Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Mittwoch, März 15, 2006

Kaines Top 5 - Februar 2006

Ohne bestimmte Reihenfolge, aber mit Spoilern.

Daredevil # 82 Marvel $2.99 written by Ed Brubaker, art by Michael Lark 15.02.06

„The Devil in Cell-Block D, Part One“ Brubaker und Lark treten ein schweres Erbe an. Aber schon im ersten Heft nach Bendis und Maleev beweisen sie, dass sie die richtigen Nachfolger für Daredevil sind. Trotz der ungünstigen Ausgangslage schafft Brubaker es von Anfang an den Leser zu fesseln und Murdock, Foggy und Urich authentisch darzustellen. Außerdem schafft er eine Atmosphäre, die die Geschehnisse und die Reaktionen der Hauptfiguren überzeugend wirken lassen. Lark lasst mit formidablen, teils recht düsteren Zeichnungen jeden Zweifel im Keim ersticken, dass er Maleev nicht ersetzen könnte. Vielmehr gelingt es ihm problemlos noch besser zu gefallen.


Young Avengers # 10 Marvel $2.99 written by Allan Heinberg, pencils by Jim Cheung, inks by Rob Stull with Jim Cheung, Dave Meikis and Dexter Vines 08.02.06

„Family Matters, Part Two“ Heinberg schafft Continuity-Verknüpfungen wie sonst keiner in letzter Zeit im Haus der Ideen. Er überzeugt nicht nur mit einer guten Story und gelungenen Dialogen, sondern beweist mit den Enthüllungen und Andeutungen zu Wiccan und Hulkling, dass er sich in der Geschichte der Avengers bestens auskennt und es immer noch möglich ist, gute Geschichten zu schreiben, die mit der Vergangenheit verknüpft sind und sie ergänzen, anstatt sie zu ignorieren. Cheungs Zeichnungen mindern den Spaß, den das Heft macht, natürlich nicht im geringsten.


Captain America # 14 Marvel $2.50 written by Ed Brubaker, pencils by Steve Epting 01.02.06

„Winter Soldier, Conclusion“ Mit dem Abschluß von Winter Soldier konzentrieren sich Brubaker und Epting hauptsächlich auf ein Aktion-Feuerwerk, nämlich die Konfrontation zwischen Captain America und dem Winter Soldier. Das Heft bietet kaum Überraschungen und das ist auch gar nicht Brubakers Absicht. Hier geht es nur um den Kampf der Hauptfiguren und der ist bis zum Schluß sehr gelungen inszeniert. Auch der Ausgang ist kein Schock und erfüllt die Erwartungen. Aber ganz kann Brubaker es nicht lassen und so gibt es bei Lukin noch eine unerwartete Wendung, die weitere interessante Geschichten verspricht. Über Eptings Zeichnungen gibt es nicht viel zu sagen, wenn man nicht das übliche Lob wieder und wieder wiederholen will. Besonders gelungen ist allerdings das letzte Panel.


Loveless # 4 Vertigo $2.99 written by by Brian Azzarello, art by Marcelo Frusin 15.02.06

„A Kin of Homecoming“ Wes Cutter kommt noch einmal nach Blackwater und trifft einige alte Bekannte, während er versucht zu erfahren was mit seiner Frau passiert ist. Dabei schafft er es jeden gegen sich aufzubringen, dem er über den Weg läuft. Während die Armee sich mit Gewaltakten gegen Schwarze und gegen die eigenen Leute auseinandersetzen muß, zeigt Cutter mit einem Knalleffekt, daß er seinen eigenen Weg geht und sich nicht manipulieren läßt. Azzarello führt Cutter konsequent seinem Ziel zu, bei dem er auf niemanden Rücksicht nimmt, weder auf die Staatsgewalt in Gestalt der Armee, noch auf alte Freunde, seien es einfache Einwohner oder Aufständische. Frusins Zeichnungen schaffen nach wie vor die passende Atmosphäre für die Story. Nur wird langsam deutlich, dass auch er leider nicht der Schnellste ist.


Exterminators # 2 Vertigo $2.99 written by Simon Oliver, art by Tony Moore 01.02.06

„Bug Brothers, Chapter Two“ Nach der Einführung der Figuren im ersten Heft nimmt die Story langsam Fahrt auf. Neben Enthüllungen über das Insektenvernichtungsmittel Draxx und einer rasanten Entwicklung AJs, bereitet Simon Oliver durch Henrys Freundin weitere Verwicklungen vor. Oliver entwickelt seine Story langsam und durchdacht, genauso wie die Figuren, was sich zu einem überzeugenden Ganzen verbindet. Dabei läßt er gelegentlich neue geheimnisvolle Aspekte einfließen, wie AJs Box, die ahnen lassen, dass einem weder das wahre Ausmaß der Geschichte noch die Richtung, in die sie sich entwickeln wird, klar sind. Zu Tony Moores Zeichnungen ist nicht viel zu sagen, außer dass sie wie nicht anders zu erwarten wieder vollkommen überzeugen.

