Wir sind Philos, Lamond und Seppstock. Hier findet ihr farbenfrohe Bilder, kleine Sprechblasen und unsere Meinung dazu.

Samstag, Oktober 27, 2007

DMZ: On the Ground TPB 1

Written by Brian Wood, art by Riccardo Burchielli, Brian Wood (DC Comics/Vertigo). Deutsch: DMZ 1, PaniniComics, 15.7.07.

"Every day is 9/11!"
Man braucht kein Politologe sein, um zu bemerken, dass der 11. September 2001 einen großen und anhaltenden Einfluss auf die amerikanische Gesellschaft nahm, nicht zuletzt auf deren Comicbuchautoren. Brian Wood unternimmt deshalb keine Anstrengungen, die Inspiration für seinen Anti-Kriegs-Epos DMZ zu verbergen. Auf Seite 3 des ersten Heftes sind die Worte "Every day is 9/11!" zwischen Graffitis geschmiert worden. Die gekritzelte Botschaft wird im letzten Panel der Seite nochmals wiederholt. Der Bildterror lässt Richtung und Intensität der Geschichte erahnen, die Wood zu erzählen hat.

Das Land ist geteilt in die United States of America und die selbst ernannten Free States. Zu den Free States zählen New Jersey und Inland. Manhattan ist eine demilitarisierte Zone, kurz DMZ, die zwischen den zwei sich bekriegenden Seiten liegt. Wenig ist bekannt über das derzeitige Leben in Manhattan. Deshalb wird der Praktikant Matthew Roth, zusammen mit einem Team von erfahrenen Kriegsberichterstattern, auf eine Reise in die DMZ geschickt. Die Hintergründe des Krieges, vor allem seine Entstehung, sind dem Leser bisher unbekannt; sie werden vermutlich nach und nach aufgedeckt werden. Abgesetzt auf der Insel ist Matt ziemlich schnell auf sich alleine gestellt, nachdem der Helikopter, der ihn transportierte, abgeschossen wurde.

Die Bewohner der DMZ kämpfen ums Überleben, nachdem Wasser, Elektrizität, Brennstoff rar geworden sind. Bemerkenswert ist das Portrait des US-amerikanischen Militärs als unbarmherzig und brutal: Zivile Opfer scheinen als gegeben hingenommen zu werden. Sorgen bestehen nur, dass der Photograph Matt Kinderkörper ablichten könnte. Die undelikaten US-Manöver gegen Free States-Guerillas bringen die Einwohner dazu, allein gelassen werden zu wollen, was die US-Regierung zu der Vermutung treibt, Manhattan habe sich in ein Rebellenlager verwandelt. So entstehen Teufelskreise.

Großen Anteil an der Intensität der Geschichte hat der Umstand, dass der Leser wie der Protagonist direkt in das Kriegsgeschehen hineingeworfen wird. Man spürt die gleiche Konfusion und Beklemmung wie Matt. Die Gewalt und Vernichtung in den Straßen einer zumindest für Amerikaner familiären Stadt erinnert daran, dass keine Nation unverwundbar ist. Weniger gelungen ist die Darstellung der Bewohner: In Woods NYC scheinen nur jugendliche, urbane Mitzwanziger zu hausen, die denselbsen hippen GAP-Modegeschmack besitzen, wie er allen Charakteren des Autors eigenüblich ist. Die Coolness, mit der die Bevölkerung zunächst dargestellt wird, ist betont postapokalyptisch und gleichzeitig unpassend. Vielleicht liebt der New Yorker Wood seine Apple-Stores und Starbucks so sehr, dass er sie in die Dystopie hinüber zu retten gedachte. Dem mutigen Konzept einer politischen Realsatire ist diese Verschnörkelung jedenfalls abträglich.

Später lernt Matt eine Gruppe von A.W.O.L. (= Absent Without Official Leave) Soldaten kennen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, den Central Park und seine Zootiere zu beschützen. Die Serie kommt zu sich. Die Handelnden kommen menschlicher herüber. Die Einheit macht sich - erstaunlich autark - Bambus als Energielieferant und Nahrung zu Nutze. In der letzten Geschichte muss Matt seiner gestohlenen Jacke samt Presseausweis hinterherjagen und trifft dabei auf viele Freunde, die er während seines kurzen Aufenthalts in der DMZ lieb gewonnen hat. Der Abschluss des Bandes weckt die Hoffnung, Wood verzichte dieses Mal auf seinen - in den jungen hippen Gesichtern - widergespiegelten Zynismus, der mit jugendlicher Gewalt und Wollust den dünnen Plot in früheren Werken übertünchen sollte. Entscheidend für den Erfolg der Serie wird die Entwicklung des Hauptcharakters werden, ob dieser ein unbekümmertes Mittelklassekind bleibt oder Botschafter des Friedens oder womöglich gar Prophet werden wird.

10/10
Philos

Sonntag, Februar 25, 2007

Shanna

von Christian Endres

Marvel Graphic Novel #9: »Shanna«; Autor und Zeichner: Frank Cho; Panini, Oktober 2006; Hardcover, Überformat, 172 Seiten, 19,90 Euro; enthält Shanna the She-Devil #1 bis #7.

In der dritten Ausgabe von Jack’s Pumpkin Pie geht es um einen wahr gewordenen Männertraum - also eine üppige, wohlproportionierte Blondine, die in der mehr oder weniger zeitgenössischen Neuinterpretation von Vorzeige-Babe-Zeichner Frank Cho dann auch noch artig-unemanzipiert ihre Strecksprünge macht, wann immer die männliche Belegschaft des Camps es ihr befielt. Hände auf den Tisch, Jungs, und dann geht’s los ...

Geplant war Frank Chos Wiederbelebung des Shanna-Charakters (dessen Ursprünge bis in die 70er reichen) als blutige, in erster Linie aber eben auch freizügige und durch und durch unzensierte (!) Publikation unter dem MAX-Label, wo wirklich alles gezeigt werden sollte (und bei der – Klonen sei Dank! – nicht mehr viel von der ursprünglichen Shanna-Figur übrig geblieben ist. Willkommen im Marvel-Universum, Folks). Doch das Schicksal nahm seinen Lauf, irgendwer in der Marvel-Chefetage spielte nicht fair (oder bekam Ärger mit seiner Frau), und als Cho nicht einmal die Hälfte der Ausgaben seiner üppigen Neuinterpretation unter dem Titel Shanna the She-Devil zu Ende gezeichnet hatte, entschied man sich beim Verlag um, retuschierte und zensierte die ersten Hefte nachträglich und gab Cho, dem vor allem bei der männlichen Leserschaft ziemlich populären und beliebten Künstler mit Hang zur Biedermeier’schen Silikon-Wohnzimmer-Erotik, eine neue Order: Blut und Brüste? Ja, bitte! Im Übermaß und explizite Darstellung? Auf gar keinen Fall!

Also wurde das bisher gezeichnete Material von Cho mit Hilfe von Glassscherben oder kuscheligen Wolldecken, die von einem Schattenriss vor Shannas üppige Rundungen gehalten werden (es ist, nur fürs Protokoll, eine ziemlich große Decke), auf teils recht amüsante und kreative Weise entnacktifiziert. Halb so wild, mag sich der erwachsene, sexuell gefestigte Leser denken, zumal man sich durchaus einen Spaß draus machen kann, in den ersten Kapiteln nach den ursprünglich vorgesehenen freizügigen Stellen zu suchen und ihre mehr oder minder gelungene Zensur zu betrachten ...

