Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Donnerstag, April 28, 2005

She-Hulk: Superhuman Law TPB 2

Written by Dan Slott; Pencils by Paul Pelletier and Inks by Rick Magyar (Marvel).

She-Hulk wird im zweiten Trade zum Magistrat des Kosmos. Ihr obliegt die Aufgabe, galaktische Rechtsfälle (sog. "space cases") zu lösen. Dazu denkt sich Dan Slott eine Reihe von Mini-Fällen aus, die von She-Hulk originell bis unerwartet gelöst werden. Aufgeheitert werden die Streitigkeiten mit Spitzen von Southpaw und mit She-Hulks latenter Identitätskrise. Als Freund des "legal comedy" bin ich von Dan Slotts Skript begeistert. Vor allem die Rückbindung an das Menschliche und Alltägliche haucht dem Superheldencomic eine angenehme Ironie ein.

Weiter gerät unsere Protagonisten in einen kosmischen Boxkampf mit dem "Elder of the Universe", bekannt als Champion. Bei einem Sieg She-Hulks winkt die Befreiung einer unterdrückten Welt. Einziger Haken ist der Infinity Gem, der den Champion zum stärksten Wesen im Universum macht. Aber keine Sorge, She-Hulk wird tun, was sie am besten kann: Ärsche treten, ihren smarten Verstand ankurbeln und gut aussehen.

Paul Pelletiers Arbeit überzeugt. Sie ist weniger Slapstick-artig als die von Juan Bobillo aus dem TPB 1 und vermutlich verkaufsfreundlicher. Insbesondere die Darstellung Mary Macpheerans als durchschnittlich attraktive Frau vor ihrer Verwandlung in Titania ist bemerkenswert. Oft können Künstler - durchaus auch solche, die in der Gunst der Comic-Leser höher stehen - bloß einen Idealtypus von Frau zeichnen. Pelletiers Fähigkeiten gehen weiter. Beeindruckend ist auch der Detailreichtum, der sich vor allem in den Gesichtern der Figuren ausdrückt.

Das Trade endet mit einem Rachefeldzug Titanias. Viele liebgewonnene Figuren des Volumes tauchen noch einmal auf. Dan Slott beweist Marvel-Kenntnisse mit seiner Erinnerung an Spider-Woman II alias Julia Carpenter, die ich gerne häufiger in aktuellen Spider-Man Comics sehen würde. Oder war es sogar die III, sofern man Spider Queen aus dem Golden Age mit berücksichtigt und die II dann Jessica Drew war?

Kleine Szenen, wie die auf dem Boden hockende und Comics lesende Mary, machen die She-Hulk-Serie zu einem der menschlichsten Marvel-Projekte der letzten Zeit. Wenn sich der Leser in dem Mädchen wiedererkennt und ihre Träume von großen Comic-Gestalten wie Giant-Woman, Mrs. Human Toch und She-Hulk nachvollzieht, setzt sich das Medium zu sich selbst in Beziehung und verliert seinen Ernst. Auch Dan Slotts Abrechnung mit den "wimpy fanboys" und "Continuity"-Schreihälsen passt dazu.

Dass Dan Slott nur 12 Hefte gebraucht hat, um so viele Geschichten zu erzählen, verwundert. Ich hoffe inständig, dass Marvel sein Versprechen wahr macht und She-Hulk zu einer zweiten Season führt.

9/10
Philos

Review zu She-Hulk: Single Green Female TPB 1 unter http://supercomics.blogspot.com/2005/04/she-hulk-single-green-female-tpb-1.html.

Sonntag, April 24, 2005

Fallen Angel TPB 1

Written by Peter David, pencils by David Lopez (DC). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Streng theologisch sind die "Gefallenen Engel", jene Engel, die sich unter der Führung von Luzifer gegen Gott aufgelehnt haben und demzufolge aus dem Himmelreich verbannt wurden. Was hat das jedoch mit dieser Serie zu tun? Der Autor gibt zumindest in den ersten sechs Ausgaben (TPB 1) keine eindeutige Antwort darauf, aber doch Hinweise.

