Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Mittwoch, November 02, 2005

Kaines Top 5 - Oktober 2005

Ohne bestimmte Reihenfolge, aber mit Spoilern.

Young Avengers # 8 Marvel $2.99 written by Allan Heinberg, pencils by Andrea DiVito, inks by Drew Hennessey 26.10.05

„Secret Identities, Part Two“ Die Fortsetzung des Kampfes gegen Mr Hyde. Das Team kann Hyde zwar besiegen, doch der Sieg erhält einen schalen Beigeschmack, da daraus ein Streit folgt und mal wieder die New Avengers eingreifen, um die Young Avengers zum beenden ihrer Karriere zu überreden. Das geht diesmal soweit, das ein Teammitglied die Young Avengers verläßt. Heinberg glänzt weiterhin mit guten Dialogen und enthüllt langsam die gut durchdachte und problematische Vergangenheit der jungen Helden. DiVitos Zeichnungen sind zwar schön und passend, aber er hat die undankbare Aufgabe sich mit Cheung messen zu müssen und da kommt DiVito einfach nicht heran.

Captain America # 11 Marvel $2.99 written by Ed Brubaker, pencils by Steve Epting, finishes by Steve Epting & Mike Perkins 26.10.05

„Winter Soldier, Part 3“ Steve Rogers findet unter mysteriösen Umständen eine Akte, die die gesamte Geschichte des Winter Soldiers enthüllt. Brubaker widmet der aktuellen Handlung ganze drei Seiten und geht ansonsten nur auf die lange Geschichte des Winter Soldiers ein. Die Akte enthält die lückenlose Geschichte vom Beginn bis zu der Stelle, wo das erste Heft der aktuellen Captain America Serie anschließt. Damit wird zum einen der letzte Zweifel an seiner Identität beseitigt. Zum anderen liefert Brubaker eine nachvollziehbare Origin, die sich sinnvoll ins Marveluniversum integrieren läßt und sich nicht durch ein Ignorieren der Continuity hervortut. Die Zeichnungen, diesmal wieder von Epting, sind gewohnt gut. Besonders hervorzuheben ist aber Frank D’Armatas Kolorierung, die die unterschiedlichen Zeitebenen sehr schön verdeutlicht.

She-Hulk Vol. 2 # 1 Marvel $2.99 written by Dan Slott, penicls by Juan Bobillo, inks by Marcello Sosa 19.10.05

„Many Happy Returns“ Ein Marvel Heft so randvoll mit Handlung und Humor, das man ganz erschrocken ist. Da ist ein Besuch der New Avengers, ein Verfahren gegen die Young Avengers, eine Therapiesitzung bei Doc Sampson, Seitenhiebe gegen „Waiting for the Trade“ und Ally McBeals... ähm Jennifer Walters neuster Fall, der Zeitreisen beinhaltet und dazu passend Geschworene aus der Vergangenheit. Trotzdem hat Slott eine sehr kurzweilige Geschichte geschaffen, die an keiner Stelle überladen wirkt und durch die zahlreichen Verweise auf andere Hefte und Beachtung der Continuity eine angenehme Erinnerung an alte Marvelzeiten heraufbeschwört. Bobillos Zeichnungen und vor allem seine Gesichter sind nicht so realistisch wie bei Finch oder Epting oder so düster wie Maleev, passen aber damit genau zu dem Feeling, das She-Hulk vermitteln will.

Fear Agent # 1 Image $2.99 written by Rick Remender, pencils by Tony Moore, inks by Sean Parsons 26.10.05

Heath Huston ist der letzte Fear Agent, einer kleinen Gruppe Alien Exterminators. In dieser Ausgabe soll er technisches Equipment zurückholen, das Siedlern auf dem Planeten Frazterga von einer Gruppe von Affenmenschen gestohlen wurde. Neben Hustons Hauptproblem, das er auf die Mission keinen Whiskey mitnehmen konnte, warten natürlich weitere unangenehme Überraschungen. Rick Remender will mit der Serie an seine Lieblingepoche der Sci-Fi Unterhaltung anknüpfen, die Fünfziger. Das gelingt ihm mit dieser Erstausgabe und einem Helden, der genausogut in einen Western passen würde sehr gut. Auch die bisher aufgetauchten Aliens scheinen direkt dieser Zeit entsprungen zu sein. Tony Moore, bekannt von den ersten Walking Dead Heften, liefert auch hier schöne klare Zeichnungen, die mit Parsons Inks und der Kolorierung die richtige Atmosphäre für die Serie schaffen.

Loveless # 1 Vertigo $2.99 written by Brian Azzarello, art by Marcelo Frusi 26.10.05

„A Kin Of Homecomig“ Zwei Jahre nach der Niederlage im Bürgerkrieg kehrt Wes Cutter aus dem Gefängnis zurück in seine Heimatstadt Blackwater. Hier erwartet er seine Frau Ruth und sein Land wieder zu finden. Doch der Empfang für Cutter und seinen mysteriösen Begleiter ist alles andere als freundlich. So wird recht schnell mit Hilfe von Fäusten und Revolvern diskutiert. Azzarellos Hauptfigur ist zwar kein namenloser Fremder, aber trotzdem drängt sich der Vergleich mit Sergio Leone und dem jungen Eastwood auf. Wes Cutter kehrt nach Krieg und Knast in eine Heimat zurück, die sich deutlich verändert hat und glücklicher gewesen wäre, wäre er nicht zurückgekehrt. Azzarello beweist bereits mit der ersten Nummer wieder, das er bei düsteren, harten Storys wie 100 Bullets oder Loveless besser aufgehoben ist, als bei strahlenden Helden wie Superman. Marcelo Frusins Zeichnungen wirken wie geschaffen für diese Westernserie und vermitteln eine rauhe, dunkle Atmosphäre.