Kaine

Sonntag, März 12, 2006

Daredevil: Decalogue TPB 12

Written by Brian M. Bendis, pencils by Alex Maleev (Marvel). Deutsch: "Daredevil" erscheint im Rahmen der Marvel Exklusiv Reihe (PaniniComics Deutschland).






























Hat sich jemand von euch schon einmal gefragt, was die Aufgabe der sogenannten „Editors“ ist? Ich weiss das selbst nicht so genau, aber ich ging bis zur Lektüre dieses Bandes davon aus, dass sie neben den Koordinationsaufgaben auch korrigierend einschreiten, wenn bei der von ihnen beaufsichtigten Geschichte etwas falsch läuft. Damit meine ich nicht nur grammatikalische Fehler und das Zensieren von Kraftausdrücken. Offensichtlich habe ich ihre Kompetenzen überschätzt.

Seit der „King of Hells Kitchen“-Storyline (TPB 9), in welcher Bendis bei der Serie einen Zeitsprung von einem Jahr machte, befinden sich die Daredevil-Leser auf der Suche nach der verlorenen Zeit, an dessen Anfang sich unser Titelheld zum neuen Kingpin erklärt hatte.

„Decalogue“ beginnt storytechnisch auf raffinierte Art und Weise, nämlich beim Treffen der „Anonymen Daredevil Affektierten“. Als Leser mit mehr oder weniger gesundem Menschenverstand (der ich hoffentlich bin) kombinierte ich die Inhaltsangabe („Was geschah während des verlorenen Jahres“) und den Titel des Storyarcs („Decalogue“, was soviel heisst wie „Die Zehn Gebote“) zu folgender Prognose:

In jedem der fünf Hefte wird je einer der Gesprächsrundenteilnehmer seine Geschichte erzählen, welche sich jeweils um zwei der insgesamt zehn biblischen Gebote dreht. Damit hätten wir fünf Kurzgeschichten aus fünf verschiedenen Perspektiven, welche ein ziemlich übersichtliches Bild des verlorenen Jahres wiedergeben und dazu noch einen Titel, der Sinn ergibt – Falsch gedacht.

Was mich wirklich erwartete waren zwei Kurzgeschichten und einen Vierteiler über einen mysteriösen „Babyparasiten aus der okkulten Ninja-Hölle“, der unschuldige Menschen befällt und sie furchtbare Dinge tun lässt. Ihr könnt euch vorstellen, wie perplex ich nach der Lektüre war. Ich drehte den Band um. Auf dem Buchrücken fand ich folgende Information zu lesen: „Exactly what happened during Daredevil’s year-long reign as the new Kingpin?“. Ich dachte, es handle sich bei diesen kurzen Texten jeweils um eine Inhaltsangabe und nicht um eine offene Frage an den Autor.

Doch damit nicht genug, denn es bleibt immer noch die Frage, in welchem Zusammenhang der Titel, „Decalogue“, mit der Geschichte steht. Was haben die Zehn Gebote mit diesem Fünfteiler zu tun? Das erste Mysterium bildet die Tatsache, dass auf den Covers jeweils nur ein Gebot abgedruckt wurde, was bedeutet, dass lediglich die deren fünf angesprochen wurden. Das zweite weit irritierende Rätsel hängt damit zusammen, dass keines der Gebote in der Geschichte direkt oder indirekt angesprochen wurde. Ich räume jedoch ein, auch wenn es mir schwer fällt, nicht allwissend zu sein und lasse die Möglichkeit offen, das Konzept hinter dieser Storyline einfach nicht verstanden zu haben. Deshalb lade ich diejenigen unter euch ein, welche ebenfalls das fragwürdige Vergnügen dieser Geschichte hatten, mich aufzuklären.

Sieht man jedoch davon ab, dass wir, die treuen Daredevil Leser, nicht das bekommen haben, was man uns versprochen hat, so handelt es sich hier um eine ziemlich solide Storyline, welche qualitativ auf einer Ebene mit den letzten zwei Bänden („The Widow TPB 10“, „The Golden Age TPB 11“) steht.

Maleevs Zeichnungen sind weiterhin eine Klasse für sich. Natürlich geht durch die unbestrittene Kunstfertigkeit einiges an Dynamik verloren, aber das wird durch die überwältigende Mimik und die atemberaubenden Posen bei Weitem kompensiert.

