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Donnerstag, April 07, 2005

Ultimate X-Men: ein Überblick

Written by Mark Millar, Brian M. Bendis, Brian Vaughan, pencils by Adam and Andy Kubert, David Finch (Marvel) Deutsch: "Die ultimativen X-Men" (Panini Comics, fortlaufend seit Mai 2001).

Wie die meisten Comic-Kenner wissen, hatte Marvel vor einigen Jahren den genialen Einfall, die altbekannten Charaktere in einer moderneren und „realistischeren“ Interpretation wiederzubeleben. Primäres Ziel war es, die Last der 40jährigen Kontinuität abzulegen, um damit Neulesern einen einfachen Einstieg zu ermöglichen. Das ultimative Universum war geboren und die Umsetzung schlug ein wie eine Bombe. Die Ultimativen Serien gehören zu den meistverkauften Marvel Titeln.

Es gibt mittlerweile vier verschiedene fortlaufende ultimative Serien: der Ultimative Spider-Man, die Ultimativen (Rächer), die Ultimativen Fantastischen Vier und schliesslich die Ultimativen X-Men. Letztere Serie wurde anfänglich mit Skepsis von den Fans empfangen, denn schliesslich handelt es sich bei den X-Men um die meist ausgeschlachteten Charaktere des Marvel Universums. Da gibt es einmal vier verschiedene X-Men Serien im klassischen Universum (Uncanny X-Men, X-Men, Astonishing X-Men, New X-Men), doch als wäre das noch nicht genug, haben einige der Gruppenmitglieder noch ihre eigene Serien (Wolverine, Gambit, Rogue, Mystique, Nightcrawler, etc.). Es wurden kritische Stimmen laut, die zu Recht forderten, dass die Ausschlachtung dieser Figuren ein Ende finden sollte, zumal Marvel durch die exzessive Kommerzialisierung Fans zu verlieren drohte, was in einer ohnehin schwierigen Zeit für die Comic-Branche ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellte. Doch diese Befürchtungen wurden verworfen als den Lesern klar wurde, dass „Ultimate X-Men“ den alten Fans eine Möglichkeit bot, ihre Lieblinge in neuer Frische kennen zu lernen und für die Neuleser eine optimale Einstiegsmöglichkeit darstellte.

Die ultimativen X-Men überzeugen durch frische und unkomplizierte Geschichten. Die düstere Stimmung, die in den 90er Jahren diese Charaktere für Jungleser beinahe unleserlich machte, wurde durch eine optimistischere Grundhaltung abgelöst, was die Figuren in neuem Licht glänzen lässt. Als Leser hat man nicht mehr den Eindruck, dass alles in einer Katastrophe enden wird, sondern hofft auf eine Bewältigung der Probleme durch ihre Helden. Fatalismus wird durch Hoffnung ersetzt, Schwermut durch Humor. Die Serie erinnert wieder mehr an ihre Anfänge, als die X-Men eine Metapher für die Teenager der 60er Jahre waren und den damit verbundenen Generationenkonflikt.

Mark Millars gesellschaftskritischer Ansatz (Ultimate X-Men TPB 1-7)

Mark Millars Vorliebe für politisch brisante Themen werden auch in seinem Ultimate X-Men Run deutlich. Der erste Band wirkt wie eine Darstellung des 11. Septembers 2001, doch auch sonst ist die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem „Clash of Civili…ähhm Species“ allgegenwärtig. Die differenzierte Auseinandersetzung mit dieser komplexen Problematik (irrationale Panikreaktionen, Aufhebung des offenen Gesellschaft, Todesstrafe, etc.) wird dermassen gut und einleuchtend erklärt, dass so mancher Soziologe neidisch werden dürfte. Vor allem die ersten Storylines von Mark Millar und Andy und Adam Kubert sind eine hoch politische Angelegenheit. Daraus solltet Ihr jedoch nicht den Schluss ziehen, dass die Serie zu anspruchsvoll oder gar langweilig ist. Ganz im Gegenteil zwingen sich die von mir genannten Sichtweisen keinem Leser auf. Der Eine - dazu zähle ich - wird eine Menge in diesen Geschichten hineininterpretieren, der Andere wird sich einfach an actionreichen X-Men Geschichten erfreuen.

Brian M. Bendis’ Kurzauftritt (Ultimate X-Men TPB 8)

Brian M Bendis schrieb lediglich eine Storyline für diese Serie. Er nutzte die Gelegenheit um neue „altbekannte“ Charaktere einzuführen, u.a. Emma Frost. Bendis schliesst jedoch nahtlos an Millars Leistung an, sodass man als Leser kaum einen Unterschied zu Millar erkennt, was zu begrüssen ist. Dieser Band ist optimal geeignet für einen Neueinstieg, ohne die vorhergehenden Bände nachkaufen zu müssen. Einzig David Finchs (New Avengers) Zeichnungen sind im Vergleich zu Kuberts gewöhnungsbedürftig.

