufgedrängte Fatalismus ist keine Folge eines unüberlegten Schreibens, sondern ein bewusst eingesetztes Stilmittel. Wie Philos in seiner Rezension des ersten Bandes feststellte, möchte Straczynski keine Zweifel lassen, dass dieses Abenteuer in einer Katastrophe enden wird.

Höhepunkt dieser zweiten Story ist die völlig amoralische Charakterisierung der Prinzessin, die zuweilen schockierender wirkt als jede illustrierte Gewaltszene. Auch die restlichen Figuren zeigen immer neue Facetten und allmählich wird dem Leser klar, dass sich etwas sehr Grosses anbahnt. Zweifellos ein besonderes Lesevergnügen.

9/10
Lamond

She-Hulk: Single Green Female TPB 1

Written by Dan Slott, pencils by Juan Bobillo and Paul Pelletier (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

„Wer in Gottes Namen wird denn schon eine She Hulk-Serie lesen?!“, war meine erster Gedanke, als ich die ersten Bilder in der Vorschau sah. „Dan Slott, wer zum Teufel ist Dan Slott!“, war der zweite. Ich meine, als Chefredakteur bei Marvel kann mal wohl kaum etwas Dümmeres tun, als eine Serie über einen im besten Fall unbekannten Charakter auf den ohnehin kränkelnden Comic-Markt zu werfen. Dazu noch geschrieben von einem Unbekannten. Um es vorweg zu nehmen: die Verkaufszahlen sollten meine ersten Gedanken entsprechen.

Fest entschlossen die Serie zu ignorieren (ein nur all zu oft gefasster Vorsatz), wandte ich mich brav wieder den altbekannten Serien zu. Doch nach den ersten veröffentlichen Ausgaben brach weltweit auf allen Comic-Foren eine She Hulk Manie aus, die sogar Anti-Kriegsdemos wie gemütliche Sit-ins erscheinen liessen. Trotz der dümpelnden Verkaufszahlen organisierten die Fanboys aggressive Werbekampagnen, in denen sie die restlichen Comic-Leser unter der Androhung in Zukunft mit schweren „Spoilern“ zu malträtieren, nötigten, die Serie ins Abo zu nehmen. Als kritischer Comic-Leser lässt man sich von solchen Aktionen natürlich nicht beirren. Da ich jedoch kein „kritischer Comic-Leser“ bin, schritt ich wie ferngesteuert zum nächsten Comic-Shop und kaufte mir das Trade. Ich sollte es nicht bereuen.

Die Geschichte dreht sich weniger um She Hulk, wie man sie aus den Rächer-Comics kennt, als viel mehr um ihr Alter Ego Jenny Walters. Nachdem „Shulkie“ durch ihren exzessiven Lebensstil einigen Mitstreitern der Rächer das Arbeiten verunmöglichte, wird sie aus dem Avengers Stützpunkt geworfen. Als ob das nicht genug wäre, entlässt sie auch noch ihr bisheriger Arbeitgeber. She Hulk ist Rechtsanwältin. Alles scheint den Bach runter zu gehen, doch da taucht plötzlich der Chef der prestigeträchtigsten Kanzlei in ganz New York auf, unterbricht ihr Saufgelage und bietet ihr einen neuen Job an. Einzige Bedingung: Sie muss als Jenny Walters arbeiten. Natürlich lässt sich das unsere Heldin nicht entgehen und willigt sofort ein, in dem sie ihrem neuen Chef auf die Schuhe kotzt. Ab diesem Zeitpunkt fängt die Serie erst an, denn Jennys neue Aufgabe ist einzigartig. Wenn ihr mehr erfahren wollt, müsst ihr das Trade schon kaufen oder einen Fanboy um ein paar Spoiler bitten. ;-)

Dan Slotts „She Hulk“ gehört mithin zum Witzigsten, Intelligentesten und Unterhaltsamsten was die Comic-Branche in den letzen 5 Jahren hervorgebracht hat. Slott geht humoristisch an das Konzept heran und präsentiert eine Serie, bei der jede Pointe sitzt, jeder Charakter überzeugt und jede Situation wohl überlegt scheint. Die Serie grenzt manchmal ans Absurde, jedoch so, dass sowohl eingefleischte Comic-Fans als auch Neuleser ihre helle Freude daran haben werden. Natürlich gibt es unendlich viele Anspielungen an alle möglichen früheren Serien und Geschichten, doch lasst euch eins gesagt sein: Als Neuleser bekommt man das kaum mit, was für den Comic spricht. Zudem treten ein paar altbekannte Figuren auf, wie z.B. das Ding und Spider-Man, die der ohnehin fantastischen Serie den letzen Schliff geben.

