Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Juli 03, 2005

Captain America: Winter Soldier: Out Of Time TPB 1

LL's US-TPB-PREVIEW: Juli 2005

Written by Ed Brubaker, pencils by Steve Epting (Marvel). Deutsch: Marvel Monster Edition 12: Captain America 1 (PaniniComics, 20.4.2006).

Was weiß ich von Captain America?

Er ist ein Guter. Ein richtig Guter und steht aufrecht für hehre Ziele und die US-amerikanischen Tugenden. Er ist ein geschickter und starker Athlet, trägt ein unzerstörbares Schild und läuft in einer US-Flagge als Maskierung herum. Sein erstes Leben hat er dem Kampf gegen Nazi-Deutschland gewidmet. Dann starb sein Partner Bucky (eine Art von farblosem Robin des Marvel-Universums, dem heute niemand mehr eine Träne nachweint) und Cap selbst wurde für Jahrzehnte im ewigen Eis im Tiefschlaf konserviert. Wieder unter den Lebenden wurde Cap Boss der Rächer und kämpfte in seiner eigenen Serie häufig gegen wieder auferstandene Alt-Nazis und deren Erben. Neben Baron Zemo machte ihm insbesondere der Red Skull manchmal mit Hilfe eines Cosmic Cubes immer wieder zu schaffen.

So weit so gut. Mehr muss ich nicht wissen. Abgesehen von den Rächern, wo er ein notwendiges Übel war, habe ich Captain America eigentlich immer gemieden. Er war mir zu bieder, zu altbacken zu festgefahren in seinen patriotischen Überzeugungen und nahm für mich den gleichen Platz im Marvel Universum ein wie Superman im DC Universum: „Mister Pfadfinderehre“. Der Neustart der Cap Serie (der fünfte insgesamt) lies mich deshalb auch erst einmal völlig kalt. Aber dann häuften sich auf einmal sehr positive Kritiken im Netz. Auch von Leuten, denen ich sonst Besseres zutraue, als Cap zu lesen. Als dann noch das Gerücht die Runde machte, das Cap Kreativ-Team (Brubaker, Epting) würde nach Bendis Abgang Daredevil übernehmen und dies allgemein positiv aufgenommen wurde, wollte ich Gewissheit haben und nahm das Risiko auf mich: Die neue Cap-Serie wanderte in mein Abo. Hier die Folgen dieser Entscheidung:

Der Anfang der Story ist etwas zwiespältig, denn zunächst hat es nicht den Anschein, als wäre Brubaker etwas wirklich Neues eingefallen. Wieder einmal ist der Red Skull als Oberschurke zur Stelle und ein (wenn auch beschädigter) Cosmic Cube soll ihm bei der Erfüllung seiner Pläne helfen. (Gähn!) Aber Brubaker führt den ahnungslosen Leser zunächst einmal ganz schon in die Irre und als am Ende des ersten Kapitels plötzlich das Ruder herumgerissen wird ist man so erstaunt, dass man auch schon in der Falle sitzt und diese Geschichte unbedingt weiter lesen muss. Der scheinbar typische „Superheld vs. Superschurke“-Plot wandelt sich zu einer Geschichte voller Intrigen, mit reel wirkenden Schurken und dunklen terroristischer Machenschaften sowie einem Cap, dessen Erinnerung ihm plötzlich Streiche spielt und man ahnt schon, dass sich Caps bisher bekannte Origin u. U. nicht ganz mit den Tatsachen decken könnten. Das bedeutet nach Abschluss dieses Storybogens noch nicht unbedingt einen Retcon, aber selbst wenn sich in der Fortsetzung doch noch einer anbahnen würde, kann man bisher nicht behaupten, hier würde in der Geschichte der Figur herumgepfuscht. Da können sich andere Autoren gerne ein Beispiel nehmen.

Cap ist interessant charakterisiert und erscheint nicht so arg als Lichtgestalt wie sonst (er ist deutlich rücksichtsloser als der mir bekannte Charakter und erinnert eher an den Ultimativen Cap) und verarbeitet noch die Ereignisse der letzen Hefte und von Avengers Disassembled (Sehr schön, dass da nicht einfach mit dem Neustart alles unter den Tisch gekehrt wird.). Gerade sein Verhalten während der Flashback-Szenen, wobei er zwar seiner Missbilligung gegen die brutalen Foltermethoden beim Verhör eines Gefangenen Ausdruck verleiht, aber nichts dagegen unternimmt, zeigt diese Figur in einem ganz neuen Licht.

Die Nebencharaktere (Fury, Agent 13 und diverse Schurken) sind ebenfalls gut geschrieben und selbst der farblose Bucky bekommt in einer langen Flachback-Szene eine für den heutigen Anspruch an Comichelden geschaffene Charakterzeichnung, die seine Rolle während WWII in einem zwar deutlich anderen aber viel glaubhafteren Kontext bringt. Das einzige, was mich am Handlungsbogen gestört hat, war dass die Basis, auf der Bucky umkam und auf der auch Cap scheinbar starb mal wieder geographisch verlegt wurde, und wie Cap von dort ins ewige Eis kommen sollte, ist mir ein Rätsel, aber vielleicht wird Brubaker in den kommenden Heften ja noch mit ein paar Trümpfen aufwarten.

