Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Samstag, Oktober 29, 2005

House of M Special



House of M – Nichts ist wie es war!

House of M – das Marvel Großereignis 2005 – findet seinen Weg zu uns. Grund genug, für uns auf unserer Comic-Kolumne noch einmal in diese Welt einzutauchen und schon jetzt Appetit zu machen auf die marvelmäßige Comic-Kost, die den Deutsch-Leser in den kommenden Monaten erwartet.

Das letzte umfassende Crossover innerhalb des Marvel-Universums liegt ein ganzes Jahrzehnt zurück: „Onslaught“ verknüpfte 1996 zum vorerst letzten Mal die wichtigsten Superheldenserien des Verlags in einem gemeinsamen Handlungsstrang. Danach wurde es zunächst still um solche Großereignisse.
Eher zaghafte Versuche, die sich meist auf die ohnehin enger verzahnten X-Serien beschränkten, waren in den Folgejahren die Ausnahme. Erst mit „Avengers Disassembled“ fasste Marvel wieder Fuß im Metier. Bei den dann von den Ereignissen betroffenen regulären Serien sprach man allerdings nicht mehr von Crossover sondern von Tie-Ins, die eigenständig gelesen werden konnten. Zwar wurde stellenweise zu recht bemängelt, dass für einige Tie-Ins abgesehen von einem Logo auf dem Cover überhaupt kein Zusammenhang mit dem Hauptevent erkennbar war, aber das Konzept weckte großes Interesse und war gemessen an den Verkaufszahlen erfolgreich. Die Resonanz, gut oder schlecht, war in jedem Fall überwältigend, das Ereignis in aller Munde. Bei Marvel hatte man wieder Blut geleckt.

Konsequenterweise wagte man noch einen Schritt nach vorne. Hatte „Disassembled“ fast nur die „normalen“ Helden des Marvel-Universums betroffen, bezog House of M auch die X-Serien mit ein. Die Liste der Tie-Ins und Mini-Serien die weiter unten folgt, liest sich deshalb auch wie ein Who-is-Who des Marvel-Universums.

Große Ereignisse werfen Ihre Schatten voraus. Insbesondere wenn Sie zunächst in den USA stattfinden und erst mit Verspätung in den deutschsprachigen Marvel-Gefilden. Zumindest ansatzweise drangen auch beim hartnäckigsten Nicht-US-Leser Gerüchte über das Event durch und regelmäßige Besucher des Panini-Forums haben mit Sicherheit mitbekommen, dass in diesem Blogspot schon seit Dezember 2005 Rezensionen der meisten „House of M“-Hefte zu lesen waren. Jetzt sind aber auch die deutschen Leser so weit und wir bieten deshalb hier die Gelegenheit, sich vorab zu informieren oder auch im Nachhinein zu sehen, was andere denken. Unsere Rezensionen sind natürlich subjektiv, sie werden niemals den Geschmack aller treffen und stellen übrigens auch niemals die Meinung aller an diesem Blog Beteiligten dar. Sie sollen als Anregung dienen und Appetit auf mehr machen, aber auch mal warnen vor all zu großen Erwartungen.

House of M ist in jedem Fall ein großes Ereignis, auch wenn Gastrezensent Legacy in seiner Rezension zur Hauptserie treffend vermerkt, dass es eigentlich nur „der Event vor dem Event“ ist und Marvel Deutschland treffsicherer als die US-Muttergesellschaft auch das Nachfolgeereignis „Decimation“ direkt in die Reihe mit einbezieht. House of M ist ein Ereignis durch seine einzigartigen Voraussetzungen: In einem völlig veränderten Marvel-Universum scheint plötzlich alles möglich. Tote leben, Lebende sind tot, Lebenswege sind vollständig anders verlaufen. Ein einziges riesiges „What if...“ nur mit der Prämisse, dass dieses tatsächlich stattgefunden hat und in der Erinnerung viele Beteiligter weiter bestehen wird. House of M ist ein Ereignis weil die Auswirkungen die Marvel-Landschaft tatsächlich auf lange Zeit prägen werden. Und es war vor allen Dingen ein Ereignis, weil ihr Fans (zu denen wir vom Blog uns natürlich auch zählen), eines daraus gemacht habt. Weil es euch etwas bedeutet hat. Weil ihr darüber redet, spekuliert, diskutiert, euch streitet, zufrieden seid oder es Schrott findet.
Und mit diesem Resümee wollen wir euch nicht mehr länger aufhalten, sondern wünschen viel Spaß mit unseren Rezensionen und vor allen Dingen natürlich mit House of M.


