Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Samstag, März 26, 2005

Daredevil: ein Überblick

Written by Brian M. Bendis, pencils by Alex Maleev (Marvel). Deutsch: "Marvel Exklusiv 42: Kopfgeld" (ISBN: 3899215265), "Marvel Exklusiv 46: Ende eines Helden" (ISBN: 3899216326), "Marvel Exklusiv 49: Der Prozess des Jahrhunderts" (ISBN: 389921739X), "Marvel Exklusiv 54: Hardcore" (ISBN: 3899219309), Panini Comics.

Für all diejenigen, die Daredevil als Figur nicht so genau kennen, folgt nun ein kleiner Überblick: Daredevil ist der einsame Rächer der Armen und Hilflosen, der eiserne Kämpfer für Ordnung und Gerechtigkeit, der Mann ohne Furcht. Nein, ich rede nicht von Batman, sondern von Daredevil, Marvels Antwort auf DC's dunklen Ritter. Im "realen" Leben ist Daredevil kein geringerer als der blinde Rechtsanwalt Matt Murdock, der als Kind bei einem tragischen "Unfall" sowohl sein Augenlicht als auch seinen Vater verlor. An diesem Tag hat der junge Matt zwar einen seiner Sinne verloren, doch dafür wurden seine restlichen übernatürlich scharf. Da sein Vater, der für einen Gangsterboss arbeitete, nicht zufällig verschied, sondern kaltblütig ermordet wurde, schwor der junge Matt seine Superkräfte für Recht und Ordnung einzusetzen.

Am Tag ist er der charmante und bei Frauen äusserst beliebte Rechtsanwalt Matt Murdock Justitias Waage, bei Nacht ist er Daredevil, der teuflische Vigilant, der auch in den dunkelsten und entlegendsten gesellschaftlichen Abgründen für Gerechtigkeit sorgt (Justitias Schwert). Ein bekanntes Prinzip, denn wie Friedrich Dürrenmatt schon wusste, wohnt die Gerechtigkeit in einer Etage, zu der das Recht keinen Zugang hat. Der Charakter Daredevil hat viele Facetten und zeichnet sich gegenüber seinem Gegenpart bei DC (Batman) durch erkennbare menschliche Schwächen und einem sehr subtilen und feinen Humor aus. Desweiteren brilliert die Figur auch durch den religiösen Konflikt, welcher der katholische Sohn irischer Einwanderer aufgrund seines Doppellebens ständig mit sich austrägt.

Die Figur lässt sich nur schlecht mit anderen Marvel-Helden vergleichen, zumal Daredevil kein Superheld im üblichen Sinne ist. Er will nicht die Welt retten. Alles ausserhalb seines Territoriums (Hell's Kitchen) ist ihm ziemlich egal. Er ist in seiner Zielsetzung pragmatisch, in seinem Handeln ein Idealist. Diese Zwispältigkeit macht Matt zu einer Figur, die eher einem Sheriff aus dem wilden Westen gleicht, als dem edlen Superhelden, der für den Weltfrieden kämpft.

Zu den Schwächen der Figur gehört, dass sie eine ausgesprochen schlappe "Rogue Gallery" hat. Seine Feinde sind bis auf Wilson Fisk, "the Kingpin of crime", ziemlich eindimensional, oftmals nur lächerlich und absurd. Das ist ein grosses Handicap, wenn man bedenkt, dass bei Superhelden-Comics regelmässig Superschurken über den Erfolg einer Serie entscheiden. Das ist der Grund, weshalb Daredevil niemals ein Bestseller in Comic-Kreisen sein wird, denn im Gegensatz zu Batman, der die besten Gegner der gesamten Comiclandschaft hat, ist Daredevil grundsätzlich gegnerlos. Brian M. Bendis, der die aktuelle Serie schreibt, hat diese Schwäche erkannt und ist zu folgendem Schluss gekommen: Der grösste Feind, den Matt Murdock je haben wird, ist Daredevil.

Doch so schwach die Bösewichter sind, so stark ist das freundliche Umfeld der Hauptfigur. Da gibt es Figuren wie Foggy Nelson, Rechtsanwalt und Murdocks Partner. Im Zusammenspiel erinnern die beiden oftmals an eine moderne Version von "Don Quichote und Sancho Panza". Dem oft leichtsinnigen Edelmut Matt Murdocks setzt Foggy seinen gesunden Menschenverstand entgegen. Dann sind da noch Murdocks Ex-Partnerinnen: Elektra (eine skrupellose Auftragskillerin), Karen Page (ein Äquivalent zu Spider-Mans Gwen Stacy), "The Black Widow" (eine russische Geheimagentin) und Daredevils sonstige Freunde: Luke Cage sowie Jessica Jones.