So weit, so gut – oder? Nun, nicht ganz. Nachdem man der guten Shanna die naturgetreue Darstellung nicht weniger natürlicher Nippel und ihres Lustdreiecks abgesprochen hatte, blieb nämlich leider nicht mehr allzu viel übrig, was diesen Comic auf die ein oder andere traurige Weise aus dem Nirvana der Belanglosigkeit hätte hieven können – bestenfalls noch charmante, nostalgisch-pulpige Ansätze und Reminiszenzen sowie ein wirklich überragendes Artwork mit tollen Sauriern und Landschaften und Brüsten. Aber reichen schuppige Echsenschwänze und prall gefüllte Tüten in einer prähistorischen Umgebung heutzutage schon aus, um einen Comic aus dem reizlosen Mittelmaß zu heben?

Doch der Reihe nach. Alles beginnt mit einem Jurassic-Park-Flashback, als ein paar mehr oder weniger abenteuerlustige Forscher mit feuerkräftiger Army-Ausrüstung auf einer tropischen Insel Not landen müssen. Auf dieser Insel wimmelt es – Überraschung! - nur so vor Dinosauriern – was die Männer natürlich erst bemerken, als sie staunend die weitläufige Nazi-Forschungsanlage erkunden, in der Wissenschaftler im Auftrag des Dritten Reichs einst versucht zu haben scheinen, die perfekte Kampfmaschine zu schaffen und ferner auch zu klonen: Weiblich, ausgeprägter Killerinstinkt, groß, üppig, Riesenbrüste, blaue Augen, langes blondes Haar (mal ehrlich: Welcher Wissenschaftler auf einer einsamen tropischen Insel würde da nicht über kurz oder lang ans Klonen denken und keinen deutschen Captain America, sondern eine deutsche, nymphomanisch veranlagte, kleidungsscheue Tarzanine erschaffen?).

Um die restlichen Klischee-Auflagen dieses »chotastischen Erotik-Abenteuers« [Danke, Schatz!] zu erfüllen, lassen erwartungsgemäß auch die zahlreichen Veloceraptoren und der einsame, aber unersättliche und rachsüchtige T-Rex nicht lange auf sich warten. Dann bricht im Behelfs-Camp der Gestrandeten (die noch gleich wie nach Hause kommen wollten, Herr Cho ...?) auch noch eine tödliche Seuche aus, und der sympathische Doktor und die schön-gefährliche Shanna machen sich auf den Weg zurück zum stillgelegten Nazi-Nest, wo das Gegenmittel zu finden sein soll. Schließlich erreichen die beiden nach kleineren Ärgernissen auch halbwegs unbeschadet das Labor und finden dort tatsächlich die so dringend benötigte Medizin. Allerdings müssen sie nur wenig später feststellen, dass ihnen der Rückweg zum Camp durch eine Schlucht und eine Horde Veloceraptoren versperrt wird, die durch den Canyon zieht. Und die Zeit, die Schlucht mit den Raubsauriern zu umgehen, haben weder die Kranken im Camp, noch Shanna oder der Doc. Also packen letztere mutig, ja tollkühn Machete und Gewehr und wagen sich in die Schlucht ...

Nach der Lektüre von Shanna fragte ich mich vor allem eines: Was hat Frank Cho nur geritten? Oh, die Riesenbrüste waren schon okay und unter dem Aspekt der (vielleicht manchmal sogar etwas augenzwinkernden) Hommage an Frazetta und Co. durchaus berechtigt – aber wieso schafft Cho im ersten Teil seiner Story so prächtige Voraussetzungen für eine spannende Geschichte und einen interessanten Mix aus Abenteuer-Archetypen und guten Einfällen, indem er Shanna als tickende Zeitbombe einführt, wenn sie am Ende dann doch nur die wohlmeinende, höchstens etwas kratzbürstige Amazone aus dem Chemie-Baukasten der – natürlich ebenfalls nicht weiter beleuchteten oder »genutzten« – Nazis ist. Schade! Da wäre definitiv mehr drin gewesen nach den ersten beiden Kapiteln - und es hätte der Geschichte mit Sicherheit nicht geschadet.

So bleibt unterm Strich in Sachen Story wirklich nicht viel mehr als eine Aneinanderreihung von Beliebigkeiten und bekannten Elementen, die das Wort Hommage irgendwann stark überstrapazieren. Ganz bewusst degradiert die Handlung sich spätestens ab dem dritten Kapitel auch entsprechend zu einem Mittel zum Zweck; dem Zweck, Chos natürlich außergewöhnlich gutes Artwork in Szene zu setzen. Das wiederum ist es freilich wert, ordentlich im großformatigen Hardcover präsentiert zu werden – schade um die Story ist es trotzdem allemal.

Was die Zeichnungen natürlich nicht schlechter macht. Optisch gibt es an Shanna - also, sowohl der Figur und ihren üppigen Reizen, als auch dem gesamten Comic, liebe männliche Leserschaft – rein gar nichts auszusetzen. Chos detailreiche, liebevoll ausgestalteten Urzeitlandschaften und seine »realistischen« Reptilien und Kreaturen, welche die tropische Insel bevölkern und prägen, sehen einfach spitze aus und wecken in ihrem Betrachter schier kindliche Begeisterung für Dinosaurier aller Art. Die gelungene Farbgebung tut dann ihr Übriges dazu, Shannas Wiedergeburt die optische Höchstnote einzubringen.

Die Aufmachung des deutschen Hardcovers gleicht von ihrem (Über-)Format her dem US-Hardcover. Bei knapp 20,- Euro passt das Preis-Leistungs-Verhältnis natürlich bestens, und so gibt es für das Panini-HC auch nur Abzüge wegen der schlampigen (und irgendwo nach wie vor ziemlich unnötigen und unzeitgemäßen, aber die Diskussion führen wir hier nun nicht schon wieder ...) Retusche der Hakenkreuze (ein aus vier Farben zusammengesetztes, sattes Schwarz mit einem einfachen Schwarz zu überdrucken, funktioniert halt leider nicht, Freunde) sowie des etwas spärlichen Lesevergnügens, da Chos pulpiger Siebenteiler ziemlich flott durchgelesen ist, wenn man nicht bewusst lange bei einzelnen Panels verweilt und das schöne Artwork bestaunt.

Fazit: Frank Cho kann Menschen/Frauen/Dinosaurier/Brüste zeichnen, das steht fest – und das alles nicht zu knapp! Die Story an sich ist dann auch ziemlich straight, um es mal wohlwollend auszudrücken, macht trotz kleinerer Lücken oder Logikfehler aber durchaus Spaß. In erster Linie ist sie aber ein bewusstes Mittel zum Zweck, das uns einen optischen Hochgenuss präsentieren soll, der im ausladenden Hardcover-Sammelband optimal zur Geltung kommt. Heuchelei, dass es bei diesem Comic in erster Linie um die erzählerische Tiefe oder sprachliche Finesse in den Dialogen und Texten geht, wird zum Glück aber eben auch zu keinem Zeitpunkt betrieben (und hoffentlich vom geneigten Leser auch nicht erwartet – ansonsten wäre eine Enttäuschung vorprogrammiert).

So ist das einzig wirklich ärgerliche an diesem Comic dann auch eigentlich bloß, dass Cho hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt und das Potential seiner Shanna-Reinkarnation bzw. der zu Grunde liegenden Story nicht einmal ansatzweise ausschöpft: Shannas am Anfang so penetrant propagierte 'dunkle Seite', ihr Killerinstinkt und (spätestens hier schrillen bei mir alle dramaturgisch-pulpigen Alarmglocken!) düstere Naziwissenschaften wie im besten Hellboy-Comic – bei diesem Setting wäre einfach einiges mehr drin gewesen!

Ein bisschen Jurassic Park, ein bisschen Professor Challenger, ein bisschen Softporno und in der Quintessenz vielleicht sogar ein bisschen leicht bemühtes Erotik-Kino für die breite Masse über zwölf - aber dessen ungeachtet eben auch eine superbe Optik in einem ordentlichen, großzügigen Format und einer an sich relativ preisgünstigen und schönen Hardcover-Ausgabe. Abzüge gibt es daher lediglich für die schlechte Retusche bei den Hakenkreuzen, die etwas dürftige Story und Chos militante Nichtbeachtung der Möglichkeiten von Plot und Setting.

