Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Freitag, März 11, 2005

Amazing Spider-Man #508

Written by J. Michael Straczynski, pencils by John Romita Jr. and inks by Scott Hanna and Scott Koblish (Marvel).

J. Michael Straczynskis Abschluss des Storyline "The Book Of Ezekiel" war bescheiden. Das Kapitel wirkte ein bißchen überhastet und zu flott zu Ende geführt. Der Zeit- und Ortsprung aus "busy Big Apple" in das Reich der Azteken war arg forciert. Der anschließende Kampf zwischen Ezekiel und Peter wies keine Originalität auf, sondern geschah in ähnlicher Weise schon tausend Mal in Superhelden-Comics. Sehr gut gefallen hat mir hingegen der parallel und bildlich als Vergleich herangezogene Kampf der beiden Spinnen in unmittelbarer Nähe der Antagonisten! Dass bei einem Gemisch von Spideys und Ezekiels Blut das mächtige Spinnenwesen auf Spidey abfahren würde, war nur mit zugekniffenem Auge zufriedenstellend.

Die größte Kritik hege ich allerdings an der mangelhaften Charakterisierung Ezekiels. Er wird beschrieben als Mann, der die Welt verändern wollte, dies jedoch nicht schaffte, weil er zu beschäftigt war und nicht verstand. Hier wird Kritik an den Anzugträgern geübt, die zwar Einfluss haben, aber nicht verantwortungs- und liebevoll leben. Nun könnte man sagen, dass JMS Seitenkick ins Leere zielt, weil diese Zielgruppe nicht zu Spidey-Comics greift. Noch unglücklicher ist jedoch, dass diese Kritik auch zu oberflächlich ist und ein Klischee des armen Mannes bedient. Insofern ist das Comic ein Aufschrei des Unterdrückten gegen die unterdrückerischen Mechanismen ohne die Gründe der Unterdrückung ausfindig zu machen.

5/10

Marvel Knights: Spider-Man #3

Written by Mark Millar; Pencils by Terry Dodson and Inks by Rachel Dodson (Marvel).

Das letzte Heft des jungen Spider-Man Ablegers gefiel mir wegen seiner rasanten Erzählweise sehr gut. In Ausgabe 3 nimmt der Kampf zwischen Electro und Spidey den größten Teil ein, was nicht weiter unangenehm ist, da die folgende prekäre Situation eines Superhelden im Krankenhaus richtig amüsant zu werden scheint. Toller Gedanke von Millar, der noch mit dem Spruch untermauert wird: "Sie kennen die Vorgehensweise. Supertypen kriegen einen falschen Namen und absolut kein Wort an die Medien." Wie froh bin ich auch über den authentischen Satz der Ärztin: "Wo sind wir? Im Kindergarten? Schere her, bevor er erstickt." Heilige Kühe zu schlachten macht Millar sichtlich Spaß. Gelungene Ausgabe. Daumen hoch!

8/10

Fantastic Four: Hereafter TPB 4

Written by Mark Waid, pencils by Mike Wieringo and inks by Karl Kesel (Marvel).

Hereafter (Fantastic Four #509 - #511)

Mit "Hereafter" schafft Mark Waid ein weiteres erinnerungswürdiges Kapitel in der Continutity der Fantastischen Vier. Langzeitfans werden Gefallen an dem zweiten Auftreten vun Sues Mutter und einem Wiedersehen mit Dan finden. Die verschiedenen Vorstellungen von Reed, Sue und Johnny über den Himmel passen zwar zu ihnen, sind mir aber zu stereotype (Puzzle, Kinder, Grillen). Schön finde ich, dass Waid sich nicht zu lange mit dem Weg zum Himmelstor aufhält und mit dem Fluss der Seelen und den Erinnyen zwei mythologische Symbole aufnimmt. Ich fühlte mich ein wenig an den Film "Jenseits des Horizonts" erinnert.

Das Hickhack vor der Himmelspforte ist elend. Zum einen verstehe ich nicht, warum Reed nicht erkennt, dass die Tür nicht von ihm erstellt wurde. So technisch detailliert kann doch Bens Imaginationskraft gar nicht sein, oder? Und dann folgt auch noch der unglaubwürdige Gesinnungswechsel Bens: Da will Reed Ben retten, dann doch wieder nicht. Da will Ben nicht gerettet werden, dann merkt er, dass sein Unterbewusstsein ihn wohl vom Himmel abhält und scheint sich zu denken: "Na, dann muss da ja was dran sein!" und will doch wieder gerettet werden.
Sue spielt in dem ganzen Geschehen gar keine Rolle und hat nur einen guten Satz: "Jonathan Storm, don't you speak for me! You don't have any clue how I feel!". Der "Frankenstein"-Vorwurf bleibt hingegen bedeutungslos. Erst hat Sue riesige Bedenken, dann ist alles doch wieder klasse.

