Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Juli 09, 2006

Lady Snowblood

InDeeVee: Juli 2006

Geschrieben von Kazuo Koike, gezeichnet von Kazuo Kamimura. Deutsch: Carlsen Verlag, Band 1 (ISBN: 3-551-77781-0, € 16,90, Mai 2006), Band 2 (ISBN: 3-551-77782-9, € 18,- mit Schuber, Oktober 2006), Band 3 (ISBN: 3-551-77783-7, € 16,90, Oktober 2006).


Yuki Kashima will Rache. Dabei geht sie über Leichen.

Die Meiji-Dynastie, Japan, befindet sich im Umbruch und wird moderner. Da passiert es – Yukis Mutter muss mit ansehen, wie ihr Ehemann und ihr kleiner Sohn vor ihren Augen aus Habgier brutal ermordet worden, während man sie selbst mehrfach vergewaltigt. Verständlicherweise will Yukis Mutter sich rächen und ermordet einen ihrer Peiniger. Aber auf der Jagd nach den anderen Übeltätern wird sie erwischt und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Allerdings lässt sich der Hass nicht einfach abstellen und so gibt sie sich den Wächtern hin, die ihr ein Kind zeugen – Yuki. Bei der Geburt stirbt sie und ihre Tochter wird von einer entlassenen Mitgefangenen aufgezogen und trainiert. Sie wird ein Instrument der Rache. Sie wird Lady Snowblood.

Keine leichte Kost für sanfte Gemüter und definitiv nichts für Zartbeseitete, denn die Hauptfigur ist grausam, gnadenlos und tödlich. Sie reist durch das Land, um die letzten drei Verbrecher – zwei Männer und eine Frau – zur Strecke zu bringen und verdient sich ihren Lebensunterhalt mit weiteren Auftragsmorden.

Doch Lady Snowblood, Shurayukihime, ist nicht einfach eine tumbe Metzelorgie ohne Sinn und Verstand, denn die Protagonistin ist auch clever und genau auf diese Cleverness muss sie sich oftmals verlassen, um sich ihren nächsten Opfern erfolgreich nähern zu können und sie leise und präzise zur Strecke zu bringen, denn letztendlich ist sie immer noch eine Frau und den Männern kräftemäßig unterlegen – ein Manko, welches sie jedoch auch mit ihrer Agilität und nicht zuletzt den Waffen einer Frau ausgleicht.

Ja, Lady Snowblood ist episch angelegt und auch die Erotik kommt mitnichten zu kurz, auch wenn Autor und Zeichner alle Hände voll zu tun haben, mit Symbolik und Ähnlichen zu arbeiten, denn die bis heute anhaltende Zensur gewisser Körperregionen lässt jeden Autoren kreativ werden.
Die Handlung wechselt zwischen Jetztzeit und Rückblenden hin und her und der Leser wird erst nach und nach mit dem grausamen Schicksal von Yukis Mutter vertraut gemacht.

Yuki ist aber eine Antiheldin und als solche keinesfalls eine Figur, der man einhellig Sympathien bezeugt, denn auf ihrem Rachefeldzug geht sie sehr rücksichtslos vor und tötet – im Gegensatz zu ähnlich angelegten Figuren wie z.B. dem Punisher – auch Unschuldige und solche, die ihr bei der Ausführung ihrer Pläne gelegen kommen.
Es ist eine böse und mörderische Welt da draußen und Yuki durchlebt diese Hölle jeden Tag. Das spüren auch ihre Feinde. Ihr Blick ist eiskalt und voller Hass.

Autor Kazuo Koike (geb. 1936) erzählt eine düstere, brutale, aber ungemein fesselnde Geschichte, angelegt auf etwas über 1000 Seiten.
Dazu liefert Zeichner Kazuo Kamimura (1940-1986) die passenden Bilder. Sein Stil wirkt an keiner Stelle antiquiert, zu keinem Zeitpunkt sieht man dem Manga an, daß er bereits 1972 entstanden ist. Auch Klischees wie Riesenaugen bedient Kamimura nicht und damit ist die Serie auch geeignet, Mangahassern zu gefallen. Sein Stil ist einfach, aber beeindruckend zugleich. Wenn die Titelheldin ihren Tanz des Todes beginnt, und plötzlich von einer Sekunde auf die nächste innehält, steht auch der Leser still und lässt die Bilder auf sich wirken.