(Die Angaben zu den Paniniveröffentlichungen sind vorläufig. Genaue Veröffentlichungstermine könnt ihr zu gegebener Zeit der Panini-Checklist entnehmen.)

Euer Robert a.k.a. LL

Sonntag, Oktober 23, 2005

Spider-Man/Human Torch: I'm with stupid DIGEST

LL's US-TPB-PREVIEW: Oktober 2005
Written by Dan Slott, pencils by Ty Templeton (Marvel). Deutsch: Keine Veröffentlichung.

Als das Marvel-Universum noch übersichtlich war, gab es eigentlich nur zwei wahre Teenager-Helden: Peter „Spider-Man“ Parker und Johnny „Human Torch“ Storm. So verwundert es nicht ,dass Heißsporn Johnny häufig Gastauftritte in den frühen Spider-Man-Heften hatte, bei denen die Helden sich aufgrund jugendlicher Rivalitäten normalerweise gegenseitig zunächst mehr behinderten als halfen. Zwar rauften sie sich am Ende immer zusammen und schnappten den oder die Schurken, aber wenn sich Ihre Wege dann wieder trennten, dann meistens mit solchen oder ähnlichen Gedanken „Wenn er sich nicht eingemischt hätte, wäre alles viel einfacher gewesen.“ Nicht zuletzt die vielen gemeinsamen Kämpfe sorgten dafür, dass in späteren Jahren aus den beiden „Rivalen“ dicke Kumpel wurden, die sich dafür, dass Johnny Peters Geheimidentität nicht kennt, sehr nahe standen. Obwohl die Anzahl der Gastauftritte von Johnny in Spider-Man-Titeln nach Mitte der 70er deutlich zurückging, blieb diese Freundschaft für Marvel immer ein wichtiges Element des Spider-Man-Universums: Die Begegnung zwischen dem Klon von Peter Parker und zeitweise Spider-Man-Ersatz Ben Reilly und Johnny Storm auf der Fackel der Freiheitsstatue aus dem Holiday Special 1995, zählt – trotz der Abwesenheit des echten Spider-Man – zu den bewegendsten Momenten dieser Freundschaftsgeschichte.

Dan Slott, der sich mit She-Hulk einen Namen als continuitytreuer und humoristischer Autor gemacht hat, legte mit Spider-Man/Human Torch nun eine wundervolle Miniserie über dieses Superheldenduo vor, in der er nicht einfach eine einzelne neue Story schreibt, sondern Peter und Johnny in ihrer Entwicklung durch 40 Jahre Comicgeschichte begleitet.

Story 1: Picture Perfect

Eine Story, die vermutlich nach Amazing Spider-Man 24 (1965) spielt. Analog zur offiziellen Zeitlinie des Marvel Universums wird sie aber mit „vor zehn Jahren“ eingeleitet. Jonny Storm hat es satt, Superschurken zu bekämpfen und trotzdem immer auf den hinteren Seiten der Zeitung zu landen, während Spider-Man – wenn auch mit negativen Schlagzeilen und nicht zuletzt dank JJJs Obsession und Peter Parkers Fotos – wie so oft die Titelseite ziert. Um es auch endlich mal auf die Seite eins zu schaffen hat Johnny einen grandiosen Einfall: Er engagiert Peter Parker als seinen Exklusivfotografen, damit dieser ihn bei Kämpfen mit Superschurken ablichtet. Eine mehr als ausreichende Grundlage für eine Spidey/Human Torch-Geschichte, in der die beiden sich so richtig gegenseitig ärgern, ihre Rivalität ausleben und trotzdem als Helden zusammenstehen können. Und wie man es bei Slott erwartet, werden zahlreiche Details der damaligen Continuity eingeflochten: Johnnys Freundin Dorrie Evans, die finanziellen Probleme von Tante May, Betty Brant. Und wer schon seit 40 Jahren endlich erfahren möchte, warum „Paste Pot Pete“ heute Trapster heißt, der wird unter Lachtränen endlich des Rätsels Lösung erfahren. Aber nicht nur das: Die Art und Weise, wie der Oberschurke der Story reingelegt wird, erinnert fast melancholisch an die Naivität mit der damals Superheldengeschichten geschrieben wurden und das Artwork ist vom Künsterteam Templeton/Nelson so gehalten, dass es abgesehen von der Panelaufteilung als ein etwas kräftiger colorierter Nachdruck einer alten Story durchgehen könnte.