Pelletiers Zeichnungen gehören sicher nicht zum Besten, was Marvel zu bieten hat, aber sie passen hervorragend zur Geschichte und tun der Freude keinen Abbruch. So liebe Leser, nun aber los in den nächsten Comic Shop und kauft das TBP, ansonsten sehe mich gezwungen in Zukunft meine Rezensionen mit schweren Spoilern zu spicken.

10/10
Lamond

Sonntag, April 10, 2005

Y the last man: Cycles TPB 2

Written by Brian K. Vaughan, pencils by Pia Guerra and inks by José Marzán Jr. (Vertigo). Deutsch: "Y - the last man: Tage wie diese" Band 2 (Speed Comics, ISBN: 3-936068-81-X).

Was geschieht als nächstes? Der zweite Storyarc "Cycles" (#6 - #10) führt die faszinierende Idee des Schicksals einer Welt ohne Männer fort. Die Bedrohung durch die Gruppe der "Amazonen", der auch Yoricks Schwester Hero angehört, wird geschürt. Weil moderne Transportmittel vorzugsweise von Männern gesteuert wurden, werden Züge wieder wichtig. So reisen Yorick, Agent 355 und Dr. Mann in einem Schweine-Waggon von Boston nach Los Angeles durch das Land wie in einem Road Movie. Währenddessen treffen die unterschiedlichen politischen und persönlichen Ansichten der Charaktere aufeinander - eine sehr amüsante Unterhaltung.

Vaughan greift das alte Motiv des "idyllischen Städtchens mit einem schrecklichen Geheimnis" originell auf. Dabei werden die sexuellen Begierden in einer eingeschlechtlichen Welt deutlich. Yorick wird von einer Sonia - keine Überfrau, sondern das Mädchen von nebenan - zärtlich verführt. Seine übereilte Reaktion trifft das Zentrum seiner Persönlichkeit. Die Auflösung des Geheimnisses von Marrisville überrascht und stimmt den Leser bezüglich seiner eigenen Gesellschaft nachdenklich.

Das devote und homoerotische Beziehungsgeflecht der soziopathischen Amazonen und die patriarchalische Ideologie ihrer Anführerin Victoria sind eine explosive Mischung, wie der Fortlauf der Geschichte verrät. Dabei beherrscht Vaughan so viele Subplots, dass die katastrophale These einer Welt ohne Männer aufgeweicht wird. Die geschwisterliche Beziehung von Hero und Yorick ist so ein glänzender Subplot von blinder verängstiger, um sich schlagender, Wut und dem Funken Verheißung, der sich aus dem Glauben an etwas, entzünden kann. Wie sich Yorick schließlich aus dem verhängnisvollen Spiel zu lösen gelingt, lässt hoffen, dass die Welt vielleicht noch nicht am Ende ist und dem Menschen Vergebung möglich erscheint, auch wenn die Opfer gewaltig sind.

Für die grafische Umsetzung dieses post-apokalyptischen Traumas verdienen Pia Guerra und Jose Marzan Jr. Bestnoten. Nicht von Bomben und Krieg ist die Zerstörung geprägt, sondern von der Leere und Einsamkeit der Landstriche, Gebäude und des sonstigen Geräts. Teilweise gespenstisch durchziehen die Protagonisten die Städte auf ihrem Weg.

Gender studies at its best!

10/10

Secret War #4

Written by Brian Michael Bendis, art by Gabriele Dell'Otto (Marvel). Deutsch: "Secret War 2" (Panini Comics, Juni 2005).

Angekündigt als "the super battle of the year you've been waiting for" beinhaltet das Heft den Kampf Marvels NYC-Superhelden gegen Marvels Technik-Bösewichter. Die Bilder sind - wie gewohnt - wunderschön. Insbesondere der Schluss mit einer explodierenden Bombe in gleißendem Blau-Weiß ist fantastisch. Die Angst in Ben Grimms Gesicht ist beängstigend und der Dialog von Daredevil und Mr. Hudak (Scorcher) verstörend gut. Nur stellt sich die Frage, warum Bendis nicht mehr aus der Story herausholt.

Ich hätte gerne etwas erfahren über die cover-spendende Black Widow, die gar nicht im Comic vorkommt. Die Borg-Königin ist also die ultimative Bedrohung des Marvel Universums. Hoffentlich beruht ihre Rache nicht allein auf ihrer Verunstaltung. Das wäre infam.

Dass Bendis noch immer nicht den Vorhang lüftet und der Leser nicht weiß, was zu Beginn von Secret War in Latveria geschah, rechne ich ihm hoch an. Dass er für den status quo vier Hefte benötigte, die im 6-Monats-Rhythmus veröffentlich werden, macht mich sprachlos. Bendis bleibt noch ein Heft, um alle Fäden zusammenzuführen und vielleicht noch eine intelligente Geschichte zu produzieren.

6/10

Rezension von Heft 3 unter http://supercomics.blogspot.com/2005/03/secret-war-3.html.