Der "Fallen Angel" ist eine mysteriöse Frau im purpurnen Umhang, die in Bete Noire - eine fiktive Stadt, die stark an New Orleans erinnert - den Menschen in Not hilft, oder auch nicht. Ich weiss, dass klingt eigenartig, aber genau das ist dieser Comic: eigenartig. Die Hauptfigur ist weder Heldin noch Antiheldin. Sie verrichtet ihre Heldentaten pflichtbewusst und entschlossen aber auch mechanisch und lustlos, ungefähr so wie normale Menschen ihre Steuererklärung ausfüllen. Sie wacht nicht über der Stadt und lauert den Verbrechern auf, nein, sie setzt sich ihrer Stammkneipe an ihren Stammtisch und trinkt gemütlich ein Bier. Leute, die glauben ihre Hilfe verdient zu haben, setzen sich zu ihr und erläutern ihr Problem. Falls dann unser gefallener Engel den Fall annimmt, macht sie sich auch gleich an die Arbeit. Doch die Serie dreht sich nicht nur um ihre Taten, sondern unter anderem auch um das Geheimnis von Bete Noir. Es ist keine gewöhnliche Stadt. Dieser Ort ist ausserordentlich wichtig für die gesamte Welt, doch weshalb das so ist, wird (noch) nicht aufgeklärt.

Fallen Angel ist eine Dualitätsstudie, voll mit religiöser Mystik. David fordert den Leser mit dem Spiel von Schein und Sein. Zunächst stellt er diese Geschichte als eine konventionelle Konfrontation zwischen Gut und Böse dar. Doch schon bald wird dem Leser bewusst, dass es nicht so einfach ist. Es geht nicht um den "ältesten" Kampf, es geht nicht um Schwarz und Weiss, es geht um Gleichgewicht; die Hauptfigur ist nicht nur gut, nicht nur nobel und nicht sympathisch, ihr Gegenspieler ist nicht böse, nicht hinterhältig und ausserordentlich charmant. Zwar bekämpfen sie sich, aber nach einer anstrengenden Nacht der Aktion und Reaktion trifft man sich zuweilen schon mal zu einem abschliessenden Schäferstündchen. Sie tun was sie tun, weil sie es müssen, nicht weil sie es wollen. Haben die Hauptfiguren einen freien Willen? Eine berechtigte Frage, denn wer sich etwas mit religiöser Mythologie auskennt, weiss, dass angeblich Engel weder einen freien Willen noch eine Seele haben. Doch der Leser wird im Dunkeln gelassen, ein weiteres Hauptmerkmal dieser Serie. Peter David deutet vieles an, aber beantwortet wenig bis nichts.

Obwohl ich kein grosser Fan religiöser Mystik bin, muss ich gestehen, dass das Konzept Lust auf mehr macht. Fallen Angel war die erste Serie seit langem, der es gelang, mich zu irritieren. Davids Figuren stellen bekannte Werte auf den Kopf und bringen den Leser dazu, sich mit Fragen auseinanderzusetzen, die untypisch für einen Superhelden-Comic sind. Ist ein Wesen, das keine andere Wahl hat als den Bedürftigen zu helfen, ein Held? Muss man noble Absichten haben, um als Held zu gelten oder reichen die Taten als solche? Man merkt, dass es ein Anliegen des Autors war, zu zeigen, dass die Welt von Fallen Angel, genau wie die reale Welt, nicht in Schwarz und Weiss unterteilt werden kann. Es sind die Grautöne die vorherrschen und in einer solchen Welt passen traditionenelle Heldenkonzepte, wie wir sie aus anderen Comics kennen, nicht rein. Für Leute, die genug haben von unfehlbaren Lichtgestalten als auch von abgrundtief bösen Superschurken, wird Fallen Angel wie ein Schluck Wasser in der Wüste sein.

David Lopez’ Zeichnungen sind ein wahrer Genuss. Sie unterstreichen die unheimliche Stimmung der Geschichte. David möchte mit allen Mitteln eine mysteriöse Atmosphäre schaffen und es gelingt ihm auch weitgehend, aber teilweise verkrampft er sich in seinen Bemühungen und so wirken einige Nebencharaktere überkonstruiert, wie z.B. "der Barkeeper". Das tut jedoch der Geschichte kaum Abbruch, sodass man sich mit gutem Gewissen auf ein aussergewöhnliches Comic-Abenteuer einlassen kann.

8/10
Lamond