Story 2: Catch You On The Flipside

Flash ist beim Militär, Pete wohnt schon mit Harry zusammen, Adrian Toomes ist der Vulture, man trifft sich im Coffee Bean, Gwen Stacy, MJ und Captain Stacy haben einen Auftritt und selbst Dr. Miles Warren blickt uns auf einem Panel aus dem Hintergrund entgegen. Die Geschichte ist also irgendwo zwischen ASM #64 und der #90 lokalisiert. Und wieder mal sind es Rivalitäten, die Pete und Johnny in unterschiedliche Abenteuer verwickeln. Um sich gegenseitig zu beweisen, übernimmt Johnny einen Job von Spidey und Spidey steigt mit dem Rest der FV in ein Fantastic-Vehikel um eine unbekannte Dimension aufzusuchen. Wieder ist viel Raum für Sprüche, witzige Momente und eine erneut recht naive Story.

Story 3: Auto Motives

Erinnert sich noch jemand an das Spider-Mobil? Millar hat es ja zuletzt in „Marvel Knights: Spider-Man“ verwendet und nun greift auch Dan Slott darauf zurück. Die Story spielt vermutlich direkt nach ASM131, denn die geplatzte Hochzeit zwischen May und Doc Ock wird erwähnt und natürlich haben wir das Spider-Mobil, in dem Johnny Spidey die in ASM 130 versprochenen Fahrstunden gibt. Die Geschichte strotzt vor witzigen Einfällen und Andeutungen. Selbst die Werbeanzeigen für Fruchtpasteten, die in zahllosen Heften der 70er als einseitige Comics geschaltet waren, werden kräftig durch den Kakao gezogen. Aber wer jetzt reinen Klamauk vermutet, liegt völlig falsch: Vor dem Hintergrund von Gwen Stacys Tod erzählt Slott nur scheinbar unpassender Weise eine Geschichte zum Schmunzeln und Lachen, denn sie ist auch mit einigen sehr wichtigen ruhigen, nachdenklichen und ernsten Momenten befrachtet, die nur in diesem Kontext funktionieren und in denen die Freundschaft von Spidey und Torch intensiv und sehr treffend beleuchtet wird. Eine der schönsten Spidey-Torch-Stories ever.

Story 4: Cat’s Paw

Noch einmal wird die freundschaftliche Rivalität von Spidey/PP und Johnny beleuchtet. Ein guter Start: Johnny gerät ins Schwärmen für Team-Kollege She-Hulk (ein Auftritt der grünen Lady in bester Byrne-Manier), die ihm aber ausweicht, erlebt einen Beziehungsstreit zwischen Peter Parker (!) und der Black Cat und sieht dadurch seine Chance gekommen, bei einem der heißesten Babes des Marvel Universums zu landen, nämlich eben der Black Cat. Was dann folgt ist aber leider wenig glaubhaft und eher uninspiriert, bis am Schluss einer schöner Bogen zum Anfang geschlagen wird und Johnny mal wieder die Welt (und insbesondere die Frauen) nicht versteht. Anzusiedeln kurz nach Secret Wars (Peter trägt das Symbiontenkostüm, Jean DeWolff hat einen Gastauftritt) kann die Geschichte nicht wirklich überzeugen und auch die Zeichnungen und Colorierungen wirken im Vergleich zu den anderen vier Heften irgendwie unfertig.

Story 5: Together Again

Die aktuelle Marvel-Zeit ist erreicht und Slott nützt seine fünfte Story um das Verhältnis Spidey-Torch neu zu definieren. Johnny Storm will an Peter Parkers alter Schule eine Vorstellung als Human Torch geben. Da tauchen plötzlich Geiselnehmer. Johnny ist zunächst hilflos angesichts der Übermacht und der Bedrohung der Schüler. Doch im Publikum sitzt auch Peter Parker, der eine wichtige Entscheidung trifft.
Ein Heft so vollgespickt mit Anspielungen, dass es eine Freude ist. Während die Geiselnahme kurze Zeit Action in das Ganze bringt, bildet die scheinbare Rahmenhandlung das eigentliche Fundament der Story: Ein Treffen zwischen Spidey und Human Torch auf der Freiheitsstatue gibt Anlass zu zahlreichen witzigen Dialogen, die man teilweise zwei- oder dreimal Lesen sollte um jede Nuance mit zu bekommen. Besonders interessant: Es scheint, dass Slott noch einige vergnügliche HumanTorch/Ben Reilly-Stories in petto hat. Entgegen seiner sonstigen Continuity-Verliebtheit, zählt Slott nämlich Abenteuer auf, die Johnny und Ben erlebt haben sollen, von denen aber selbst hartgesottene Fans noch nichts gehört haben.
Das wunderbare Finale dieses Hefts sollte alle Leser zufrieden stellen und es ist eine Schande, dass diese Story nicht in einem der Spider-Man Core-Titel erschienen ist, denn so steht zu befürchten, dass andere Autoren die Geschehnisse und ihre Auswirkungen missachten werden.