Koike dürfte den meisten deutschen Lesern kein Unbekannter sein, erschienen bzw. erscheinen doch zwei seiner populärsten Manga hierzulande – Crying Freeman (zusammen mit Ryuichi Ikegami, auf Deutsch bei Schreiber & Leser erschienen) und Lonewolf and Cub (Ôkami; zusammen mit Goseki Kojima; erst erfolglos und unvollständig bei Carlsen erschienen und derzeit bei Panini im Programm). Kamimura ist in Deutschland jedoch bisher komplett unbekannt geblieben und Lady Snowblood ist sein erstes auf Deutsch vorgelegtes Werk.

Auch der Filmindustrie blieb der Stoff natürlich nicht unbekannt. Bereits ein Jahr nach Erscheinen des Manga kam Shurayukihime (Lady Snowblood) ins Kino und im Folgejahr entstand die die Fortsetzung Shura-yuki-hime: Urami Renga (Lady Snowblood 2: Love Song of Vengeance). Erst 2001 entstand mit Shura Yukihime (Princess Blade) eine weitere Verfilmung des Stoffes. Aber auch Quentin Tarantino führt den Film als eine seiner Inspirationen für Kill Bill auf, auch wenn man die Parallelen (Schneelandschaft, Frau mit einem Racheplan, Kapiteleinteilung, zeitliche Sprünge, Filmmusik) vielleicht nicht direkt auf den ersten Blick erkennt.

Der Hamburger Carlsen Verlag legt das Werk nun in zwei telefonbuchstarken Bänden auf Deutsch vor und weil sich der Name Quentin Tarantino sicherlich verkaufsfördernd auswirken dürfte, prangt direkt auf dem Cover ein Button mit dem entsprechenden Hinweis, genauso wie das Farbschema des Kinoplakats von Kill Bill nicht fehlen darf. Sieht man aber mal davon ab, so hat der Verlag eine wirklich schöne Ausgabe herausgebracht. Klar ist der VK mit €16,90 nicht gerade klein, aber dafür bekommt man auch 500 Seiten Gegenleistung. Abgerundet wird der Band mit Kurzportraits zu Autor und Zeichner, sowie einem ausführlichen Vorwort von Georg Seeßlen, seines Zeichens Filmkritiker (weswegen der Text sich auch mehr auf die filmische Seite der Lady schlägt) und u.a Mitautor eines äußerst interessanten Sachbuches über Quentin Tarantino.

Der Grammaton Kleriker

Incredible Hulk: Prelude to Planet Hulk TPB 10

Written by Daniel Way, pencils by Keu Cha and Juan Santacruz (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.





























Nach dem Bruce Jones-Run wusste Marvel nicht mehr, was sie mit dem "Unglaublichen Hulk" anfangen sollten. Zwar setzte man mit Peter David einen hochkarätigen und erfahrenen Autor an die Serie, aber der schrieb im Grunde genommen „nur“ isolierte Geschichten (Tempest Fugit, HoM Incredible Hulk), die kaum auf die vergangenen Ereignisse eingingen und wahrscheinlich besser als Mini-Serien hätten erscheinen sollen. Es ging sogar so weit, dass David den gesamten Jones-Lauf als einen Traum deklarierte. Dieses kreative Chaos schlug sich auch auf das Leserinteresse nieder, denn nichts hassen Comic-Fans mehr als Continuity-Unklarheiten. Das ist im Übrigen auch ein Grund, weshalb sich Minis grundsätzlich immer schlechter verkaufen als fortlaufende Serien.

Man bekam den Eindruck, dass der Verlag einfach keine frischen Ideen für die ehemalige Marvel-Ikone hatte. Doch plötzlich, als man sogar mit der Einstellung der Serie rechnete, wurde von Verlagsseite verkündet, dass der grüne Riese seinen eigenen Event erhielte - „Planet Hulk“. Überrascht nahm ich diese Neuigkeit zur Kenntnis und traute der ganzen Sache nicht so richtig. Waren solche Projekte normalerweise nicht den „cash cows“ vorbehalten? Da war doch was Faul im Haus der Ideen!