Kaine

Sonntag, Oktober 30, 2005

The Sandman: Preludes and Nocturnes TPB 1

Written by Neil Gaiman; Art by Sam Keith, Mike Dringenberg and Malcolm Jones III; Cover by Dave McKean (DC Comics/Vertigo). Deutsch: Sandman Präludium & Notturno, Feest Comics (Ehapa Verlag), ISBN 3-928108-27-1 und Sandman 1: Präludien & Notturni, PaniniComics, ISBN 978-3-86607-355, 22.2.07.

"Wake up, sir. We're here."
Wer hätte 1988 gedacht, dass dieser simple Einzeiler eines der bedeutendsten Comicwerke des 20. Jahrhunderts eröffnen würde?

In einer Welt, die sehr viel seltsamer ist, als wir sie uns vorstellen, nimmt ein verrückter Hexenmeister im Jahre 1916 bei der Jagd auf die Ewige "Death" versehentlich deren Bruder "Dream", den Herr der Träume, gefangen. "Death" und "Dream" gehören einer Gruppe von sieben Endlosen an, deren Namen alle mit "D" beginnen.

"Dreams" Gefangennahme hat Konsequenzen für die Menschheit. Einige Menschen werden zu Tagträumern, andere werden von Albträumen verfolgt, wieder andere leiden an Insomnie. Nach 75 Jahren gelingt es "Dream", der auch Morpheus genannt wird, seinem Peiniger zu entfliehen, um darauf festzustellen, dass die Welt sehr unter seiner Abwesenheit litt. Um seine Macht zurück zu gewinnen, muss der Herr der Träume zunächst seine drei drei Insignien wiederfinden, einen Helm, ein Säckchen mit Traumsand und einen Rubin.

Neil Gaiman versteht es Unterhaltsames und Grausiges zu vermengen. Seine Charakterisierungen sind delikat; sie beruhen auf gründlicher Recherche. Gaiman selbst sagt, erst im 8. Heft der Serie, dem Beginn von "The Sound of Her Wings", hätte er seine Stimme gefunden. Zuvor sei seine Geschichte noch unbeholfen und horrorlastig gewesen. Mag es auch aus seiner Sicht stimmen, liebe ich an den ersten Heften den mitunter rauen Aufbruch in einen neuen Erzählkosmos und die dabei verwendeten faszinierenden erzählerischen Perspektiven.

Bestimmend in den "Präludien und Nocturnes" ist nie der Sandman selbst, "Dreams" dritter Name, sondern die Leben derer, die er in Mitleidenschaft zieht. Als König der Träume ist er auch der König der Geschichten, mit der Folge dass der Comic nur von Geschichten handeln kann. En passant werden die Herrscher der Hölle eingeführt, eine Regierungskoalition (!), sanfte Bezüge zum DC Universum (John Constantine, Justice League of America, Dr. Destiny) gesponnen und biblische Motive wie die Geschichte von Kain und Abel aufgegriffen.

Die Kunst ist größtenteils wundervoll: Schatten, Farben und Verzerrungen erweitern die Bedeutung der Geschichte. Sam Keith als Penciler und Mike Dringenberg als Inker mit Robbie Busch als Koloristen kreieren düstre erste drei Ausgaben. Als Keith die Serie verlässt, wird Dringenberg Penciler und bringt Malcolm Jones III als Inker mit. In den folgenden Ausgaben siegt die Klarheit der Form, was der Story gut tut. Todd Klein als Letterer gibt jeder Stimme Klang. Man hört die dunkle widerhallende Stimme Dreams. Lucifers hohe, klare Stimme tönt schneidend, kalt und formal. Doctor Destinys gebrochener Verstand kommt in seinen nadelspitzen Buchstaben zum Ausdruck. Über die atemberaubend schönen Cover von Dave McKean müssen wohl keine weiteren Worte verloren werden.

Der Sandman ist kein Superheld, er ist ein Beobachter, zeitweise ein Katalysator. Was er regiert, entzieht sich unseren Wahrnehmungsgrenzen. Als Herrscher über das Königreich der Träume sind seine Motive nicht die unseren. Ihn zu verstehen ist unmöglich. Und dennoch ist seine anthropomorphe Erscheinung mitfühlend und leidenschaftlich. Das liegt vielleicht daran, dass "Dream" ein höchst subtiler Charakter ist. Man könnte sogar von einem schwachen Charakter sprechen. Die Endlosen setzen keine Kausalketten in Gang und zeigen höchst selten eine Reaktion. Sie personifizieren vielmehr Konzepte. Dieser Grundsatz wird im vorliegenden ersten Band etwas aufgeweicht, denn der Sandman lernt darin zu erwidern und zu verursachen.

10/10
Philos

Review zu Sandman Mystery Theatre: The Tarantula TPB 1 unter