All in all sind das aber immer noch ganz ordentliche 7 von möglichen 10 Kürbissen – womit Frank Chos sexy Shanna sich nicht hinter irgendwelchen Urwaldgewächsen zu verstecken braucht (was, bei den ausladenden Körperteilen oberhalb des Bauchnabels der guten Shanna, auch gar nicht so einfach wäre – es sei denn, es ist ein Mango-Baum mit großen Früchten ...).

Ähem. Jedenfalls: Wer weiß, wie groß Mangos wirklich werden kö... ich meine, wer weiß, worauf er sich einlässt und keinen Meilenstein der neunten Kunst erwartet, der kann bei diesem wunderbar gezeichneten und sehr schön aufgemachten Graphic Novel aus dem Hause Panini beherzt zugrabschen – ähm, zugreifen, meine ich natürlich.

7/10
Christian Endres

Previews:
http://forum.newsarama.com/showthread.php?t=25131.
http://forum.newsarama.com/showthread.php?t=35868.
http://forum.newsarama.com/showthread.php?t=28351.

Wiki-Link:

http://en.wikipedia.org/wiki/Shanna.

Sonntag, Februar 11, 2007

She-Hulk: Time Trials TPB 3

Written by Dan Slott, pencils by Juan Bobillo, Scott Kolins, Paul Pelletier, Mike Vorburg, Ammanda Conner & Jimmy Palmiotty, Ron Frenz, Joe Sinott & Sal Buscema, Mike Mayhew, Don Simpson, Lee Weeks, Eric Powell, Tom Grummet & Gary Erskine (Marvel).

Nach einer mehrmonatigen Pause wurde die hoch gelobte und wenig gekaufte Serie „She-Hulk“ im September 2005 neu gestartet. Geplant war eine angemessene Promotion um die Verkaufszahlen dem hohen Niveau der Kritiken anzugleichen. Doch die Werbeunterstützung von Seiten des Verlags blieb weitestgehend aus und anstatt einen massentauglichen Zeichner an die Serie zu setzen, wurde wieder Juan Bobillo verpflichtet, der meiner Meinung nach zwar irrsinnig talentiert ist aber gleichzeitig einen sehr eigenwilligen Stil pflegt, der lediglich einer Minderheit der Comic Fans zusagen dürfte.

Wie schon in den ersten zwei Trades überzeugt Slott durch ein ungewöhnlich dichtes Storytelling. Jedes Heft strotzt nur so vor Inhalt. Im Vergleich zu einem gewöhnlichen Comic Heft braucht man hier mindestens doppelt so lange für die Lektüre. Natürlich garantiert dies nicht automatisch Qualität aber zumindest zeigt Slott, dass es auch heute noch möglich ist, eine oder gar mehrere Handlungen in 22 Seiten abzuschliessen.

Die vor Monaten zerstörte Superhelden Anwaltskanzlei Goodman, Lieber, Kurtzberg & Holloway wurde wieder aufgebaut und Jennifer steht kurz davor ihre Arbeit als Rechtsanwältin wieder aufzunehmen. Neben den alten Bekannten wird der Leser auch einem neuen Charakter vorgestellt: Mr. Zix, welcher den abwesenden Mr. Holloway als Geschäftsführer ersetzt.

Nach einer kurzen Einführung, in der auch Jennifers Probleme mit ihrer Verwandlung in She-Hulk wieder aufgegriffen werden, stürzt Slott den Leser auch wieder mitten ins Geschehen. Als erstes müssen die Anwälte sich eines Falls annehmen, in dem ein Zeitreisender in die Vergangenheit reist, um seinen Mörder präventiv zu beseitigen. Die Jury wird dabei von der Zeitreisebehörde TVA (Time Variance Authority) aus verschiedenen Zeitepochen zusammengesetzt. Darunter befindet sich zufälligerweise der mittlerweile verstorbene Clint Barton a.k.a. Hawkeye. Natürlich führt dies unsere Shulkie in Versuchung, ihn vor seinem unnötigen Tod zu warnen, doch das wäre eine schwere Straftat. Was wird sie tun?

Gleichzeit erfahren wir, dass Jennifer in einer Beziehung steckt. Doch mit wem? Mit Pug, dem liebenswerten Mitarbeiter, der schon lange in die grüne Schönheit verliebt ist? John Jameson, der Sohn des berüchtigten Zeitungsverlegers J.J. Jameson und ehemaliger Spider-Man Schurke Man-Wolf? Stu Cicero, der Comic-Experte, der unserer Jenny mit seinem breiten Wissen des Öfteren aus der Patsche geholfen ha? Oder gar Awesome Andy, der stille Android, der sich in der Kanzlei als hilfsbereiter Allrounder bewährt ?

Doch damit nicht genug. Neben all den Handlungssträngen wird Slott auch eine Continuity Lücke schliessen, die sich bezüglich der unserer Hauptfigur in der Avengers Storyline „Search for She-Hulk“ ergab. Gegen Ende des Trades wird schliesslich ein weiterer Nebencharakter eingeführt: Two Gun Kid, der Draufgänger aus dem Wilden Westen, der sich in unserer Zeit alles andere als heimisch fühlt.

Wie schon in Vol. 1 (She-Hulk #1-12) überzeugt Slott auch nach dem Neustart mit originellen Geschichten und erfrischenden Charakterisierungen. Doch auch sein „Trademark“, die profunde Kenntnis der Marvel Continuity bzw. der Geschichte des Marvel Universums und all seiner Charaktere, kommt stark zur Geltung.

Trotz vieler fantastischer Story-Elemente (Zeitreisen, Superhelden Action) ist die Serie dennoch vorwiegend charakterorientiert. Die Serie auf das Genre „Funny Comic“ zu beschränken wäre ein schwerer Fehler. Es handelt sich hier nicht um eine Slapstick Komödie sondern um eine leichtherzige Serie, welche die Absurditäten des Anwalts- und Superheldenalltags hervorhebt, ohne dabei auf gezielt eingesetzte Drama- und Soap-Elemente zu verzichten.

Hauptzeichner ist Juan Bobillo, der, wie bereits oben erwähnt, einen „eher“ gewöhnungsbedürftigen Stil pflegt. Persönlich bin ich der Meinung, dass er für diese Serie perfekt ist. Sein weiches, cartooniges Artwork setzt Slotts Humor optimal um, was unter anderem an seiner Fähigkeit liegt, Emotionen in atemberaubender Präzision umzusetzen. Dennoch wäre ich als Leser bereit – für den kommerziellen Erfolg der Serie – auf Bobillo zu verzichten.

Aufgrund der Jubiläumsausgabe (She-Hulk #100) sind ein Haufen Zeichner in den Genuss gekommen, ein paar Seiten zu zeichnen. Hervorzuheben sind hierbei vor allem Lee Weeks, Ron Fenz und Eric Powell. Leider kam auch Scott Kolins zum Zug, dem ich Nichts abgewinnen kann. Insbesondere die schrecklich veraltete Frisur, welche der unserem Shulkie wie Peggy Bundy aussehen lässt, verursacht bei mir Bauchkrämpfe.

Insgesamt handelt es sich bei She-Hulk weiterhin um die frischeste und intelligenteste Superheldenserie des Hauses Marvel. Zeitweise hat man das Gefühl, dass die Geschichten nicht mehr ganz so flüssig und gelegentlich sogar etwas überkonstruiert wirken, aber in Anbetracht der schieren Menge an Haupt- und Subplots war dies kaum zu vermeiden, weshalb dies bei der Endbetrachtung nicht ins Gewicht fällt.