Bruce Banner erholt sich von den vergangenen zugegebenermassen turbulenten Ereignissen (Tempest Fugit) als Einsiedler in Alaska. Isoliert von der Aussenwelt hofft er endlich den Frieden zu finden, dem man ihn seit Jahren vergönnte. Er vertreibt sich die Zeit mit Fischen und dem gelegentlichen Einschüchtern von Grizzlie-Bären. Doch so einsam Bruce auch sein möchte, auf bestimmte Produkte – ich nehme an darunter befinden sich seine Comic-Abos - kann er nicht verzichten und so wird er regelmässig von seinem neuen Kumpel Mark mit dem Nötigsten beliefert.

Doch der Frieden trügt, denn Mark ist nicht der, für den man ihn hält. Er ist ein Agent von S.H.I.E.L.D., der die ganze Zeit die Aufgabe hatte, Dr. Banner ausfindig zu machen und ihn eine Botschaft des berüchtigten Nick Fury zu überbringen, welche folgendermassen lautet: „Eine den Tod bringende Weltraumstation von Hydra droht die Erde zu zerstören und nur der Hulk kann dieses Problem lösen“.

Nach einem voraussehbaren Hin- und Herargumentieren entschliesst sich Bruce – der Nick Fury kennt und deshalb der ganzen Sache misstraut – auf diesen doch etwas seltsamen Hilferuf einzuwilligen. Von hier an ändert sich der Ton der Geschichte, die anfing wie eine tiefsinnige Charakterstudie und nun plötzlich daherkommt wie ein 70er Jahre Science Ficton B-Movie. Der Hulk erledigt nach anfänglichen Schwierigkeiten die Aufgabe mit Bravour, aber wie immer, wenn Fury seine hinterhältigen Finger im Spiel hat, war alles nur ein Vorwand um einen erschütternden Plan in die Tat umzusetzen.

Ich möchte euch nicht verraten, was denn nun das eigentliche Ziel dieser Mission und ob sie überhaupt erfolgreich war, aber mit ein wenig Vorstellungskraft könnt ihr es euch ja selbst zusammenreimen, denn die nächste Storyline heisst nicht umsonst „Planet Hulk“. Überraschenderweise stellt man als Leser fest, dass Fury nicht auf Eigeninitiative gehandelt hat. Wer steckt hinter dieser hinterlistigen und skrupellosen Aktion? Die üblichen Verdächtigen?

Daniel Way hatte die undankbare Aufgabe seinen ohnehin kurzen Run (#88-#91) auf eine „Planet Hulk“-Einleitung zu begrenzen. Doch trotz stark eingeschränkter kreativer Möglichkeiten brachte er eine durchaus lesbare Geschichte zu stande, die zwar sehr arm an Dialogen, aber stark zu unterhalten und vor allem zu überraschen weiss.

Ich möchte die in der Einleitung gestellte Frage wieder aufgreifen: „Was ist faul an der aktuellen Hulk-Entwicklung?“ Wieso bekommt ein Charakter, mit dem man noch vor kurzem nichts anzufangen wusste, einen 14-teiliges Mega-Event?

Diese Frage lässt sich meiner Meinung nach im Kontext mit dem später angekündigten, „wahren“ Sommerevent, CIVIL WAR, erklären. Ohne inhaltlich auf die zukünftigen Begebenheiten einzugehen, kann man, glaube ich, Folgendes sagen:

Der Hulk liess sich nicht in die „CIVIL WAR“-Ereignisse integrieren und so entschlossen sich die Verantwortlichen bei Marvel den Störenfried auf den Mond zu schiessen, bzw. zum „Planet Hulk“. Nun gut, zumindest können wir uns glücklich schätzen, dass sie den Charakter nicht einfach „getötet“ haben – noch nicht.

7/10
Lamond
Rezension zu Incredible Hulk: Tempest Fugit TPB 9 von Lamond.