Und damit möchte ich ALLEN empfehlen, einen Blick in diese Comicserie zu werfen. Ein geeigneter Einstiespunkt ist der Sammelband DAREDEVIL: UNDERBOSS TPB. Ab diesem Zeitpunkt hat Brian M. Bendis zusammen mit seinem kongenialen Zeichner Alex Maleev das Ruder übernommen und ein paar der ergreifendsten Storylines in der Geschichte der Comickunst geschrieben.

9/10
Lamond

Freitag, März 25, 2005

Marvel Knights 4: Wolf at the Door TPB 1

Written by Roberto Acquirre-Sacassas, pencils by Steve McNiven and inks by Mark Morales (Marvel). Deutsch: "Marvel Exklusiv 56: 4" (Panini Comics, ISBN 3-89921-980-5).

So gefühlvoll und so dicht wie Robert Acquirre-Sacassa in Marvel Knights 4 schreiben nur wenige Comic-Autoren. Reeds Traum über seinen Großvater webt Acquirre-Sacassa ganz zärtlich in den Plot ein, um ihn am Ende auf wunderbare Weise aufzulösen ("Diese Nacht werde ich nicht fallen, ich werde fliegen."). In Marvel Knights 4 stehen Parabeln menschlichen Daseins im Vordergrund, in denen sich jeder von uns wiederfinden kann.

Steve McNiven ist ein ganz außergewöhnlicher Zeichner. Seine Bilder sind wie antike Kunst. Mit den wechselnden Kolorierungen (mal herbstlich-golden, mal nacht-blau) werden Stimmungen so präzise eingefangen, dass einem manchmal ein wohlig-warmes Gefühl beschleicht (wenn Reed nach seinem ersten Arbeitstag nach Hause kommt), manchmal eine Gänsehaut erfasst (wenn Ben und Johnny im Dunkeln unter einer Laterne stehen).

Dieser Comic ist so gut, dass er eigentlich nichts mit den Mainstream-Marvel Titeln zu tun hat und besser bei einem anderen Verlag hätte aufgelegt werden sollen. So wird ihm die Anerkennung, die er verdient, wohl nur schwerlich zuteil.

10/10
Philos

Review zu MK 4: The Stuff Of Nightmares TPB 2 von Lamond
http://supercomics.blogspot.com/2005/07/marvel-knights-4-stuff-of-nightmares.html.

Supreme Power: Contact TPB 1

Written by J. Michael Straczynski, art by Gary Frank (Marvel). Deutsch: "Marvel MAX 3: Supreme Power Buch 1" (Panini Comics, ISBN 3-89921-826-4).

Das vorliegende erste Trade trägt den Untertitel "Contact" und enthält die Issues 1 bis 6. Decompressed storytelling beherrscht J. Michael Straczynski für meinen Geschmack etwas zu gut. Wenn ein Autor auf diesem Weg ein paar Euro mehr verdienen will, so soll das sein. Doch bei Supreme Power plätschert die Geschichte ziemlich vor sich hin. Der Beginn, d. h. die Origin Mark Miltons (Hyperion), gefiel mir noch am besten, zeigte sie die Angst vor dem unbekannten außerirdischen Baby, gepaart mit ein paar flotten Sprüchen ("Flecki") und Sex im Karton.

Bemerkenswert ist der traurige Unterton beim Lesen der Geschichten. Mich beschleicht die Gewissheit, die ganze Supreme Power-Story wird nicht glücklich enden. Vermutlich finden sich deshalb so wenig witzige Momente. Diese unheilvolle Rückkopplung an einen unglücklichen, beinahe depressiven Protagonisten macht den Titel erst "erwachsen".

Straczynskis Story-Aufbau gefällt mir leider gar nicht. Was nach der Origin folgt, ist eine aneinandergereihte Vorstellung weiterer Charaktere. Weil keine kleineren Quests aufgeworfen werden, um sie dann zur Zufriedenheit der Leser zu lösen, langweilt die Story. Darüber hinaus sind Kyle Richmond (Nighthawk) und Stanley Stewart (Blur) bislang einfach stumpfe Figuren. Lediglich Corporal Joe Ledger (Doctor Spectrum) wurde vielversprechend eingeführt.