Abschliessend kann man sagen, dass die Geschichte objektiv zwar gut aber was die aufgebauten Erwartungen angeht schlichtweg falsch ist. Man möchte die Verantwortlichen, allen vor an Bendis an das elfte Gebot erinnern: „Du sollst deine treuen Fans nicht mit Scheinkonzepten verarschen!“. Aus diesem Grund beende ich meine Besprechung mit:

6/10 What the "*%!!-##/*%!??"
Lamond

Review zu "Daredevil: Ein Überblick (TPB 4-10)" von Lamond
Review zu "Daredevil: The Golden Age TPB 11" von Lamond

Incredible Hulk: Tempest Fugit TPB 9

Written by Peter David, pencils by Lee Weeks (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Fragt man einen Comic-Verständigen, ob er eine Lieblingsfigur oder einen Lieblingscharakter hat, wird er wahrscheinlich ganz nüchtern antworten, dass es so was wie schlechte oder gute Figuren nicht gibt, sondern lediglich gute oder schlechte Geschichten. Die Tatsache, dass er mit dieser Aussage Recht behielte, ändert nichts an der Tatsache, dass einem die Grundcharakterisierung einer Comic-Figur mehr oder weniger anspricht, was dem Leser wiederum die Kaufentscheidung erleichtert. Ich jedenfalls habe nicht nur Lieblinge bei Marvel, sondern auch Figuren, die ich dezent meide. Zu letzterer Kategorie gehören unter anderem der Punisher, Elektra, Black Widow und bis vor kurzem eben auch der „unglaubliche Hulk“. Von Zeit zu Zeit frage ich dann meine Comic-Kollegen, was sie von diesen Figuren bzw. ihren aktuellen Abenteuern halten und wenn die Feedbacks überdurchschnittlich positiv sind, gebe ich der entsprechenden Serie eine Chance.

Ein Grund, weshalb ich den Hulk mied, war die Fehlannahme, dass dieses Monster nicht zur verbalen Kommunikation fähig war („Hulk Smash!“, wird wohl kaum in einer Sammlung der besten Lebensweisheiten und Zitate auftauchen). Wie sich bei der Lektüre herausstellte, kann der grüne Goliath nicht nur in ganzen Sätzen sprechen, nein, er ist auch schlagfertig und überzeugt gar durch seinen trockenen Sinn für Humor.

Der Hulk, der gerade am Meeresgrund einen gemütlichen Spaziergang macht, strandet auf einer Insel. Hier begegnen ihm pausenlos alte Bekannte, wie z.B. der graue Hulk, Fing Fan Foom, General Ross und sogar Bruce Banners tot geglaubte Ehefrau Betty Ross. Es kommt zu spektakulären Kämpfen, witzigen Dialogen und sogar zu rührenden Momenten. Obwohl es zweifellos die Absicht des Autors war, mit dieser Storyline den Hulk mal wieder richtig in Aktion zu setzen, widmet er sich auch Bruce Banners Jugend und bringt eine erstaunliche Erkenntnis ans Licht: Der Hulk gibt es nicht erst seit den Gammastrahlen-Vorfall, sondern schon seit dem Tod von Banners Eltern. Der Hulk begann als imaginärer Vater-Ersatz und wurde immer mehr zu einer zweiten Persönlichkeit, kurz gesagt: Bruce war schizophren und der aktuelle Hulk ist nichts anderes als die fleischgewordene zweite Persönlichkeit.

Die Geschichte ist dicht, charmant und fürchterlich unterhaltsam. Den Band legte ich jeweils nur kurz weg, um mich zu ohrfeigen, denn nachdem ich diese Figur solange zu unrecht ignoriert habe, hatte ich es nicht anders verdient. Peter David konnte mich schon mit seiner Serie „Fallen Angel“ überzeugen, aber dass "sein" Hulk soviel hergibt, hätte ich nicht zu träumen gewagt. Doch damit nicht genug, denn David wurde durch den unglaublichen Lee Weeks unterstützt, dessen wunderbar detaillierten und dynamischen Zeichnungen die Figuren erst richtig Leben erwecken. Sein Artwork erinnert mich an eine Mischung aus Gary Frank (Supreme Power) und John Romita Jr. (Wolverine). Kurz gesagt: Ein grandioses Comic-Erlebnis, welches mir gezeigt hat, dass aufgrund unberechtigter Vorteile oftmals grosse Unterhaltung verloren geht.

9/10
Lamond

Review zu Fallen Angel TPB 1 unter