Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Sonntag, Januar 15, 2006

Invincible: The Facts Of Life TPB 5

Written by Robert Kirkman, pencils by Ryan Ottley (Image). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

In einer Welt, in der alles relativ ist, haben Helden keine Daseinsberechtigung. Deshalb wirken die meisten Hauptcharaktere unserer Superheldenstorys, ob Marvel oder DC, wie Männer mit Potenzproblemen: verunsichert, entmannt und gereizt. Konkrete Beispiele gefällig? Spider-Mans Schuldgefühle gehen momentan so weit, dass er sich schon prophylaktisch für den Tod seiner noch lebenden Mitmenschen die Schuld gibt. Sentrys Schizophrenie hätte vor einigen Jahren beinahe das Ende des Marvel Universums bedeutet. Dass er vor kurzem seine Ehefrau umgebracht haben soll, macht ihn nicht gerade vertrauenswürdiger. Batman hat die Grenze zum psychotischen Kriminellen mehr als einmal überschritten. Es stellt sich also die Frage: Ist es heute überhaupt noch möglich, glaubwürdige Heldenstorys zu schreiben, ohne dass der Titelheld an einer schweren Persönlichkeitsstörung leidet, oder würde man sich damit vollkommen der Lächerlichkeit preisgeben? Die Antwort heisst: Invincible.

In den ersten Abenteuern (TPB 1-4) hat Mark a.k.a. Invincible so viele Tiefschläge hinnehmen müssen, dass er damit die nächsten fünf Leben mit Traumas und Seelenqualen ausfüllen könnte. Doch er tut, was die meisten Leute tun, wenn sie etwas Schlimmes erleben: er lebt weiter und versucht die bösen Erinnerungen so gut es geht zu verdrängen. Mark gewöhnt sich gerade an sein neues Leben als Student, doch es ist nicht ganz einfach, denn ständig wird er von seinem Vorgesetzten zu Rettungseinsätzen geschickt. Als wäre das nicht genug, wird seine Freundin Amber immer misstrauischer, denn sie versteht nicht, weshalb er ständig verschwindet, wenn sie es sich gerade gemütlich machen wollen. Für Mark hat der Tag einfach zu wenig Stunden, doch er jammert nicht, er tut seine Pflicht und macht das Beste draus.

Kirkman schreibt mit „Invincible“ die momentan beste Superheldenserie. Nicht nur, dass er „positive“ Geschichten erzählt, nein, er schafft es (meistens) auch pro Heft eine abgeschlossene Handlung zu erzählen. Natürlich bleiben viele Subplots offen, doch nach der Lektüre ist man als Leser immer zufrieden. Zudem schafft er es, seine Charaktere, aufgrund seiner Detailverliebtheit und eines charmanten Pragmatismus, glaubwürdig darzustellen.

Gezeichnet wird die Serie von Ryan Ottley, der einen erfrischenden minimalistischen Stil pflegt. Keine Linie zu viel, keine unnötige Verschnörkelungen: das Artwork ist wie der Inhalt: einfach, frisch und direkt. Eine perfekte Symbiose von Inhalt und Darstellung.

Wenn man Invincible liest, wird einem erst bewusst, wie gebrochen die anderen Superhelden sind. Doch gleichzeitig schöpft man Hoffnung, denn anscheinend gibt es ein Heilmittel, welches die „Potenzprobleme“ unserer Lieblinge beheben kann: Kirkman.

10/10
Lamond

Rezension zu Invincible: ein Überblick (TPB 1-4) unter

X-Men: Golgotha TPB 1

Written by Peter Milligan, pencils by Salvador Larroca (Marvel). Deutsch: "X-Men # 60-#61" (PaniniComics Deutschland).

Die adjektivlosen X-Men (Havok, Polaris, Ice-Man, Rogue, Gambit und Wolverine) sind eines von momentan drei X-Gruppen neben den Uncanny X-Men und den Astonishing X-Men. Man sieht jedoch schon an den Gruppenmitgliedern, dass es sich hier nicht um eine All-Star Zusammenstellung wie bei den Astonishing X-Men handelt, was jedoch grundsätzlich nichts über die Qualität der Geschichten aussagen sollte.

Die Story beginnt damit, dass das Team vor einem Gebäudekomplex am Südpol steht, dem Stützpunkt einer Mutantenkolonie, von denen die X-Men einen Notruf empfangen haben. Als sie die Festung betreten finden sie ein Horrorszenario vor: Zerfetzte Kadaver, apathische Mutantenzombies und aggressiven Psycho-Killer, an der Wand das Wort „Golgotha“ mit Blut geschmiert. Lange Rede, kurzer Sinn: Golgotha hat biblischen Ursprung und steht für den Ort, an dem Jesus Christus gekreuzigt wurde. Inwiefern das für die Geschichte von Bedeutung ist, bleibt mir auch nach zweimaligem Durchlesen ein Rätsel. Jedenfalls taucht dieses Wort nicht nur am Südpol sondern auch in Los Angeles auf, wo es in Verbindung mit gewalttätigen Mutantenausschreitungen steht.

Im Endeffekt stellt sich heraus, dass ausserirdische „Riesenpilzparasiten“, die sich von den Ängsten der Mutanten ernähren, und diese dadurch zum Wahnsinn treiben, für das Massaker und die Unruhen verantwortlich sind.
Geschichten, bei denen die Ängste und Dämonen der Hauptcharaktere ausbrechen und im Vordergrund stehen, kennen wir schon von anderen Serien und Helden (z.B. bei Batman, wenn dieser mal wieder mit „Scarecrow“ zu kämpfen hat), aber diese absurde Erklärung mit den teuflischen Alien-Pilzen ist jenseits von Gut und Böse, es ist schlichtweg lächerlich. Da ziehe ich eine banale Angstgas Attacke jederzeit vor.

Des Weiteren findet man auf jeder zweiten Seite eine Eifersuchtsszene zwischen Havok und Ice-Man, welcher mit Havoks Ex-Freundin Polaris zusammen ist. Man könnte fast schon von einem „Running Gag“ sprechen, wenn es denn lustig wäre. Ist es aber nicht, es nervt, es langweilt und schlimmer noch, es trägt nicht im Geringsten zu Storyentwicklung bei. Dagegen wirken die Beziehungsprobleme zwischen Gambit und Rogue schon fast interessant. Aber auch hier hat man schnell genug vom Gewimmer und Gejammer dieser beiden Turteltauben.

Der Autor, Peter Milligan, der spätestens seit seiner hoch gelobten Vertigo-Serie „Human-Target“ als ein Hoffnungsträger gilt, bleibt mit dieser Geschichte weit unter den Erwartungen. Die Erzähltechnik ist verwirrend, träge und hat bei mir dazu geführt, dass ich den Band immer wieder weglegen musste, um mich von der Qual zu erholen. Für die Zukunft stellt sich nicht die Frage ob die Geschichten besser werden, denn nach diesem unsäglichen Einstand ist „Verbesserung“ die einzig mögliche Richtung.

Einziger Lichtblick sind Salvador Larrocas Zeichnungen, welche flüssig und detailliert und durch ihre einzigartige Kolorierung ein kurzfristiger Trost für die Leser sind. Doch das reicht nun mal nicht um diesen Comic auch nur annähernd lesenswert zu machen. Es stellt sich insofern die Frage, weshalb Marvel eine ihrer rentabelsten Franchises konsequent mit solch uninspirierten Autoren besetzen.

3/10
Lamond

Rezension zu Astonishing X-Men: Gifted TPB 1 unter http://supercomics.blogspot.com/2005/07/astonishing-x-men-gifted-tpb-1.html.