Es bleibt also zu hoffen, dass sich die eher tiefen aber dennoch stabilen Verkaufszahlen so halten und wir noch lange in den Genuss dieser grünen Comic Delikatesse kommen.

10/10
Lamond
Review zu She-Hulk: Single Green Female TPB 1 von Lamond.
Review zu She-Hulk: Superhuman Law TPB 2 von Philos.

Sonntag, Februar 04, 2007

Gunsmith Cats

InDeeVee: Februar 2007

Autor/Zeichner: Kenichi Sonoda, Egmont Manga & Anime; abgeschlossen in 4 Bänden; je € 12,-.

Es ist mal wieder Zeit für eine neue Ausgabe von InDeeVee und diesmal stelle ich euch nach Lady Snowblood einen weiteren Manga vor. Für mich kann ich dabei in Anspruch nehmen, dass es „walking down tue memory lane“ heißt, denn der Comic um die Waffenkatzen war auch gleich mein erstes Erlebnis mit den Manga. Die meisten Leute würden hier wohl Serien wie Akira, Sailormoon, Dragon Ball oder Naruto angeben, aber bei mir war es halt Gunsmith Cats.

Damals – 1996 – war das, als ich in meinen Stammladen ging und mein Blick auf diese ungewöhnlich aussehende Reihe fiel. Vier Bände waren damals bei Ehapa/Feest erschienen und der erste davon wurde kurzerhand mitgenommen. Dass ich am nächsten Tag, nach erledigter Lektüre, erneut in den Laden ging, um die drei weiteren Bände zu erwerben, spricht dann wohl für sich, denke ich.

In der Serie selbst geht es um die beiden Mädels Rally Vincent (19 Jahre) und Minnie-May Hopkins (17 Jahre), die relativ erfolglos ein Waffengeschäft in Detroit betreiben. Um sich den kargen Lebensinhalt etwas aufzubessern verdingen sich die beiden auch noch als Kopfgeldjäger. Rally ist dabei die Schusswaffenexpertin, während May eine Meisterin im Umgang mit Sprengstoff ist.
Da die Gegner der Katzen nicht von schlechten Eltern sind, stehen ihnen einige Freunde zur Seite, die im Verlauf der Serie auch zahlenmäßig zunehmen. Da wäre zum einen Roy Coleman von der Polizei, der Rally gerne Aufträge zusteckt und auch ansonsten an ihr interessiert zu sein scheint. Becky Farrah ist eine gewiefte Informantin, die sich ihre Dienste jedoch teuer bezahlen lässt. Ken Takizawa hat Beziehungen zur Unterwelt, ist Mays Lehrmeister und gleichzeitig ihre große Liebe. Misty Brown ist eine Diebin, der Rally einst aus der Klemme geholfen hat.

Und dann wäre da noch Bean. Bean Bandit. Kurierfahrer für jeden, der genug Geld hat und deshalb auch schon mal auf der „Gegenseite“.

Die Serie lief von 1991 bis 1997 in der japanischen Anthologie Monthly Afternoon des Kodansha Verlages und brachte es auf 8 Bände.

So sehr Rally ein Waffen- und Autonarr zu sein scheint, so sehr scheint auch ihr Erfinder, Kenichi Sonoda, diesen Hobbys zu frönen. Wenn innerhalb der Serie eine Pistole auftaucht, so wird diese bis ins kleinste Detail dargestellt und oftmals auch beschrieben, worin ihre Vorteile liegen. Genauso verhält es sich mit den Fortbewegungsmitteln. Sonoda steckt eine Detailverliebtheit in die Serie, die schon fast nicht mehr feierlich ist und an Baupläne erinnert. Auch mit Fachbegriffen wirft er nur so um sich, die jedoch Gott sei Dank erklärt werden.

Doch diese Liebe zum Detail wirkt sich in keiner Weise auf die Dynamik des Mangas aus. Und von der benutzt der Zeichner reichlich.

Die Serie strotzt nur so vor Energie, die Figuren wollen regelrecht die Grenzen der Panels durchbrechen, die halsbrecherischen Verfolgungsjagden lassen den Atem stocken und das Storytelling des Mangaka sucht seinesgleichen. Man wird als Leser einfach mitgerissen.
Vor allem wenn man das Alter der Serie berücksichtigt, so muss man neidlos zugeben, dass der Comic kein bisschen antiquiert wirkt.

Sicherlich bleibt bei diesem Tempo die tiefgründige Geschichte etwas auf der Strecke, aber dafür kann man sich ja auch andere Manga wie Naru Taru, Eagle oder Monster kaufen. Die GSC wollen vor allem eins – unterhalten. Und das machen sie auf höchstem Niveau. Ein Bonuspunkt sind dabei natürlich die sympathischen Figuren, die man allesamt sofort ins Herz schließt.

Auch die Erotik kommt nicht zu kurz – und zwar deftig. Nacktszenen sind keine Seltenheit, aber auch explizite Sexszenen findet man über die Serie verteilt. Gewaltlastig ist die Serie zudem auch, was aber nicht wirklich überraschen sollte. Zarten Gemütern ist der Comic damit auf keinen Fall zu empfehlen.

Gunsmith Cats erschien hierzulande gespiegelt (die Japaner lesen von hinten nach vorne und von rechts nach links) in 19 großformatigen Bänden bis 2001 und ist eine der wenigen Serien, die in diesem Format auch bis zum Schluss durchgezogen worden (obwohl auch hier der Verlage zum ein oder anderen Zeitpunkt erwogen hat, die Serie nicht fortzusetzen).

Das Format war einfach vom Preis/Leistungs-Verhältnis unter aller Kanone und wurde dank Carlsen mit ihren originalgetreue aufgemachten Manga (Taschenbuch; ungespiegelt) in einer zweiten Manga-Offensive effektiv versenkt.

Außerdem stammten die Druckvorlagen von Dark Horse (wo die Serie von 1995-2001 erschien) und aufgrund dessen fiel eine Seite dank der Zensur der Amerikaner zum Opfer (für die Heftausgabe. Das amerikanische Trade verfügt über diese fehlende Seite)

Eine Bonusgeschichte erschien dann noch in der Anthologie Manga Power und in den USA als Einzelausgabe.

Nach dem Ende der Reihe widmete sich Sonoda dann seinem nächsten Projekt – Cannon God Exaxxion, einem Science-Fiction-Comic mit noch stärkerem Erotikeinschlag. Das allerdings floppte zumindest bei uns kläglich. Aber auch in Japan hat sich der Autor längst wieder den GSC zugewandt und seit 2004 erscheint der Nachfolger Gunsmith Cats Burst.

Im Januar 2007 war es dann endlich soweit und EMA (wie der Egmont Konzern mittlerweile sein Mangalabel nennt) begann mit einer Neuveröffentlichung der Reihe im Taschenbuch, ungespiegelt und unzensiert. Eine Veröffentlichung von „Burst“ steht leider noch nicht fest, hängt aber sicherlich von den Verkaufszahlen der Neuedition ab.

Bleibt zum Schluss nur noch zu erwähnen, dass man die Katzen auch auf dem Bildschirm bewundern kann. Bereits 1989 erschien die OVA (Original Video Animation; Trickfilm direkt für den Videomarkt) Riding Bean, die praktisch der Prototyp der GSC ist, jedoch in vielen Punkten vom Manga abweicht.

Eine waschechte GSC OVA gab es dann 1995 in drei Teilen, einfach Gun Smith Cats genannt. Diese erzählt zusammenhängend eine große, komplett neue Geschichte.
Bei uns erschienen beide Projekte sowohl auf VHS als auch auf DVD bei OVA Films und zumindest die DVD der Gun Smith Cats ist mittlerweile ein gesuchtes Sammlerstück.