Die Zeichnungen von Epting sind wunderbar anzuschauen. Der Stil ist sehr realitisch, zur Thematik passend und erinnert ein wenig an Deodato bei Amazing Spiderman oder Finch bei News Avengers. Sowohl die ruhigen als auch die Actionszenen kommen sehr gut rüber: Die Schnellbahn-Szene im 1. Kapitel ist einfach umwerfend von ihrer Dynamik. Auch die Charaktere werden treffsicher und wieder erkennbar dargestellt; sogar der lächerliche Skull wirkt bedrohlich. Die Colorierung ist, vermutlich ebenfalls in Anlehnung an Ultimates und New Avengers recht düster, aber glücklicherweise nicht so dunkel wie in den ersten New Avengers Heften, in denen man praktisch gar nichts mehr gesehen hat, wenn man abends im Bett beim Schein einer schwachen Nachttischlampe sein Comic lesen wollte. Die eher zurückhaltende Farbgebung macht sich auch bei Caps gerade für nicht US-Amerikaner sonst eher albernem Kostüm positiv bemerkbar. Das Star Sprangled Banner fällt gar nicht so sehr auf und Cap kommt insgesamt sehr viel ernsthafter und bedrohlicher rüber.

Die zahlreichen Flashbackszenen, die alle während WWII spielen, sind von einem anderen Zeichner (Lark) in Szene gesetzt und ebenfalls sehr passend. Mir gefällt insbesondere, dass hier darauf verzichtet wurde, den Stil der Comics der 40er Jahre zu imitieren um Geschichten aus dieser Zeit zu erzählen. Auch das der Red Skull hier nicht aussieht, wie der Red Skull in den Gegenwartsszenen ist positiv hervorzuheben.
Insgesamt ein sehr gelungener Storybogen, der sich von Ausgabe zu Ausgabe steigern kann und im finalen Heft eine hammerharte Enthüllung mit sich bringt, welche die Wartezeit auf die kommenden Hefte unerträglich macht. Fazit: Eine Serie, die sich auf jeden Fall zu lesen lohnt.

P.S. Um sich die Freude und Spannung zu erhalten, kann ich allen nur raten, die diese Story noch lesen wollen, sich sowohl von den US Boards als auch deutschen Diskussionsforen fern zu halten und auf keinen Fall die Ankündigungen für die neuen Hefte der Cap Serie (#7-9) von US Marvel zu lesen.

9/10
Luschen Legionär

Gotham Central: In The Line Of Duty TPB 1

Written by Ed Brubaker and Greg Rucka, pencils by Michel Lark (DC). Deutsch: Gotham Central (Panini, ISBN 3-89921-719-5, Februar 2004).

Wie andere bekannte Comic-Serien (Powers, The Pulse, Marvels) handelt es bei Gotham Central um einen Superhelden-Comic aus der Perspektive unbeteiligter Dritter. Das Gotham Police Departement (GCPD) sieht sich konfrontiert mit grotesken Kriminellen und einem nur allzu bekannten Soziopathen: Batman.

Wie fühlt man sich als Polizist, wenn einem die Arbeit von einem Kerl im Fledermauskostüm abgenommen wird? Überflüssig. Kein schönes Gefühl, wenn man bedenkt, dass man jeden Tag sein Leben aufs Spiel setzt ohne Aussicht auf Anerkennung. Den Polizisten in Gotham bleibt nur die Drecksarbeit, denn die Überführung bekannter Superschurken bleibt den Vigilanten überlassen. Es versteht sich also von selbst, dass die Polizeieinheit nicht all zu begeistert vom dunklen Ritter und seinen Freunden ist. Gotham Central ist eine klassische charakterorientierte Kriminalgeschichte, wie wir es von Fernsehserien wie "NYPD Blue" kennen, nur eben mit Superhelden und -schurken.

Sowohl Ed Brubaker (Sleeper, Captain America) als auch Greg Rucka (Wolverine, Batman) sind talentierte Autoren, die für ihre ruhigen und mehrschichtigen Geschichten bekannt sind. Auch in diesem Comic stellen sie die Charaktere in den Mittelpunkt und bieten dem Leser ansonsten eine sehr solide und durchaus interessante Geschichte. Auch Fan Liebling Michael Lark weiss durch seinen ganz eigenen Zeichenstil zu überzeugen. Die Figuren wirken lebensecht und man erkennt die Emotionen der Figuren an ihren Gesichtszügen. Obwohl alle „Zutaten“ für einen grandiosen Comic vorhanden sind, ist das Endprodukt nicht so überzeugend, wie man vermuten würde. Die Geschichte kommt nicht richtig voran. Ich habe mich teilweise gelangweilt und auch von Spannung kann kaum die Rede sein. Es fehlt das gewisse Etwas. Zumindest bei dieser Storyline. Zunächst dachte ich, es läge daran, dass ich nie ein grosser Fan dieser Polizei-Storys war, doch da ich ein begeisterter „Powers“ Leser bin, kann es daran wohl nicht liegen. Die Figuren schaffen es nicht, den Leser emotional in die Geschichte zu verwickeln und man blättert sich ziemlich ungerührt und unbeteiligt durch die Story in der Hoffnung bald an den Schluss zu gelangen.

Man hat mir jedoch versichert, dass sich die Gotham Central ab der zweiten Storyline bedeutend steigern werde, weshalb ich der Serie noch eine Chance geben werde. Für diesen ersten Band kann ich jedoch keine Kaufempfehlung aussprechen.

6/10
Lamond