Brian K. Vaughans Siegeszug (Ultimate X-Men TPB 9, 10)

Brian K. Vaughans beweist nun seit Jahren das er zu den besten Comicbuch-Autoren gehört. Mit seinen zwei Ultimate X-Men Storylines setzt er seinen Siegeszug fort. Er schafft es nämlich eine ohnehin fantastische Serie zu verbessern. Die Geschichten wirken noch frischer, die Charaktere werden besser eingesetzt und das ohne ständig in die düsteren Tiefen der Mutantenseele abzutauchen. Die positive Stimmung macht Vaughans ohnehin brillante Schreibe zu einer wahren Meisterleisterleistung.

9/10
Lamond

The Losers: Ante Up TPB 1

Written by Andy Diggle, pencils by Jock (Vertigo). Keine Deutsche Fassung erhältlich.

Ich wurde von einem Forum-User mit folgenden Worten auf diese Serie aufmerksam gemacht: „Wenn dir HYPE Dialoge gefallen, darfst du diese Serie auf keinen Fall verpassen.“ Als ich fragte worum es denn darin gehe, meinte er „The Losers“ sei eine modernere, coolere und vor allem erwachsenere Version des A-Teams. Er sollte Recht behalten.

„The Losers“ handelt von einer ehemaligen militärischen Spezialeinheit der CIA, die von den eigenen Leuten verraten wurden und eigentlich schon längst tot sein müssten. Man hält die Jungs während einiger Jahre auch für tot, doch plötzlich sind sie wieder da und zwar mit einem hinreissenden Plan: Rache. Hinter ihrer gescheiterten Ermordung vermuten sie eine CIA-interne Verschwörung, an deren Spitze eine mysteriöse Persönlichkeit mit dem Codenamen „MAX“ stehen soll. Die „Losers“ bestehen aus Clay, Jensen, Pooch, Cougar, Roque und Aisha. Im ersten Heft werden all diese Figuren nicht nach ihren Persönlichkeiten, sondern eher nach ihrer militärischen Funktion charakterisiert. Das erleichtert den Einstieg in die Serie, könnte jedoch auf einige Leser zu eindimensional wirken. Da wäre Clay, der Anführer der Bande, Jensen, der Technikfreak, Pooch, die gute Seele und der Fluchtfahrer, Cougar, der Scharfschütze, Roque, der „bad Cop“ und schliesslich Aisha, eine sexy Killermaschine. Autor Andy Diggle geniesst es sichtlich alle möglichen Klischees zu bedienen. Einige Leser werden sich dabei an den Kopf greifen, jedoch bin ich der Meinung das gut eingesetzte Klischees eine Serie bereichern.

Zugegeben ist die Grundhandlung ziemlich einfach gestrickt und könnte fälschlicherweise den Eindruck erwecken, dass es sich um eine ziemlich langweilige, ja gar voraussehbare Serie handelt. Doch Andy Diggle ist ein wahrer Meister seines Fachs und weiss immer wieder das Unvermeidliche so zu präsentieren, dass es neu und erfrischend wirkt. Einige „Plotpoints“ kann man dabei mit gutem Gewissen als brillant bezeichnen. „The Losers“ vereint Handlungselemente, die jedoch weniger typisch für Comics als vielmehr für Hollywood-Streifen sind: Action, viele verschiedene Locations und atemberaubende Cliffhanger. Die Dialoge sind „tarantinoesk“, der Handlungsaufbau erinnert jedoch an eine Jerry Bruckheimer Produktion. Man braucht einige Ausgaben um den Einstieg zu finden, nicht zuletzt weil es keine Einführung gibt, sondern der Leser sofort in das Geschehen geworfen wird. Hat man sich jedoch einmal eingelesen kann man die jeweils nächste Ausgabe kaum abwarten.

Jocks Zeichnungen erinnern etwas an jene von Michael Gaydos (Alias, Powerless, Daredevil Redemption), was meiner Meinung nach das Verständnis der oftmals sehr schnellen Erzählweise erschwert. Doch ähnlich wie bei anderen unbekannteren Serien vermag die vom Inhalt herrührende Spannung die kleinen graphischen Defizite vergessen zu machen. „The Losers“ ist definitiv kein „must read“, aber wer Spass an Verschwörungsthrillern, am Geheimdienst-Genre hat oder grundsätzlich der Meinung ist, dass die heutigen Comics ein bisschen weniger Charakterstudien und mehr Action vertragen könnten, wird an dieser Serie seine helle Freude haben. Ain’t it Cool News meinte zu der Serie: „Hollywood könnte sich glücklich schätzen, wenn sie mal einen Actionfilm produzieren würden, der nur halb so unterhaltsam wie „The Losers“ wäre“.

7/10
Lamond