Gunsmith Cats
1995-2001; 19 Bände
Albumformat, gespiegelt

Manga Power Bd. 1
2002
Das letzte Kapitel

Gunsmith Cats – Revised Edition
Seit 2007; 4 Bände geplant
ISBN: 978-3-7704-6647-4 (Bd. 1)

Neuauflage im Originalformat, ungespiegelt, unzensiert und neu übersetzt


Björn Steckmeier a.k.a. Der Grammaton Kleriker

Mittwoch, Januar 24, 2007

The Marvel Legacy #004: Civil War - Who's side are you on

Eine monatliche Rundschau von Marvel-Reporter Henning Mehrtens a.k.a. Legacy.
„Nichts ist weder gut noch böse. Das Denken macht es erst dazu.”
Hamlet, William Shakespeare
Rien ne va plus! Alea jacta sum! Das Gesetz ist verabschiedet und die Grenze zwischen Held und Verbrecher zieht nun einen klar definierten Strich durch die Gemeinschaft der Superwesen. Jeder, der sich nicht registrieren lässt, wird unabdingbar verfolgt. Die Zeit ist gekommen, sich die Frage zu stellen, auf welcher Seite man stehen möchte, bzw. stehen muss, wenn man seine Ideale verteidigen will. Was ist richtig? Dem Gesetz zu folgen, oder dem Herzen? Dem Verstand, der Dir sagt, dass ein kontrollierter Haufen auf Erden wandelnder Atombomben etwas Gutes ist und mehr Sicherheit verspricht... oder der Stimme in Dir, die ununterbrochen diktiert, dass es nicht richtig ist, seine Freiheit zu opfern? Auf welcher Seite stehst Du?

Kleine Fische im Becken voller Haie

Mit Schlag Mitternacht wird diese Frage zur existenziellsten im Marvel Universum seit dem Philosophieren über das „Wer bin ich?“ und einige Helden gehen das Risiko ein, von nun an als Verbrecher angesehen zu werden.

So zum Beispiel die Young Avengers, welche die knallharte Politik als eine der ersten am eigenen Leib zu spüren bekommen. Die Regierung möchte ein weiteres Debakel mit jugendlichen Helden wie in Stamford mit den New Warriors im Keim ersticken und die Jungs und Mädels unter ihre Fittiche bekommen. Gerade Freigeist und Captain America-Anhänger Patriot ist selbstredend gegen diese Doktrin. S.H.I.E.L.D. ist allerdings zahlen- und kräftemäßig überlegen und inhaftiert die Gruppe rebellischer Jugendlicher nach nur einem kurzen Handgemenge.

Jemand, der kein Problem damit hat, sich hinter das Gesetz zu stellen, ist Wade T. Wilson, besser bekannt als „Merc With a Mouth“ Deadpool. Im Gegenteil... Leuten auf die Umme zu geben ( und das legal ) ist genau sein Ding. Um seinen guten Willen zu beweisen, versucht er sich im Stellen der Great Lake Avengers, oder G.L.X., oder wie sie sich aktuell nennen, Great Lake Champions. Leider hat er den Kampfgeist der Gruppe, insbesondere ihres Mitgliedes Squirrel Girl arg unterschätzt und baumelt bald als Präsent am Laternenmast. Die Aktion ruft allerdings tatsächlich die Commision On Superhero Activities auf den Plan und es stellt sich heraus, dass die GLC bereits registriert sind und Deadpool aufs falsche Pferd gewettet hatte. Der Schlagkraft und Motivation des gedemütigten Söldners wird aber umgehend Rechnung gezollt und Deadpool in den Dienst der Registrierung verpflichtet, was ihm sichtlich Vergnügen bereitet.

Während des Gefangentransportes der Young Avengers gibt es derweil einige Komplikationen, in Form von Undercover-Agenten der „Anti-Registrierungsseite“. Steve Rogers und Sam Wilson persönlich haben sich als S.H.I.E.L.D.-Agenten getarnt und können den Transport vereiteln. Im geheimen HQ der (sogenannten) „Secret Avengers“ werden sie und ihre neuen Rekruten bereits von anderen Helden empfangen, die sich auf die Seite von Captain America geschlagen haben, u.a. Cloak & Dagger, Luke Cage, Night Nurse, Cable und Goliath.

In dieser Nacht besucht Ben Grimm die Yancy Street. Er braucht Abstand von dem ganzen Trubel und will seinen Kopf frei bekommen. Johnny Storm liegt noch immer schwer verletzt im Krankenhaus und Ben stellt sich die Frage, wo sein Platz in diesem Schachzug der Regierung und seines besten Freundes Reed ist. Natürlich trifft er auf die Yancy Street Gang, die seinen Zweifeln am richtigen Handeln Reeds neues Feuer geben.

Ms. Marvel, Verbündete von Tony und auf ihrer eigenen kleinen Mission, die größte Superheldin aller Zeiten zu werden, scheint sich mit der Registrierung angefreundet zu haben. Als ehemalige Soldatin kann sie nun wieder in einen Krieg ziehen, der klar definierte Feindbilder hat. Auch ein Gespräch in der letzten Nacht mit Captain America, der versuchte, sie auf seine Seite zu ziehen hat dem kein Abbruch verschafft. Sie weiß das Gesetz hinter sich und legitimiert damit den Übergriff auf Prowler, der schnell in ihrem Gewahrsam landet.

Einen ungebetenen Besuch bekommt auch Jessica Drew, Spider-Woman. Nachdem sie im Fernsehen den Bericht über den Inhaftierungsversuch von Luke Cage verfolgt hat, klopft Nick Fury an ihre Tür. Allerdings ist es nicht ihr leibhaftiger Ansprechpartner in ihrem momentanen Dreifrontenspionagemaulwurfsspielchen zwischen S.H.I.E.L.D., Hydra und den mittlerweile getrennt agierenden New Avengers, sondern nur ein LMD, kontrolliert von Maria Hill, der Directorin von S.H.I.E.L.D. persönlich. Jessica wird gefangen genommen und von Maria und Iron Man mit ihrem Dreifach-Spiel konfrontiert. Sie wird als Verräter gebranntmarkt und muss Konsequenzen fürchten. Kurz darauf gehen im Helicarrier die Lichter aus und HYDRA greift an.

Firestar Angelica Jones hingegen resigniert. Als ehemaliges Mitglied der momentan in Unbill geratenen New Warriors macht sie sich Sorgen um ihre Familie und ihre Zukunft als Studentin. Sie mag ihr bisheriges, beschauliches Privatleben, in welches sie sich zurückziehen kann und diesen Preis möchte sie nicht bezahlen. In einem Gespräch mit der Reporterin Sally Floyd wird ihr das nochmals deutlich und sie beschließt ihr Kostüm an den Nagel zu hängen.

Ein anderer ehemaliger New Warrior hat hingegen überhaupt keine Chance, frei zu wählen, auf welcher Seite er stehen will, oder ob er sein Kostüm aufgibt. Er sitzt im Gefängnis und muss sich seinem „Verbrechen“ stellen, an dem Stamford-Massaker beteiligt gewesen zu sein: Robert Baldwin, Speedball. Eric Marshall, S.H.I.E.L.D.-Beauftragter versucht ihn zur Registrierung zu zwingen, doch Baldwin bleibt standhaft und besteht auf einen Anwalt. Marshall macht schnell deutlich, dass er als unregistrierter „Staatsfeind“ keine Rechte mehr hat und lässt ihn in einen anderen Gefängnistrakt transportieren, wo er von den anderen Häftlingen schon als „Kindermörder“ brutal in Empfang genommen wird.

Die Ruhe vor dem Sturm

Tony Stark, Reed Richards und Henry Pym sind auf der ständigen Suche nach Verbündeten und auf Werbecampagne für ihre Sache.