Die folgende Ankunft im Himmel versöhnt alles vorherige. Waid hatte den Topos Selbstreferenz bereits in seinem ersten FF-Heft (#60 "Inside Out") thematisiert. Dass die Fantastischen Vier nun über ihre fiktionale Existenz aufgeklärt werden, ist einfach genial und konsequent, treten die Familienmitglieder schließlich vor ihren "Schöpfer". Dass die Handlungen der Comicfiguren einem Skript folgen, ihr Sein determiniert ist, ist die einzige Wahrheit, die Reed Richards in seinem Leben herausfinden dürfte. Die Radier-Szene ist daher die spitz ausgedrückte Folgerung, dessen, dass das Leben einer Comic-Figur in den Händen ihrer Schreiber und Zeichner liegen. Brillant!
10/10

Spider Sense (Fantastic Four #512 - #513)

Was Waid mit dem Spidey/Human Torch-Zweiteiler "Spider Sense" erreichen wollte, ist wohl jedem klar. Nach den sehr schwer im Magen liegenden Arcs "Unthinkable" (#67-#70, #500-#502), "Authorative Action" (#503-#508) und "Hereafter" (#509-#511), dachte Waid wohl, es sei Zeit für etwas Auflockerung. Soll mir recht sein, wenn es gut gemacht ist!

Der Beginn mit den Radio-Auszügen und den verschenkten Human Torch-Shirts ist noch ganz humorig. Auch die Instrumentalisierung Franklins durch Ben, um Onkel Johnny eins auszuwischen, gefällt mir. Mit der folgenden Szene auf der Freiheitsstatue kann Waid nur noch bedingt punkten. Klasse finde ich die Einbeziehung des Department of Homeland Security und Johnnys Reaktion "Oh! Hey! No, no, no, it's okay! I'm Johnny Storm!" mit der postwendenden Reaktion "GET OFF THE STATUE." Spideys Gedankenblasen als dozierender Neunmalklug sind leider verfehlt, obwohl sie eine hübsche Idee hätten werden können. Der Dialog an dieser Stelle ist einfach zu schlecht für einen Lacher.

Bens Wut immernoch ein "Monster Skin" zu tragen, ist in meinen Augen Effekthascherei und wird der Beziehung zu Alicia nicht gerecht. Auch der Versuch, Alicia als femme fragile darzustellen, um die gegensätzliche Gemeinsamkeit der Beiden zu kennzeichnen, stellt zu sehr auf Äußerlichkeiten ab.

Spätestens mit dem Treffen Spider-Mans mit Johnny in Hoboken geht die Story den Bach runter. Warum Spidey diesen Ort aussuchte, wird leider nicht erwähnt, was ein weiteres Defizit der Handlung ist. Die jähe Unterbrechung durch Hydro-Man und der anschließende sinnlose Kampf versetzt das Comic in die Steinzeit. Denn es galt unter schlechten Autoren lange Zeit: Wenn nichts mehr geht, zaubere einen drittklassigen Gegner hervor und lasse die Helden in seitenlangen Kämpfen dagegen antreten. Ohne den Miesmacher spielen zu wollen, überzeugt auch die Auflösung nicht: Der molekül-undurchlässige Regenmantel mag vielleicht eine praktische Gore Tex-Weiterentwicklung sein, ein versöhnliches Ende des Hydro-Schwachsinns vermag dieses deus ex machina-Prinzip nicht zu vermitteln.

Manchmal frage ich mich, ob die Comic-Schreiberlinge ihre Leser für genau so brotdumm halten, wie die "people", die sie in ihren Comics figurieren. Die hysterische Masse bejubelt erst Spider-Man, um dann, wenn Johnny irgend so eine hohle Fritte von Maskottchen rettet, ihre ganze Zuneigung dem Retter zu widmen. Mit etwas Anerkennung ist für Johnny, dem einfachen Gemüt, die Welt wieder in Ordnung.

Nur drei Dinge sind durchschnittlich bis gut an dem zweiten Teil von "Spider Sense". Erstens Bens "Best O' Johnny. Volume 32." Zweitens Spideys direkter Wegweiser auf die Damentoilette "This is the closest building to the water lines! Search it! I'll take the right side, you take the left! Go! Go!" und drittens mit Abstrichen das Schlußpanel.

Hoffen wir, dass es mit dem nächsten Arc wieder bergauf geht!

2/10

Dennoch lohnt sich allein für die erste im Trade gesammelte Story der Kauf. Insgesamt erhält der Band daher

8/10
Philos

Marvel 1602 (#1 - #4)

Written by Neil Gaiman, art by Andy Kubert and Richard Isanove (Marvel). Deutsch: "100% Marvel: 1602, Buch 1" (Panini Comics, ISBN 3-89921-742-X).

Marvel 1602 ist für mich die Enttäuschung des Jahres. Zwar gibt es schlechtere Geschichten, doch wurden diese nicht so "gehypt".

Die Geschichte versucht alle (!) Marvel-Helden irgendwie in das Jahr 1602 einzubetten, statt sich auf einige wenige zu begrenzen. Es gibt verschiedene Handlungsstränge (Unwetter + Templerreise, Bedrohung durch James von Scotland), die keine Neugierde wecken oder zu offensichtlich sind, wie der Hinterhalt für Daredevil. Die Villains sind nahezu ausnahmslos zu Witzfiguren degradiert, allen voran Dr. Doom. Allein der Großinquisitor stellt eine gelungene Ausnahme dar.

Gaimans Talent ein psychotisches Chaos zu erschaffen ist in einem reglementierten und traditionsreichen Universum, wie das von Marvel, für meinen Geschmack vergeudet. Zu viele Vorgaben und zu wenig Möglichkeiten großen Einfluss auszuüben, werden 1602 zu einem gewöhnlichen, in Vergessenheit geratenes, Abenteuer machen.

Auch wenn ich Andy Kubert sehr schätze, haben allein die bunten Bilder keine versöhnende Wirkung.

3/10
Philos