Ich hoffe die Serie nimmt in den nächsten Heften endlich Fahrt auf! Bislang etwas besser als Mittelmaß.

7/10
Philos

Dienstag, März 22, 2005

Amazing Spider-Man: Sins Past TPB (Lamond)

Written by J. Michael Straczynski; Pencils by Mike Deodato Jr. and Inks by Joe Pimentel (Marvel).

Nach der gesamten Ezekiel-Saga dachte man als treuer Spidey-Leser, dass der gute alte Wandkrabbler nun verdienterweise etwas zur Ruhe käme. Falsch gedacht, es ging erst richtig los. Als Nicht-Spider-Man Leser sollte man wissen, dass die Serie seit ihren Anfängen in den 60er Jahren vor allem von zwei Grundereignissen geprägt ist: Onkel Ben's Tod, durch den Peter Parker seine Bestimmung erkennt und sich bewusst wird, dass auf grosse Macht, grosse Verantwortung folgen muss und der gewaltsame Mord an Gwen Stacy, Peter Parkers erste grosse Liebe. In Comicleser-Kreisen gilt dieses Trauma als der Verlust der Unschuld amerikanischer Superheldencomics. Noch heute weinen die treuesten Spider-Man Fanboys Gwen nach, die sich durch ihre Liebenswürdigkeit und Unschuld auszeichnete. Bis heute, denn diese Story dreht sich um ein Geheimnis, welches Gwen's Bild für immer verändern wird. Inwiefern diese Entdeckungen sich auf Peter's Leben auswirken werden, solltet ihr selbst nachlesen, denn diese Storyline lebt ausschliesslich vom Rätselraten.
Die Zeichnungen sind hervorragend, aber passen meiner Meinung nach nicht zu Straczynskis Amazing Spider-Man. Vielleicht habe ich mich zu sehr an Romita jr. gewöhnt, aber Spidey darf in der regulären Serie ruhig ein bisschen weniger photorealistisch sein. Deodato jr. wäre ideal gewesen für eine Serie wie MK Spider-Man, Daredevil oder X-Men, die sich durch einen düsteren Unterton auszeichnen. Alles in allem ein Lesespass ohne grossen Anspruch aber für Spider-Man Fans natürlich ein Muss.

7/10
Lamond

Avengers Disassembled TPB

Written by Brian M. Bendis, pencils by David Finch (Marvel).

Wer bei der unregelmässigen Lektüre der Serie schon immer dachte, dass die Avengers bis auf zwei oder drei Figuren eigentlich hauptsächlich aus "second stringers" bestünden, wird bei dieser Story auf seine Kosten kommen. Sehr schnell, sehr actionlastig und "dank" Finch sehen alle männlichen Gesichter gleich aus. Spass beiseite, ich habe die Lektüre sehr genossen, obwohl einige Sachen unlogisch und wiederum andere Sachen unfreiwillig komisch waren. Man stelle sich vor, die Geschichte ist grundsätzlich als ein grosses Rätselraten konzipiert, d.h. der Leser soll sich stänidig fragen, wer hinter den Ereignissen steckt, welche die Auflösung der Rächer zur Folge hat. Jedoch hat man als Leser kaum Zeit sich zu Fragen, wer hinter all den Ereignissen steht, denn der grösste Besserwisser des Marvel Universums (Doc Strange) taucht ziemlich schnell auf und bringt auf gewohnt pathetische Weise die Auflösung.

Höhepunkt der Story ist das Finale, dass auch für Nicht-Avengers-Leser rührend und aufrichtig wirkt. Ich kam zu folgendem Schluss: Bendis wäre ein legenderes Ende für eine legendäre Superheldengruppe gelungen, wenn er die Geschichte statt in 4 in 8 Heften erzählt hätte. Es hätte womöglich auch nicht geschadet, wenn man erste Anzeichen ein halbes Jahr vorher schon in die Geschichten einfliessen lassen hätte. Da Bendis aber keine Geduld bewies, wurde aus einer potentiell monumentalen Geschichte einfach nur eine unterhaltsame Story, und das ist den Avengers nicht würdig, denn wie sagte Tony so schön: Die Avengers waren die "Beatles" unter den Superheldenteams und hätten ein ehrenhaftes Begräbnis verdient. In diesem Sinne meine Bewertung.

7/10
Lamond