Westchester. Tony Stark ist Gast von Emma Frost bei den X-Men, die sich entschieden für eine neutrale Rolle im Superheldenkonflikt aussprechen. Die Aufmerksamkeit und Aggression gegenüber Mutanten ist durch den Konflikt etwas entschärft und das begrüßt die Schulleiterin, deren Zuhause seit dem M-Day die einzige Zuflucht für die verbliebenen Mutanten der ganzen Welt darstellt. Ausserdem ist ein Großteil der X-Men überhaupt nicht anwesend. [siehe ML#007: Meanwhile At The X-Mansion]. Allerdings wird Bishop hellhörig und verlangt ein Gespräch mit Tony.

Wakanda. Reed Richards sucht T´Challa auf. Er versucht, den Verbündeten der Fantastischen Vier von den Vorteilen der Registerung zu überzeugen und ihn auf seine Seite zu holen. Der Präsident persönlich wäre sehr erfreut über die Teilnahme vom Black Panther am der 50 State Initiative... eine Superhelden-Polizei-Einheit, die in den gesamten USA für Recht und Ordnung sorgen sollen. T´Challa lehnt entschieden ab, und gibt Reed den dringenden Rat, sich mehr um seine Frau zu kümmern, als um ein Gesetz, welches Brüder entzweit.

New York. Wonder-Man, Ms. Marvel und Julia Carpenter, die sich mittlerweile Arachne nennt, werden von Tony Stark gebrieft. Sie sollen sich um ein Mädchen mit Superkräften kümmern und sie trainieren: Arana.

Greenwich Village. Henry Pym versucht Dr. Strange zu kontaktieren, wird aber von Wong darauf hingewiesen, dass der Doktor momentan keine Sprechstunde geben kann. Er weilt meditierend in der Arktis.

Aufstellung der Figuren

Auftritt: Thunderbolts. Unter der Führung von Baron Zemo wird die ehemalige Ansammlung von Superschurken, welche sich nun rehabilitiert zu haben scheinen, von Henry Gyrich empfangen. Der Abgesandte der Commision On Superhuman Activities hat ein Treffen mit Tony Stark, Reed Richards und Henry Pym arrangiert. Zemo bekommt von den 3 Leitfiguren der Registrierung den Auftrag, Superschurken zu jagen und sie zu rekrutieren.
Ein Plan, den Zemo insgeheim schon verfolgt hat... nach der Zwangsrekrutierung von drei Beetle-Rüstungsträgern offenbart er seiner Kollegin Songbird eine enorme Superschurkenarmee.

[Scheinbar fungiert hier das Prinzip: Halte Dir Deine Feinde näher als Deine Freunde. Tony Stark holt sich die Ratte ans Bord und gibt Zemo quasi einen Freibrief, seine Privatarmee aufzustocken. In wie weit Zemo tatsächlich geläutert ist oder ob dieses Bündnis zum Scheitern verurteilt ist, zeigt die Zukunft. Jedenfalls macht diese Aktion deutlich, dass Tony Stark vor keinen Mitteln zurückschreckt, um an das Ziel zu kommen, alle Helden zu registrieren oder zu inhaftieren.]

Nach diesem Credo „Takes a thief to catch a thief!“ geht auch Deadpool voll in seiner neuen Rolle als Flüchtlingsjäger auf. Er belauscht ein Gespräch zwischen Captain America und Cable, der den „Secret Avengers“ neue Identitäten verschafft hat, mit denen sie sich ungehindert in einem neuen Privatleben bewegen können.

Spider-Woman Jessica Drew erwacht derweil auf Hydra-Island. Ihr Kontaktmann Connelly empfängt sie und lädt sie ein, sich endgültig zu HYDRA zu bekennen und Teil der Führungsspitze zu werden. Jessica sieht sich nun endültig gezwungen, eine Seite für sich zu wählen. Sie überwältigt ihren Entführer und flüchtet wieder Richtung New York. S.H.I.E.L.D. und Maria Hill trauen ihr nicht mehr, HYDRA kommt nicht in Frage. Sie hat also keinen anderen Ort, den sie aufsuchen kann, als das HQ der Secret Avengers.

Während Carol Danvers und Simon Williams ersten Kontakt zu Arana in ihrer zivilen Persönlichkeit als Fast Food Angestellte Anya Corazon herstellen, sucht eine weitere Spinnenfrau namens Arachne derweil die Zuneigung ihres Liebhabers Maximilian Coleridge, auch bekannt als The Shroud. Sie schwankt zwischen ihrer Loyalität zu Tony und den Rächern und ihrer Liebe zu dem flüchtigen Max. Bevor sie sich überhaupt zwischen diesen beiden Tugenden entscheiden kann, stürmt S.H.I.E.L.D. die Stätte und zwingt Julia zur Flucht mit dem Mann an ihrer Seite.

Deadpool schleicht in das HQ der Secret Avengers, Baron Zemo lächelt bei dem Anblick seiner Superschurken-Armee, Bishop trifft sich mit Valerie Cooper, General Lazer vom Sentinel Squad O*N*E und Tony Stark zur Einsatzbesprechung über die Mutantenfrage, Wolverine steht in den Trümmern von Stamford und nimmt die Witterung von Nitro auf, Peter Parker betrachtet sein Gesicht im Spiegel mit seiner Maske in der Hand und fernab aller Sorgen freuen sich Ororo Monroe und T´Challa auf ihre bevorstehende Hochzeit.

Anmerkungen des Redakteurs:

Diese Phase des CIVIL WAR ist eine reine Schacheröffnung. Alle Figuren werden positioniert, in dem sie gezwungen werden, sich auf eine Seite zu schlagen. Der neue Status Quo des Marvel-Universums ist errichtet und nun stellt sich für alle Beteiligten die Frage:“Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn das Licht angeht!“

Gibt es überhaupt ein richtig oder falsch? Ein schwarz oder ein weiß?
Die Regierung verabschiedet ein Gesetz. Ist es nicht genauso falsch, es blindlings zu befolgen, als es zu hinterfragen. Wenn das Gesetz aber Menschen mit übernatürlichen Kräften zum Inhalt hat, werden die Demonstrationen nicht gerade ruhig ablaufen.

Ziehen wir Bilanz.

Da haben wir auf der einen Seite, die Helden, die sich für die Registrierung aussprechen und ihr mit vollster Überzeugung folgen:

- Iron Man (Redeführer und Drahtzieher)
- Mr. Fantastic
- Dr. Henry Pym
- Wonder Man
- Spider-Man
- Ms. Marvel
- She-Hulk
- Wasp
- Tigra
- Doc Samson
- Deadpool
- Bishop
- Great Lake Avengers / Great Lake Champions
- Thunderbolts

Auf der anderen Seite stehen diejenigen, die sich offen gegen die Registrierung gestellt haben:

- Captain America
- Luke Cage
- Spider-Woman
- Young Avengers
- Cloak & Dagger
- Cable
- Falcon
- Daredevil
- Goliath
- Hercules
- Prowler
- Shroud
- Black Panther
- Prodigy
- Speedball
- Arachne (gezwungen)
- Firestar (gibt ihre Zweitidentität auf)

Zwischen den eindeutig bezogenen Positionen gibt es wie überall Zweifel und Grautöne. Superhelden, die sich ihrer Sache nicht sicher sind und bislang noch keine Stellungnahme abgegeben haben.

- Invisible Woman
- The Thing
- Human Torch
- X-Men
- Dr. Strange

Was den CIVIL WAR so interessant macht, ist die Tatsache, dass durch ein klares Edikt der Regierung die Superhelden auf zwei Seiten begeben und erstmals politisch motivierte Ziele haben, die sie gegenüberstellen.

Der Vigilant stellt sich nun nicht mehr nur übers Gesetz, er stellt sich ihm entgegen. Das verschärft sowohl die Atmosphäre der gesamten Superheldengemeinschaft, sondern auf das Klima der „normalen“ Bevölkerung, denen nun suggeriert wird, dass diejenigen, die ihre Leben aufs Spiel setzten, um alles zu geben, zu helfen und zu retten, nun Verbrecher sind, die fast nachdrücklicher verfolgt werden, als Superschurken vor dem CIVIL WAR.