Fazit
Fünf schöne Geschichten – zwei davon herausragend – liebevoll und detailfreudig in fünf verschiedene Zeitpunkte des Marvel-Universums eingepasst. Eine Hommage an zwei Charaktere, die sich anfangs wie Katz und Hund verhalten, aber durch das Schicksal als Freunde füreinander bestimmt scheinen. Die Situationskomik und der Wortwitz sind grandios und der Respekt und die Achtung, die Slott seinen Figuren entgegen bringt, prädestinieren ihn als Autor für eine fortlaufende Serie. Unbedingte Kaufempfehlung für alle Marvel-, Spidey- und Torch-Fans, die es nicht stört, dass ein Superheldencomic auch mal ohne größere Kloppereien und bösartige Erzschurken auskommen kann. Vorsichtig sollte man aber sein, wenn man mit der Continuity der beiden Figuren nicht so vertraut ist. Zwar sind die Stories auch so verständlich, aber viele Anspielungen, die den Reiz dieser Mini-Serie ausmachen, werden unverständlich bleiben.

Robert Löhr a.k.a. Luschen-Legionär

Rezension von She-Hulk: Single Green Female TPB 1 unter http://supercomics.blogspot.com/2005/04/she-hulk-single-green-female-tpb-1.html.
Rezension von
She-Hulk: Superhuman Law TPB 2 unter http://supercomics.blogspot.com/2005/04/she-hulk-superhuman-law-tpb-2.html.

Daredevil: The Golden Age TPB 11

Written by Brian M. Bendis, pencils by Alex Maleev (Marvel). Deutsch: „Daredevil“ (Panini Comics Deutschland)

Daredevil hat unter Bendis eine ganze Menge durchmachen müssen. Er wurde geoutet, in den Prozess des Jahrhunderts verwickelt, durch einen Nervenzusammenbruch zum neuen Kingpin erklärt, verheiratet und schliesslich durch einen Auftragskiller beinahe getötet. Es war eine tolle Zeit für uns Daredevil Fans, nie war der Mann ohne Furcht so interessant. Doch auch solchen kreativen Genies wie Bendis gehen mal die Ideen aus und so müssen wir uns seit Monaten mit „guten“ Daredevil Geschichten begnügen, nachdem wir über Jahre mit „brillanten“ Abenteuern verwöhnt wurden.

Als der alte Alexander Bont aus einer jahrelangen Haft entlassen wird und er apathisch durch die Strassen von Hell’s Kitchen schlendert, ahnen wir noch nicht, um wen es sich hier handelt. Er war Wilson Fisks Vorgänger, derjenige der in Hell’s Kitchen das Sagen hatte bevor der Kingpin seine Schreckensherrschaft antrat.
Wie es auch nicht anders sein kann, wurde ihm damals durch den jungen Daredevil das Handwerk gelegt und ins Gefängnis geschickt. Nachdem auch er durch die Zeitungen über Daredevils Geheimidentität aufgeklärt wurde, hat er nur noch ein Ziel vor Augen, bevor er sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückziehen kann: Rache.

Es scheint momentan ein Autoren Trend zu sein, in der Vergangenheit unserer Lieblinge zu wühlen, denn nach Straczinskys Ausflüge in Spider-Mans alte Tage (Sins Past, Skin Deep) beschloss nun auch Bendis sich mit „Golden Age“ auf eine Zeitreise zu begeben. Doch in Gegensatz zu Straczinsky schlachtet Bendis in seinen Rückblicken keine "heiligen Kühe". Die Geschichte ist unterhaltsam, trumpft wie gewohnt durch präzise Psychogramme auf und lässt sich allgemein als „gut“ bezeichnen. Doch wie schon beim letzten Daredevil Storyarc hat man langsam das Gefühl, dass sich in dieser Serie, unter Bendis, nichts mehr Bedeutendes zutragen wird. Er lässt seinen Run auf hohem Niveau ausklingen. Natürlich tragen auch in diesem Band die wunderschönen Zeichnungen von Alex Maleev zur ernsthaften und düsteren Stimmung bei, die so typisch für Bendis’ Daredevil Run ist. Ich kann euch diesen Band empfehlen, wenn ihr auch sonst treue Daredevil Leser seid.

7/10

Review zu Daredevil: ein Überblick (TPB 1- TPB 10) unter
http://supercomics.blogspot.com/2005/03/daredevil-ein-berblick.html.