Denn das muß man sich auch vor Augen halten. Bislang war der Großteil der Helden reaktiv veranlagt. Eine Gefahr musste sich erst als solche ausmachen, bevor sie bekämpft wurde.Der Himmel musste sich erst verdunkeln, bevor die Avengers ihre Taschenlampen hervorkramten.

Diese „passive“ Rolle der Notruferwartung ist nun von Seiten der Regierung einer „aktiven“ Rolle der Intervention gewichen. Vormals wurden Schurken bekämpft, die ihre Bedrohung ankündigten, heute werden Helden gejagt, weil sie sich gegen das Gesetz stellen. Nur sehr wenige Helden haben in ihrer Laufbahn die Jagd zum Ziel ihrer Motivation erklärt und sehen sich nun als Jäger oder Gejagte.

Und wieder ist die Frage immanent: Auf welcher Seite stehst Du? Zweifelsohne auf der richtigen, wenn Du Deinem Herzen oder Verstand folgst. Aber wer entscheidet, welche Seite recht hat. Ein freiheitsraubendes Gesetz oder freiheitskämpfende Staatsfeinde?
Die nächsten Monate versprechen Antworten und weitere Fragen...

Stay tuned!

Quellenverzeichnis:

CIVIL WAR # 2 / 7
CIVIL WAR # 3 / 7
CIVIL WAR: FRONT LINE # 02 / 11
FANTASTIC FOUR # 538
NEW AVENGERS # 023
MS. MARVEL [vol.2] # 006
CABLE & DEADPOOL # 030
CIVIL WAR : X-MEN # 1 / 4
THUNDERBOLTS # 103

Henning Mehrtens, a.k.a. Legacy

Sonntag, Januar 21, 2007

Der Turm

Die Reise zum Ich - Ein Kommentar zu „Der Turm“

Der Turm (orig. Les cités obscures: La tour), Text: Benoît Peeters, Zeichnungen: Francois Schuiten, Reiner Feest Verlag, Softcover, 96 Seiten, ISBN: 3-89343-152-7.

In einer Deutscharbeit würde unter diesem Text stehen „Thema verfehlt“. Warum? Nun, eigentlich sollte hier an dieser Stelle eine Text zu Mike Allred und seinen Werken stehen, aber wie das Leben so spielt, kam mir etwas dazwischen.

Aus einer Laune heraus erstand ich kurz nach Weihnachten den Band „Der Turm“ (Feest Verlag) von dem belgischen Zeichner Francois Schuiten und dem in Frankreich geborenen, aber bereits seit 1978 in Belgien lebenden Benoit Peeters, eine Geschichte aus deren Reihe „Die geheimnisvollen Städte“. Ich hatte zuvor weder etwas aus dieser Reihe, noch überhaupt etwas von Schuiten und/oder Peters gelesen, aber bereits viel von den „Geheimnisvollen Städten“ gehört. Besonders „Der Turm“ wurde mir immer wieder an Herz gelegt... und das nicht ohne Grund...

Giovanni Battista (benannt nach Schuitens Vorbild Giovanni Battista Piranesis) ist Instandhalter in einem Bezirk des Turms. Er trägt Sorge dafür, dass sein Bereich intakt bleibt und nicht verkommt. Eine harte und einsame, aber notwendige Aufgabe in diesem gigantischen, von Menschen errichteten, Bauwerk, welches vielleicht schon seit Jahrhunderten beständig gen Himmel wächst.
Nachdem ein neues Stockwerk fertiggestellt ist, wird es von den Pionieren verlassen und ein Instandhalter, wie Giovanni, wird eingesetzt, der allein zurückbleibt und durch seine Arbeit sicherstellt, dass der „Körper“ des Turms erhalten bleibt, während er sich immer weiter in den Himmel streckt.

Giovanni erfüllt diese Aufgabe nun schon seit Jahrzehnten. Es ist Jahre her, dass er einen anderen Menschen gesehen hat und er kennt kein anderes Leben mehr als dieses. Er ist etwas verschroben, führt Selbstgespräche und hofft, dass bald ein Aufseher vorbeikommt, damit er ihm klagen kann. Denn Giovanni ist mit den anderen Instandhaltern (die er teilweise nie, und wenn überhaupt, dann zuletzt vor Jahren, getroffen hat) unzufrieden. Sein Bezirk leidet immer mehr unter dem Zahn der Zeit, und daran muß einfach auch die schlechte Arbeit der anderen Instandhalter schuld sein.

Wir lernen Giovanni kennen, kurz bevor er sich zur Basis aufmacht. Kommt der Aufseher nicht zu ihm, muß er wohl zu ihm gehen. Mit dieser simplen Erkenntnis beginnt eine fantastische und epische Reise, nicht nur zum Gipfel, dem Kern und der Basis des Turms, sondern auch zum Intellekt, zum Herzen und zur Seele Giovannis.

Der Turm ist in der Erzählung ein Sinnbild für das Streben des Menschen sich selbst zu entdecken, zu entfalten, aber auch zu erhöhen. Und er wird auch zum Sinnbild von Giovannis Entwicklung. Dieser dicke, bärtige und gemütliche Mann entdeckt seine eigene Intelligenz, Liebe und sein wahres Wesen, während er erst von Frustration und dann von Neugier getrieben den Turm erforscht. Und mit ihm erforschen wir als Leser so das Potential des Menschen und auch die Gefahren, die damit einhergehen.

Das klingt nun alles furchtbar hochtrabend und nach einer anstrengenden Lektüre, aber oberflächlich betrachtet ist „Der Turm“ vor allem eine faszinierende und spannende Abenteuergeschichte, die mit allerlei Entdeckungen im und über den Turm lockt.
Doch wie es sich für eine wirklich gute Geschichte gehört, bietet sie unter der Schale ein wahres Füllhorn an Anregungen zum Nachdenken.

Und wie es sich für einen guten Comic gehört, wird das epische Szenario Peeters´ (der neben Comic-Szenarien auch Romane, Essays, Sachbücher und Hörspiele verfaßt) von grandiosen Zeichnungen begleitet.

Schuiten bietet nicht nur die faszinierenden architektonischen Glanzleistungen, für die er bekannt ist (und die ihm als Sohn einer Architektenfamilie aus Brüssel praktisch in die Wiege gelegt wurden), sondern versteht es auch die Menschen liebevoll und oftmals dominant in den erdrückenden Giganten von einem Turm einzubringen. Ob kahles, verwittertes Mauerwerk, dschungelartige Vegetation oder von Menschen überlaufene Städte, ob primitives Werkzeug, Teleskope, Bücher oder Laborgeräte, Schuiten ist offensichtlich ein Meister seines Faches und somit wird „Der Turm“ allein auf visueller Ebene schon viele Leser für sich gewinnen können.

Der Turm ist ein Album im besonderen Format. Auf über einhundert Seiten entfaltet sich die Handlung vorrangig in Schwarz-Weiß-Zeichnungen, welche oftmals an den späten Dave Sim erinnern, mit vereinzelten Farbseiten. Das Geheimnis der Farbseiten ist eine Entdeckung für sich, die ich dem geneigten Leser überlasse.

Ebenso wie Giovanni entschlüsselt der Leser Stück für Stück die Rätsel des Turms. Es war eine wundervolle und aufschlussreiche Reise für mich, und ich werde in Zukunft mit Sicherheit noch mehr der „Geheimnisvollen Städte“ besuchen.

Zu guter Letzt hoffe ich, dass dieser Kommentar den einen oder anderen ebenfalls dazu anregt seinen festgesteckten Bezirk zu verlassen, um mit „Der Turm“ ein neues Stück des großen Mediums Comic für sich zu entdecken.

"Der Turm" ist 1988 erstmals im Feest Verlag erschienen und wird bereits seit längerem nicht mehr nachgedruckt. In gut sortierten Comic-Läden oder über private Wege sollte er allerdings noch relativ leicht zu erstehen sein.

Seppstock

Sonntag, Januar 14, 2007

Spirou + Fantasio Bd. 47: Spirou in Tokio

InDeeVee: Januar 2007

von Jean David Morvan (Autor), José-Luis Munuera (Zeichnungen) und Christian Lerolle (Farben). Erschienen bei Carlsen Comics; 9€; ISBN: 978-3-551-77457-6, Dezember 2006.

Oh, guter alter Spirou… da bist du nun schon seit 1938 auf Achse und wirkst immer noch so gesund und munter wie eh und je. Hast bereits die halbe Welt umreist und gesehen, interessante Bekannte getroffen (huba!) und einer der größten Comickünstler aller Zeiten (gemeint ist natürlich der große und viel zu früh verstorbene André Franquin… Erfinder des Marsupilamis, Gaston und der Schwarzen Gedanken), hat jahrelang wunderbare Abenteuer für dich zu Papier gebracht. Was hast du diesem kleinen, miesen Kolumnenverfasser schon für Freuden bereitet und wirst auch zu Recht in einem Atemzug mit Asterix, Lucky Luke und Tintin genannt.

Doch, hast dich gut gehalten und nach zwei Modernisierungsversuchen haben deine derzeitigen Schreiberlinge wohl den Draht zu dir gefunden und schicken dich, deine besten Freund Fantasio und das Eichhörnchen Pip nach…

„KANEEEEDAAAAAA!!!“

… Tokio.

Natürlich war Spirou dort schon mal, doch meist war ihm und seinen Freunden nur ein kurzes Gastspiel dort vergönnt. Nun verbringt er also ein ganzes Album dort.
Wer die Figur noch nicht kennt – bei Spirou handelt es sich um einen jungen Mann im Pagenkostüm, erschaffen von Robert „Rob-Vel“ Velter, freundlich, schlau, gerissen und reisefreudig, der Abenteuer in aller Welt besteht. Dabei geht es oftmals turbulent zu, dafür sorgen schon seine zahlreichen Freunde und Begleiter.
Nun findet der Leser unsere Helden also im Land der aufgehenden Sonne wieder. Und da geht es direkt zur Sache – in einer furiosen Actionsequenz versuchen Spirou, Fantasio und Pip, ein kleines Mädchen namens Loon aus den Krallen eines Yakuzas zu befreien, der zudem noch ihren Bruder Kow gefangen hält. Doch die Geschwister haben es in sich, verfügen sie doch über telekinetische Fähigkeiten und stellen damit eine gefährliche Waffe dar.
Was folgt, sind weitere Verfolgungsszenen, Martial-Arts-Kämpfe, eine Schlacht und ein waschechter Kampf Mecha gegen Monster.

Der puristische Albenleser fragt sich vermutlich spätestens jetzt, ob er noch bei seiner so geliebten Serie ist, oder in Japans Hauptstadt irgendwo eine falsche Abbiegung genommen hat.
Nun ja, atemberaubende Actionszenen sind ja nun nichts neues, wussten Morvan und Munuera doch schon in ihrem Erstling „Flut über Paris“ (Bd. 45) in der Richtung zu überzeugen, aber hier trägt man doch schon etwas sehr dick auf.
Aber das verzeiht man spielend, denn der Band macht dadurch einfach Spaß wie Bolle.
Morvan wird dem Zahn der Zahn gerecht, denn auch wenn die Manga bei unseren französischen Nachbarn noch nicht den Markt beherrschen, so sind sie auch dort längst kein Nischenprodukt mehr. Wie begegnet man nun dieser Konkurrenz? Verfasst man eine vor Hass gegen die ungeliebten Ausländer schwelende Geschichte wie den neuesten Asterix (Gallien in Gefahr) und liefert damit eher ein peinliches, engstirniges Resultat ab oder umarmt man diese für uns relativ neue Erzählform und macht sich ihre Eigenarten zunutze. Dass es durchaus funktionieren kann, beweisen schon Serien wie Sillage oder Sky Doll und da Morvan ebenfalls erstere Serie verfasst, sollte klar sein, welchen Weg er gegangen ist.
Natürlich dürften die zahlreichen Anspielungen auf Manga und Anime wie Naruto, Ranma, Cowboy Bebop, Ultraman oder Lupin III nicht fehlen. Auch die Sieben Samurai finden ihre Erwähnung, genau wie der bekannteste Holzschnitt des Künstlers Hokusai (dem wir letztendlich die Manga zu verdanken haben).

Doch nicht nur vor der japanischen (Pop)kultur verneigt der Autor sich, denn wie man es von den zwei Vorgängerbänden gewohnt ist, gräbt er tief in der Geschichte der Comicreihe und fördert Figuren zu Tage, die man das letzte Mal vor etlichen Jahren gesehen hat – Itoh Kata und seine Freund nämlich. Dies ist natürlich ein weiterer Pluspunkt.

Auch oder gerade auf der zeichnerischen Ebene stimmt in diesem Band fast alles. Natürlich hat er sich von einem der modernen Klassiker schlechthin, …

„TETSUOOOOOO!!!“

Akira natürlich, inspirieren lassen. Das zeigt sich vor allem an Seite 47, zugleich eine wunderbare Hommage an Katsuhiro Otomo und mit einem der beeindruckensten Panels des ganzen Bandes versehen, welches einen wohligen Schauer zu erzeugen vermag.
Vom Seitenlayout und den „Kamera“einstellungen her kommt man sich aber auch ohne weiteres vor, als hätte man ein Crossover mit Spoon & White (von Vater und Sohn Leturgíe) verpasst – schnell „geschnitten“, hektisch und cooles Waffenspiel. Nur nicht so brutal.
Aber auch in den ruhigen und eher witzigen Momenten kann Munuera vollend überzeugen.

Nicht unerwähnt bleiben sollte Kolorist Christian Lerolle, der es spielend schafft, Munueras Zeichnungen mit einer schönen, dezenten, stimmigen und stimmungsvollen Farbpalette aufzuwerten. Von knalli-bunti Farben bleiben wir zum Glück verschont.

Der Band ist sicherlich sehr gut, spaßig und äußerst kurzweilig und noch einmal einen Tick besser als „Der Mann, der nicht sterben wollte“ (Bd. 46), aber der beste ist er natürlich nicht. Dafür haben Franquin, sowie Tome & Janry zu zeitlose Abenteuer verfasst.
Zudem ist die Handlung aufgrund der mangaorientierten Erzählweise vergleichsweise dünn und der Band trotz 60 Seiten recht schnell beendet. Sein Geld ist er allemal mehr als wert und „unser“ Held scheint bei M&M in den richtigen Händen zu sein. Ich freue mich schon sehr auf das nächste Abenteuer!

Und vielleicht schafft er ja den Brückenschlag, mehr Albenleser auf die wunderbare Welt der Manga aufmerksam zu machen, die diese ja gerne als Feindbild sehen und für die schlechten Verkaufszahlen „ihrer“ Frankobelgier“ verantwortlich machen.
Aber auch andersrum wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Mangaleser mal neues Territorium erkunden würden und bei diesem Band ist das sehr einfach, da er sehr einsteigerfreundlich ist.

Apropos Manga: Morvan hat zusammen mit dem jungen Künstler Hiroyuki Ooshima einen waschechten Manga kreiert, zu dem innerhalb des Bandes auch eine gelungene Überleitung geschaffen wurde. Bleibt nur zu hoffen, daß auch diese Geschichte den deutschen Lesern nicht vorenthalten bleibt.

Björn Steckmeier a.k.a. Der Grammaton Kleriker